Sorge um das Fortbestehen der Grundschulchöre

Mit viel Humor probt Chorleiter Jochen Schimmelschmidt mit den Schülern der Hölderlinschule derzeit im Freien auf der Terrasse der Jugendherberge: Doch die Chorarbeit sieht er durch Corona-Einschränkungen stark gefährdet. Foto: Bergner

Bad Homburg (a.ber). „Meine Biber haben Fieber, o die armen!“ Mit ihren klaren Kinderstimmen singen acht Schüler im Schatten eines Baumes auf der Terrasse der Bad Homburger Jugendherberge. Seit Anfang Juni trifft sich Chorleiter Jochen Schimmelschmidt mit den Chorgruppen der Hölderlinschule wöchentlich draußen: Auf Abstand stehend, bereiten die Kinder einen musikalischen Auftritt im Garten des Seniorenheims Haus Luise vor. Mit ihrem „Tierischen Programm“ wollen sie den alten Menschen eine Freude bereiten. Eigentlich besteht die Gruppe der 3. Klassen aus 24 Kindern, „aber ich bin schon froh, dass wir überhaupt singfähig sind“, sagt Jochen Schimmelschmidt.

Der Musikpädagoge, der auch die Kinderchöre der Grundschule Burgholzhausen leitet, sieht die Zukunft des Chorsingens in Gefahr. Schon zu Beginn der Corona-Zeit hatte Schimmelschmidt, der seit 2002 Chorarbeit an der Hölderlinschule macht, angefangen, Musikvideos zu produzieren und allen Kindern seiner Schulchöre zu senden, damit sie zu Hause mit Anleitung singen können. Da das Singen im Chor in den Schulen nach wie vor verboten ist, einigte sich der engagierte Chorleiter mit dem Leiter der Bad Homburger Jugendherberge, Michael Pohl, vor Kurzem darauf, dass er mit den 2. und 3. Klassen auf der Terrasse der Herberge proben darf, denn auch auf dem Außengelände der Hölderlinschule ist das Chorsingen derzeit nicht erlaubt. Mit den Kindern der Burgholzhäuser Grundschule zog er kurzerhand auf den Bolzplatz des TV Burgholzhausen. Bisher hatten sie Glück mit dem Wetter.

Jochen Schimmelschmidt, der sein elektrisches Klavier draußen aufgebaut hat, lässt immer eines der Kinder über Mikrofon mitsingen, „damit sich der Klang im Freien nicht verliert“. Außerdem hat jeder Schüler und jede Schülerin einen Regenschirm dabei, der jetzt allerdings eher als Sonnenschutz benutzt wurde. Die jungen Sänger sind mit Feuereifer dabei. „‚Karl der Käfer‘ haben wir erst dreimal gesungen, können wir aber schon auswendig“, schwärmt eine Drittklässlerin. Emilia stellt sich vor das Mikrofon und singt textsicher die Strophen von „Alles nur geklaut“. Das Programm für den Auftritt in Dornholzhausen wird durch Gitarre-, Schlagzeug- und Blockflötenspieler bereichert. Die Sieben- und Achtjährigen bringen sich mit dem „Elefantentanz“ auch körperlich in Schwung.

Seinen Humor hat Jochen Schimmelschmidt angesichts der ungewöhnlichen Umstände sichtlich noch nicht verloren. „Aber wenn sich zu Beginn des neuen Schuljahrs nichts tut, werden die Grundschulchöre zusammenbrechen.“ Für seine Chöre hofft er, bald die Erlaubnis zu bekommen, in kleineren Gruppen den Schulturnhallen singen zu dürfen – mit Abstand und Hygienevorschriften.



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