Auf der Suche nach neuen Ideen für eine alte Freundschaft

Bad Homburg (hw). Dass es Bad Homburg und Exeter ernst ist mit ihrer Beziehung, spiegelt sich noch einmal beim Abschied der Gäste auf dem Heuchelbachplatz. Großer Bahnhof für die 14 Gäste, die einen abfahrtsbereit zum Flughafen, andere auf dem Weg nach Prag oder Salzburg, wenn man schon mal auf dem „Kontinent“ ist. Umarmungen, Gelächter, und dann kommt auch noch Oberbürgermeister Alexander Hetjes, „to say goodbye“ und um der Bedeutung der vor 58 Jahren beschlossenen Freundschaft persönlich Nachdruck zu verleihen.

Die Stadt hatte die Gäste bereits zu einem feinen Dinner ins Spielbank-Restaurant eingeladen, auch hier mit dem OB, der eine emotionale und launige Rede hielt auf die Freundschaft, die Gemeinsamkeiten, die lange Tradition. Dem Brexit zum Trotz.

Die Stadt unterstützt die alten Bande finanziell, getragen wird das „Twinning“ vom Kur- und Verkehrsverein, dessen Vorsitzender seit März 2020 Werner Voigt ist. Er und seine Familie sind das Herz der Partnerschaft mit Exeter. Den Großteil des rund fünftägigen Programms haben die Voigts organisiert, inklusive eines Barbecues im eigenen Garten. Das Programm war verwöhnt von der spätsommerlichen Sonne der ersten Oktobertage: eine Schlossführung, die die vielen Beziehungen der Landgrafen und später der kaiserlichen Familien zu England in Geschichten und Gegenständen sichtbar machte, eine Schifffahrt auf dem Main, ein Spaziergang durch den Kurpark mit Parkführerin Heidi Delle und ein Besuch in der Sternwarte „Orion“.

Das Programm war angepasst an die seniore Altersstruktur von Gastgebern und mehr noch den Gästen aus Exeter. Die Partnerschaft ist in die Jahre gekommen und mit ihr ihre Freundinnen und Freunde. Wer eine Fünf vor dem Komma hat, zieht den Altersschnitt schon nach unten, einige Gäste aus Exeter haben die 80 erreicht. Die Mobilität ist nicht mehr groß, aber noch immer ist es der Wille, die Freundschaft nach der Coronapause wieder mit persönlichen Begegnungen zu füllen.

Aber wie geht es weiter? Die beiden Vorsitzenden, Werner Voigt und sein Counterpart Marija Lees vom Exeter Twinning Circle, sind sich einig: Die Städtepartnerschaft braucht jüngere Leute und neue, weitere Ebenen des Austausches. „Wir müssen uns unterschiedlichen Gruppen in unserer Stadt öffnen“, sagt Lees. Sportvereinen zum Beispiel, man liebäugelt mit dem Bad Homburger Tennis Club, dessen Geschichte ja sogar in England wurzelt. Oder auch kulturelle Vereine, im Juli sang der Bachchor Bad Homburg bei einem Festival in der Kathedrale von Exeter. Und warum nicht auch mal die Feuerwehr? Lees sieht ihren Twinning Circle nicht als geschlossenen Freundschaftsclub, sondern als eine Art Agentur, um für die Bürger die Verbindung zu anderen Bürgern mit ähnlichen Interessen in der Partnerstadt herzustellen. Aber auch Voigt ist zuversichtlich: „Wir bekommen das hin.“

Lees und Voigt wissen jedoch auch: Es wird nicht einfach. Voigt sieht die Bereitschaft kleiner werden, Gäste bei sich zu Hause aufzunehmen. „Und im Grunde kann man erst Gastfreundschaft anbieten, wenn die Kinder aus dem Haus sind und die Kinderzimmer zur Verfügung stehen“, räumt Voigt ein, das mache es schwierig, jüngere Leute für das Twinnung anzuwerben. Ob man dann doch in Hotels ausweichen solle, wie es bei vielen anderen Städtepartnerschaften üblich ist? „Wir denken auch darüber nach“, sagt Voigt. Auf der anderen Seite ist gerade das Familiäre des Exeter-Austauschs auch das Besondere, es hat viele tiefe Freundschaften zwischen den Familien begründet, die auch außerhalb des Twinning-Programms engen Kontakt halten.

Marija Lees, die quirlige Präsidentin des Twinning Circles, geht jedenfalls mit vielen Ideen zurück nach Exeter und will in der Stadt nach neuen Partnern für die alte Freundschaft suchen. Lees wirbt in Exeter beharrlich für die Idee der Städtepartnerschaft, auch wenn es längst viel mehr Möglichkeiten des internationalen Austausches gebe als zu Beginn des Twinnings in den 1960er-Jahren. „Es geht nicht um Politik, es geht um die menschliche Begegnung, um Zuhören, um die Bereicherung in dem, was anders ist und die vielen Gemeinsamkeiten, die wir haben.“

Und bei allem Ungewissen gibt es auch schon ein gemeinsames Projekt der beiden Partnerschaftsvereine. Exeter ist verschwistert mit Terracina in Italien, und Bad Homburg ist es auch. Werner Voigt ist bereits im Gespräch mit dem Bad Homburger Partnerschaftsverein: „Vielleicht bekommen wir im kommenden Jahr ein Drillingstreffen in Terracina hin“, hofft er.

Ein Gruppenfoto, aufgenommen nach dem Spaziergang durch den Kurpark, erinnert an den Besuch der Gäste aus Exeter. Foto: privat



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