Trotz vieler Sorgen und Ängste „den Kopf oben behalten“

Auch das Pflegeteam vom Haus Luise in Dornholzhausen wirbt „Wir gehen für Euch arbeiten, bleibt Ihr für uns zu Hause“. Foto: privat

Bad Homburg (a.ber). Wer in diesen Tagen am Senioren- und Pflegeheim der Mathilde-Zimmer-Stiftung am Weinbergsweg vorbeigeht, sieht nicht nur ein rot-weißes Absperrband und eine geschlossene Zufahrts-Schranke. Er sieht auch immer mal Bewohner, die sich bei geöffnetem Fenster mit ihren Angehörigen munter unterhalten, die unten vor dem Haus stehen. Der Blick der Senioren schweift dann sicher auch über die Dächer des Kaiser-Wilhelms-Bads in den Kurpark, in dem die ersten Bäume zartes Hellgrün tragen.

„Wir haben ein absolutes Besuchsverbot erlassen müssen“, sagt die Leiterin des Tatjana-Gerdes-Hauses, in dem zur Zeit 154 alte Menschen leben. Monika Höfer, die das Wohn- und Pflegeheim seit 13 Jahren leitet, muss nach eigenen Worten von Tag zu Tag auf die neuen Anforderungen reagieren, vor die die Coronavirus-Pandemie sie und ihre 100 Mitarbeiter stellen. Zweimal täglich nimmt sie an der Telefonkonferenz der Geschäftsstelle des Trägervereins der Mathilde-Zimmer-Stiftung in Berlin teil: „Hier wird dann alles Wichtige weitergegeben, was wir in der Krise berücksichtigen müssen, hier wird der Kontakt zum Gesundheitsamt, dem Robert-Koch-Institut und dem Land Hessen gehalten.“

Die freundliche Leiterin des Bad Homburger Hauses sagt, sie müsse jetzt „den Kopf oben behalten: Man bekommt so viele E-Mails, manchmal 60 am Tag, darunter zweifelhafte Angebote für Mundschutz-Vorräte für 6500 Euro – so etwas kann ich in dieser Situation gar nicht gebrauchen.“ Die E-Mails der Nachbarn rund um das Tatjana-Gerdes-Haus haben sie jedoch sehr gefreut: Viele Menschen würden ihre Hilfe anbieten, wollten für die Senioren einkaufen gehen und Kontakt halten.

„Wir denken an Euch“

Telefoniert wird jetzt viel, seit die alten Menschen abgeschirmt werden. „Viele Senioren haben Angst, dass sie nicht mehr raus dürfen. Deshalb lassen wir auch alle Aktivitäten innerhalb des Hauses möglichst weiterlaufen.“ So treffen sich diejenigen, die nicht bettlägerig sind, bei gutem Wetter auf der großen Außenterrasse des Heims, wo – in gehörigem Abstand voneinander – Gymnastik gemacht, Musik gespielt und gesungen wird.

Da die Angehörigen die Bewohner nicht mehr direkt besuchen dürfen, sei es für die Heimbewohner wichtig, nicht das Gefühl der Einsamkeit zu bekommen. Große Freude hätte eine Bad Homburger Familie den alten Menschen vor Kurzem gemacht: eine Mutter und ihre zwei Kinder schickten ein Paket mit selbstgemalten Bildern und lieben Briefen für alle Senioren mit der Botschaft „Wir denken an Euch!“.

Heimleiterin Monika Höfer kann sich auf ihre Pflegekräfte und Mitarbeiter verlassen: „Da läuft noch alles normal, auch in Küche und Hauswirtschaft haben wir die üblichen Arbeitszeiten. Und doch überlegen wir schon, ob nicht Küchenkräfte aus Restaurants, die jetzt keine Arbeit mehr haben, uns im Zweifelsfall zur Seite stehen können.“

Brief statt Gottesdienst

Einen Notfallplan für das Tatjana-Gerdes-Haus gebe es, falls jemand positiv auf Corona getestet werden sollte – was aber Gott sei Dank bisher nicht der Fall sei. Natürlich mache sie sich auch persönlich viele Gedanken über die Krise und ihre Auswirkungen auf den Einzelnen und die Gesellschaft, sagt Höfer. „Es gibt so viele Eingriffe in das Grundrecht, und das ohne Limitierung“, das sehe sie schon kritisch. Als Leiterin eines evangelischen Seniorenheims mache sie sich auch Gedanken darüber, dass die Kirchen keine Gottesdienste mehr anbieten dürften. „Die Menschen brauchen den Zuspruch gerade in dieser Zeit.“ Doch derzeit sind auch die 14-tägigen Andachten des Pfarrers der evangelischen Kirchengemeinde Bad Homburg-Gonzenheim im Tatjana-Gerdes-Haus nicht möglich, die von vielen Bewohnern so gerne besucht werden. Der Pfarrer hat seinen evangelischen Schäfchen im Heim gerade einen seelsorgerlichen Brief mit Gedanken zur Passionszeit und einem Gebet für die Zeit der Krise geschickt, ihnen Mut gemacht. „Im Moment sind unsere Bewohner noch guter Dinge, die Mitarbeiter besonnen. Ich möchte unbedingt verhindern, dass Hysterie oder Panik entstehen“, sagt Monika Höfer.

Durch viele schwere Zeiten ist die evangelische Mathilde-Zimmer-Stiftung in den mehr als 100 Jahren ihres Bestehens schon mit den ihr Anvertrauten in Wohn- und Pflegeheimen gegangen. 1907 von dem Pfarrer Karl Friedrich Zimmer in Berlin gegründet, um die Arbeit seiner Töchterheime zu organisieren, gründete die Stiftung seither Heime in Hamburg, Berlin, Neuenhagen, Kassel und 1972 auch in Bad Homburg. Angeschlossen an das Diakonische Werk der Evangelischen Kirche Deutschland bietet auch das Heim am Weinbergsweg eine umfassende Pflege für alte und gebrechliche Menschen nach einer christlichen Lebensorientierung.

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