Ernst Gerecht, Schriftführer vom Kirdorfer Heimatmuseum, präsentiert authentisch das traditionelle Birett des Pfarrer Keutners. Foto:ivy
Bad Homburg (ivy). Das Kirdorfer Heimatmuseum präsentiert mit der Ausstellung „Pfarrer Keutner, ein unbequemer, strenger und faszinierender Diener Gottes“ eine Sonderaustellung der besonderen Art.
Anlass für die Austellung war ein großer Zufall und Glücksgriff. Im vergangenen Jahr gelang es dem Vorstand des Kirdorfer Heimatmuseums bei einer Auktion in Leipzig das „Album Amicorum“ (Stammbuch) von Pfarrer Philipp Maria Keutner aus seiner Studienzeit in Rom im Vatikan von 1897-1904 zu ersteigern. Daraus konnte man schließen, dass er zu dieser Zeit, mit späteren berühmten Persönlichkeiten, wie den Bischöfen Johann Baptist Dietz (Fluda), Theodor Kubina (Tschenstochau, Polen), Johannes Baptist Geisler (Brixen, Südtirol) oder Ludwig Kaas(Vatikan und rechte Hand des Paptes). Dieses historisch einmalige Stammbuch kann nun erstmals im Rahmen der neuen Sonderauststellung präsentiert werden.
Zahlreiche Bilder und Zeitungsartikel aus der langen Wirkungszeit des Pfarrers bilden den Kern der Austellung. Pfarrer Keutner ist in vielerlei Hinsicht eine spannende Persönlichkeit. Unter anderem ist er der Pfarrer, der am längsten in Kirdorf im Amt war und Kirdorf auch in schwierigen Zeiten sehr geprägt hat.Von 1914 bis 1956 predigte er im Kirdorfer Dom. Somit erfüllte er viele unangenehme Aufgaben im Rahmen des Nationalsozialismus. Es gehörte zu seiner Pflicht, die Nachricht über gefallene Soldaten den Verbliebenen kundzutun sowie immer wieder mit den Nazis konfrontiert zu werden. Diese Tatsache ging sicher nicht spurlos an ihm vorbei, was auf den vielen Bildern der Ausstellung, aus ganz unterschiedlichen Lebenszeiten, unschwer zu erkennen ist.
Keutner entstammte einem preussischen Offiziershaus, wurde dort selbst streng erzogen und behielt diese Eigenschaft seine ganze Amtszeit über bei. Hans Leimeister erinnert sich bis heute an seinen lauteren priesterlichen Charakter mit festen Grundsätzen. Pfarrer Ohmeis, Kurator der Austellung, beschreibt ihn als geradlinig, sehr religiös, engagiert und daher relativ unbeliebt bei den Bürgern. Oft wirkte er jedoch abweisend, unbequem und wurde nicht verstanden. In seiner Bescheidenheit suchte er nie die Öffentlichkeit. Trotz allem wurde er Zeit seines Amtes hoch geschätzt, denn er ließ sich in seinem Tun nie verbiegen, auch von den Nazis nicht. Er wurde mehrmals von der Gestapo abgeholt und verhört. „Er ging einfach seinen Weg“, so Ohmeis. Vielen ist er als zuverlässiger und unbeirrbarer Hirte seiner Pfarrgemeinde in Erinnerung geblieben.
Original Gaderobenspiegel, Wandkreuz, Esstisch, Wäschetruhe, Brille, Birett sowie auch das Bett des damaligen Geistlichen können in der Austellung bestaunt werden. Dank großer Unterstützung aus der Bevölkerung konnte das Bett des Pfarrers mit Bettwäsche aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts hergerichtet werden. Zu seinen Leidenschaften gehörte ebenfalls das Zigarrerauchen. Auf wenig Raum gelingt es dem Heimatmuseum den Besucher, auf eine charmante Art und Weise, ganz in die Realität einer anderen Zeit zu transformieren und somit das Lebenswerk einer Kirdorfer Persönlichkeit abzubilden.
Pfarrer Ohmeis betont ebenfalls, dass Keutner auch sehr viel geschaffen hat. Neben mehreren Vereinsgründungen, darunter der Kirchenchor, sowie die Frauengemeinschaft (eine Gegenorganisation zu den nationalsozialistischen Verbänden der Zeit), sticht ein Werk ganz besonders hervor: Der sogenannte Taunus Dom war innendrin zunächst nur einfarbig angemalt gewesen. Keutner bemühte sich darum, dass die Ausmalung, durch einen Künstler aus dem Breisgau Augustin Kolb, durchgeführt wurde. Kolb war nicht nur Künstler, sondern auch Holzschneider. Die Austellung zeigt auch mehrere original Abbildungen der Holzschnitte. Der Kirdorfer Dom ist tatsächlich das größte Kunstwerk, dass erhalten geblieben ist, das der Künstler Augustin Kolb erschaffen hat. In einem der großen Wandgemälde hat Kolb sogar den Pfarrer gegen seinen Willen verewigt.
Der Vorstand des Kirdorfer Heimatmuseums ist stolz darauf, neben mehreren Daueraustellungen mit dieser Ausstellung bereits die 30. Sonderaustellung eröffnen zu können.
Die Forschung, Vorbereitung und der Aufbau der Austellung lag unter anderem in den Händen von Ernst Gerecht, Hans Leimeister und Stefan Ohmeis.
!Das Heimatmuseum Kirdorf, Am Kirchberg 41, freut sich über jeden, der Interesse hat vorbeizukommen. Die Öffnungszeiten sind immer sonntags von 15-17 Uhr oder auch gerne nach vorheriger Terminabsprache unter Telefon 0160-5225047.