Bad Homburg. Normalerweise kann Michael Pohl, der Leiter der Bad Homburger Jugendherberge, im Jahr fast 40 000 Gäste begrüßen. Familien, Einzelreisende, Schulklassen und viele andere Gruppen tummeln sich dann in den Tagungs- und Gruppenräumen, den Familien-Appartements, auf Spiel- und Bolzplatz, der großen Terrasse und im Garten mit der Feuerstelle, genießen die Nähe zum Schlosspark und die attraktive Umgebung Frankfurts. Momentan aber herrscht absolute Ruhe auf dem Areal am Mühlweg.
Ob die dem Deutschen Jugendherbergswerk (DJH) angehörende Begegnungsstätte angesichts der Corona-Verordnungen des Landes Hessen jedoch nach dem 14. Mai – wie andere Hotels – wieder öffnen kann, „steht noch in den Sternen“, sagt Knut Stolle, Pressesprecher des hessischen DJH-Landesverbandes. Derzeit werde vom Sozialministerium geprüft, ob die Lockerungen für Hotels auch für die 30 Jugendherbergen in Hessen gelte. „Wenn das so ist, dann gehört die Jugendherberge in Bad Homburg sicher zu den ersten Herbergen, die wieder öffnen. Hier gibt es große Verkehrsflächen, große Flure und Treppenhäuser und einen sehr großen Speisesaal, sodass sich Abstandsregeln gut einhalten lassen“, sagt Stolle. Herbergsleiter Michael Pohl und seine Assistentin Lisa Klink, die beide auch im Homeoffice arbeiten, verwalten bis dahin den Mangel – den Mangel an fröhlichen Besuchern und motivierten Mitarbeitern.
Die Bad Homburger Jugendherberge hat normalerweise ein gutes Team mit mehr als 20 Beschäftigten. „Aktuell sind die Festangestellten in Kurzarbeit, den geringfügig Beschäftigten wurde Urlaub verordnet oder sogar gekündigt.“ Zwar stünden, so Stolle, aktuell 17 000 Übernachtungen im Buchungssystem für 2020, „aber wir rechnen in Bad Homburg derzeit mit nicht mehr als 12 000 für dieses Jahr.“ Und diese Gäste müssten dann mit den Corona-Regeln zurechtkommen. „Abstand halten und Maskenpflicht in den Bewegungsräumen und auch beim Laufen durch den Speisesaal für alle Personen über sechs Jahren“, seufzt Knut Stolle.
Angst um Klassenfahrten
In den 62 Zimmern der Herberge, die jeweils über einen eigenen Sanitärbereich verfügten, gebe es natürlich keine Maskenpflicht – „und wir sprechen selbstverständlich dann auch mit Familien, die sagen: ‚Mein Kind schafft das nicht mit der Maske‘, und finden einen individuelle Lösung.“ Doch müsse sich das Jugendherbergswerk an die staatlichen Vorgaben halten. Die Bad Homburger Jugendherberge steht laut Stolle noch ganz gut da, doch rechnet das DJH Hessen mit 70 bis 75 Prozent Übernachtungseinbußen in diesem Jahr, „in der Katastrophen-Version bis zu 80 Prozent Rückgang.“ Die Fixkosten für Betrieb und Personal belaufen sich, wenn keine Gäste in den 30 Häusern sind, auf 1 Million Euro pro Monat. „Wenn wir geschlossen bleiben, halten wir das finanziell gerade noch vier Wochen durch, dann sind wir pleite“, sagt der Pressesprecher.
Das Land Hessen hat am 7. Mai verkündet, den hessischen Jugendherbergen eine Million Euro Soforthilfe zu geben und weitere Unterstützungsmöglichkeiten zu prüfen. Sehnsüchtig blicken die Betreiber der Herbergen da auf Bayern: Dieses Land hat nicht auf eine bundesweite Lösung gesetzt, sondern für seine Jugendherbergen selbst 26 Millionen Euro Soforthilfe bereitgestellt. Timo Neumann, Vorsitzender des hessischen DJH-Verbands, sagt es drastisch: „Wenn wir in dieser Woche keine weitere politische Hilfe bekommen, dann müssen wir sogar in Aussicht stellen, dass es 2021 keine Klassenfahrten mehr geben kann, weil es uns auch nicht mehr gibt.“ Bis auf den Tag der Wiedereröffnung der Jugendherberge am Bad Homburger Schloss-park hin müssen Herbergsleiter Michael Pohl und Lisa Klink regelmäßig in dem Haus Kontrollgänge machen und das Wasser in allen Zimmern und Bädern laufen lassen, um der Gefahr von Salmonellen-Verseuchung in den Leitungen entgegenzuwirken.
Eigentlich hatte das Deutsche Jugendherbergswerk dieses Jahr sein 111. Bestehen mit Feierlichkeiten begehen wollen – nun kann die Bad Homburger Herberge nur mit dem Kreieren von Gutscheinen durch die Besucher von zu Hause aus in ihrem Gutscheinshop (online unter jh-bad-homburg[at]jugendherberge[dot]de) aufwarten und hoffen, dass sich das Haus bald wieder mit Gästen füllt.