Mit sicherem Gespür für Nuancen

Bad Homburg (ks). Mit einem interessant zusammengestellten und gut abgestimmten Programm gab die Pianistin Adriana von Franqué ihrem Konzert beim Forum für junge Künstler eine sehr persönliche Note. Diese wurde auch damit bestätigt, dass die Künstlerin selbst in die Werke einführte und dabei auch persönliche Anmerkungen mit einflocht.

Bei diesem letzten Konzert des Jahres im Foyer des Kurhauses konnten die Zuhörer je nach Stimmung bei einem Spaziergang in sommerlichen Gefilden den Erinnerungen an einen alten Garten (un vieux jardin) nachspüren, wie ihn Lili Boulanger (1863-1918) in Klänge gegegossen hat. Eine gute Einstimmung, Claude Debussy (1862-1918) auf seinem Ausflug zu den Pagoden in Indonesien und beim Abendspaziergang in Granada zu begleiten, um zum Abschluss an einem Regentag mit ihm gemeinsam durch die Gärten der Normandie zu wandern: Musikalisch perlende bis dramatische und emotionale Erlebnisse für die Sinne.

Nach soviel träumerischer gefühlvoller Wanderschaft rief Ludwig van Beethoven (1770-1827) mit seiner Sonate „Der Sturm“ die Zuhörer wieder in die Realität des Lebens zurück. Hier bewies die Interpretin einmal mehr ihr sicheres Gespür für Nuancen beim Auf- und Abebben des Sturms. Sie ließ sich auch Zeit für die „Ruhe vor dem Sturm“ (Adagio), der im dritten Satz „Allegretto“ noch einmal auflebt und dramatisch ausklingt. Diese Sonate, dieses Tongemälde „sei vollkommen … und werde die größte Wirkung machen, wenn die Fantasie des Spielers und seine Kunstfertigkeit auf gleich hoher Stufe stehen“, wird Beethovens Schüler Carl Czerny zitiert. Das wird man Adriana von Franqué gerne bestätigen.

Nach der Pause folgte die Begegnung mit dem weithin unbekannten polnisch-jüdischen Komponisten Szymon Laks (1901-1938), der mit einer „Hommage à Chopin“ beauftragt worden war und dafür die Form der Ballade gewählt hatte. Dabei spielte der Gedanke eine Rolle, dass sein polnischer Landsmann Chopin genau wie er selbst aus seiner Heimat vertrieben worden war. So fanden über die Zeiten hinweg gemeinsame Erinnerungen an tragische Erlebnisse in impressonistischer Klangsprache eindrucksvoll zusammen. Ein kleines Werk auch zum Nachdenken über das, was Menschen einander antun. Zum Abschluss ihres anregenden Konzerts hatte die beeindruckende Künstlerin César Francks „Prélude, Choral et Fugue“ gewählt, und damit auch Rolf Kohlrausch einen Wunsch erfüllt. Er wollte mit diesem Komponisten und seinem Werk zum einen seine Lehrerin, die Pianistin und Dozentin Branka Musulin ehren, die mit dieser Stadt eng verbunden ist und Francks Werke gerne gespielt hat, und sich zugleich auch der Hommage an diesen belgischen weltoffenen Musiker anschließen, der vor 200 Jahren geboren wurde.

Franck hatte zunächst viele Jahre als Organist in Frankreich gewirkt, ehe er als „Altmeister“ bereits um die 60 Jahre alt, den Durchbruch als Komponist schaffte. Sein Werk sorgte für einen gelassenen romantischen Ausklang eines Konzerts mit einer großartigen Künstlerin, die mütterlicherseits ihre Wurzeln im fernen Bolivien hat. Sie wurde mit anhaltendem und herzlichem Applaus und einem schönen Blumenstrauß verabschiedet. Sie hat unter anderem in Hamburg studiert und lebt zur Zeit in Berlin. Ein Kurgast, der aus Polen stammt, versicherte nach dem Konzert, die Künstlerin habe „ein gutes Gespür für die polnische Seele, das mich sehr berührt hat“.

Zusätzliche Informationen:

!Die Konzertreihe „Forum für junge Künstler“ geht am Dienstag, 7. Februar 2023, um 19.30 Uhr im Foyer des Kurhauses weiter. Rebecca Tillmanns (Violine) und Anna Stepanova (Klavier) spielen Werke von Bach, Beethoven und Rachmaninoff.

Adriana von Franqué beeindruckt mit ihrem Spiel und ihren einfühlsamen Einführungen beim Forum junger Künstler. Foto: ks



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