Schonzeit für Autofahrer in der Fahrradzone

Bad Homburg (js). Die einen sprechen von einer „Mogelpackung“, die anderen sehen sichtbare Erfolge im städtischen Einsatz für die Förderung des Radverkehrs in der Kurstadt. Die neue „Fahrradzone“ im „Dorotheenquartier“, also entlang der „Kulturmeile“ Dorotheenstraße, in der Löwengasse und Am Mühlberg, ist einerseits mit Freude von Radlern und Anwohnern aufgenommen worden, andererseits ist die Skepsis groß, weil die engen Verhältnisse in den Altstadtstraßen eine friedliche Koexistenz von Radlern und Autofahrern mit Vorrang für den Fahrradverkehr nur ermöglichen würden, wenn der Autoverkehr zumindest in dezente Schranken verwiesen würde. Etwa durch den Wegfall von Parkplätzen und durch das Schaffen von Ausweichbuchten.

Beim Einbiegen an der Ecke mit dem „Wasserweibchen“ weist das riesige Piktogramm auf dem Pflaster deutlich auf die neue Regelung hin, direkt daneben ist die alte Markierung für die Fahrradspur noch zu sehen. Wer hier mit dem Auto fährt, muss den Radlern Vorfahrt gewähren und sich an ihr Tempo anpassen. Das gleiche Piktogramm ziert auch die Einfahrt von der Dorotheenstraße in die Löwengasse. Wenn sich hier Fahrradfahrer und Autofahrer begegnen, wird es eng. Der Parkstreifen rechtsseitig ist Tag und Nacht belegt, Ausweichmöglichkeiten mit Sicherheitsabstand gibt es so gut wie nicht. Gleiches gilt auf der Hauptachse Dorotheenstraße mit Stadtbibliothek, Galerie Scheffel, den beiden Kirchen und Sinclair-Haus. „Da kann sich gar nix einmuggeln“, sagt Radfahrer Armin Johnert (BLB), der hier täglich unterwegs ist, denen, die nun sagen, dass sich das neue System wie gewünscht nach einer Gewohnheitsphase für die Autofahrer schon einspielen werde. Die BLB wünscht sich eine „deutlichere Kennzeichnung der Fahrradzone“, damit sie als solche auch erkannt wird. Zusätzlich sollten Ausweichbuchten in der oberen Löwengasse und der Dorotheenstraße eingerichtet werden. Johnert: „Bisher ist das überhaupt keine Veränderung, es macht nur Sinn, wenn der Vorrang für den Fahrradverkehr klar definiert ist.“ Eben durch die Entfernung von Parkplätzen, sonst stehe alles nur auf dem Papier. Und das schon seit 2015, als der ADFC diese Lösung angeregt hatte, um Radfahrern eine Alternative zur verbotenen Louisenstraße und gefährlichen Kaiser-Friedrich-Promenade anzubieten.

„Wir haben gemacht, was wir können“, sagte indes Clemens Wolf (CDU), selbst Anwohner der Dorotheenstraße. Vier Piktogramme und 16 Schilder, das sollte erst mal reichten. „Wir haben eine deutliche Verbesserung“, findet Thomas Kreuder (SPD). „Wir sollten uns Zeit geben und die Entwicklung abwarten“, mehr Information sei allerdings angesagt. Die FDP schließt sich den Argumenten der Koalition an, die Maßnahme jetzt sei „schon sehr gut“, so ihr Sprecher Tim Hordorff. „Wir müssen den Menschen Zeit geben, die Leute haben auch Eigenverantwortung.“ Die Grünen freuen sich über den „Grundkonsens“ in der Sache, „das finden wir gut, das könnte Vorbild werden“, sagte Alexander Unrath. Um Konflikte zu minimieren, sollten aber „alle Möglichkeiten zur Information ausgeschöpft werden. Selbst der unermüdliche Vorkämpfer für den Radverkehr in der Stadt, Jürgen Stamm (SPD), gab seinen Segen. „Hier kommt nur rein, wer was zu erledigen hat, das ist kein Durchgangsverkehr. Es gibt keine unübersichtlichen Stellen, wir können hier unmöglich Parkflächen wegnehmen.“

Große Piktogramme auf dem Pflaster weisen deutlich auf die neue Regelung in der Dorotheenstraße hin. Foto: js



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