Zu viele Hürden für Finanzmarktakteure

Staatssekretär Dr. Jörg Kukies, Willi Rugen, Vorsitzender des bdvb Rhein-Main, und Andreas Schreiber von Ernst & Young (v. l.) beginnen den Vortragsabend in der Villa Wertheimber bestens gelaunt. Foto: bdvb

Bad Homburg (hw). In der mit 120 Teilnehmern bis auf den letzten Platz besetzten Villa Wertheimber diskutierten Mitglieder und Gäste des Bundesverbands Deutscher Volks- und Betriebswirte (bdvb) mit Dr. Jörg Kukies, Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen. Kukies spannte dabei einen Bogen von der Verbesserung der Start-up-Finanzierung über den Bankenmarkt bis hin zur Schaffung nationaler Champions im Unternehmens- und Finanzbereich.

Dabei betonte er, dass das Bundesfinanzministerium nie Druck auf die Commerzbank und die Deutsche Bank in Sachen Fusion ausgeübt habe. Dies hätten auch die Vorstände der beiden beteiligten Banken immer so gesehen, führte er aus. Die Zuschauer beeindruckte Kukies darüber hinaus mit der Feststellung, dass bei allen ersthaften Schritten zur Herstellung der Bankenunion und Kapitalmarktunion die Finanzarchitektur des EU- Binnenmarktes noch sehr uneinheitlich sei, unverändert zu viele Hürden für die Finanzmarktakteure aufweise und weit von der Homogenität der Wettbewerbsbedingungen entfernt sei, die der amerikanische Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen bereits erreicht habe. Dies mache es den hiesigen Finanzdienstleistern sehr viel schwerer, einheitliche europäische Geschäftsmodelle zu verfolgen, um ihre Profitabilität zu verbessern. Das Finanzministerium arbeite zielstrebig an der Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen zur Banken- und Kapitalmarkt-union und habe hier nach Einschätzung von Kukies gute Fortschritte gemacht.

Ergänzt wurde der politökonomische Vortrag durch Andreas Schreiber, Partner bei EY Ernst & Young, der als Leiter der europäischen M&A Beratung für Finanzinstitutionen seinen Ausführungen auf die Mikroebene verlagerte. Er behandelte den Ausschnitt des Bankenmarktes intensiver und betonte das Wachstum bei den amerikanischen und chinesischen Banken. Dies habe dazu geführt, dass inzwischen – mit Ausnahme der HSBC – keine europäische Bank eine nennenswerte Bedeutung im internationalen Kontext hatte. Er führt dies besonders auf zu geringe Zukäufe zurück. Denn die großen Bankhäuser wuchsen vor allem durch Fusionen. Im europäischen Markt gab es aber eher kleine Übernahmen und keine großen Fusionen mehr seit der Finanzkrise 2008/2009. Hier sieht Schreiber Nachholbedarf. Er betonte aber auch positive Entwicklungen wie die deutlich gestiegenen Eigenkapitalquoten der Banken. Diese waren auch Diskussionsthema hinsichtlich der Bezugsgröße der Bilanzsumme oder anderer Möglichkeiten.

Unter der Moderation des Vorsitzenden der bdvb BG Rhein-Main, Willi Rugen, stellten sich beide Finanzexperten den Fragen interessierter Zuschauer. Dabei wurde eine breite Themenanzahl von Eurobonds bis Star-up-Finanzierung abgedeckt. Eingeleitet worden war der Vortragsabend durch ein Grußwort von Stefan Wolf, dem Leiter der Wirtschaftsförderung der Stadt. Er beschrieb dabei die Konkurrenz zwischen Wohnen und Gewerbe und betonte die Bedeutung Bad Homburgs als Gewerbestandort mit niedrigerem Hebesatz als in Frankfurt. Auch der Haushaltsüberschuss und die gute Fachkräfteversorgung seien laut Wolf attraktive Kriterien für den Standort. Der Abend klang mit einem sommerlichen Empfang im Gustavsgarten aus.



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