Bad Homburg (fch). Bürgerschaftliches Engagement ist in allen Bereichen der Gesellschaft ein hohes Gut. Jetzt kam das historische Museum im Gotischen Haus in den Genuss einer wertvollen Schenkung.
Zu verdanken hat sie die Stadt Liselotte Prigge, geborene Garth. Noch auf ihrem Sterbebett verfügte sie die Schenkung von fünf Gemälden, zwei Grafiken, Skizzen und historischen Unterlagen aus dem 19. Jahrhundert, darunter Werke des bekannten Landschaftsmalers Friedrich Christian Reinermann (1764–1835) ans Gotische Haus. Eine Mappe enthält wichtige Unterlagen zur Geschichte der Familie Reinermann/Prigge, unter anderem einen Stammbaum der Familie Reinermann von 1764 bis heute, historische Personalausweise und vieles mehr. Liselotte Prigge starb 2018 in Gonzenheim. Jetzt erfüllt ihr Zwillingsschwester Erika Pazofsky aus Friedrichsdorf-Burgholzhausen diesen Wunsch. Sie übereignete am 23. April 2019 dem städtischen historischen Museum im Gotischen Haus die private Sammlung.
Gemeinsam mit Oberbürgermeister Alexander W. Hetjes und Museumsleiterin Dr. Ursula Grzechca-Mohr stellte Erika Pazofsky die Schenkung der Öffentlichkeit vor. Die Sammlung befand sich über ein Jahrhundert in Familienbesitz der Prigges. Die Verbindung der Familien Reinermann und Prigge reicht bis ins Jahr 1874 zurück. Damals heiratete Johann Philipp Reinermanns Tochter Anna Maria Barbara Reinermann (geboren 1854) in Frankfurt Albert Ferdinand Hermann Prigge (geboren 1850). Er bewahrte die Gemälde der Familie Reinermann. Gemälde des bekannten Landschaftsmalers waren im Gotischen Haus bereits von Dezember 2006 bis März 2007 in der Ausstellung „Stadt – Land – Fluss. Skizzen zu Leben und Werk des Landschaftsmalers Friedrich Christian Reinermann (1764-1835)“ zu sehen.
„Wir sind Frau Pazofsky sehr dankbar für diese bedeutende Schenkung“, sagt Oberbürgermeister Hetjes. Die Überbringerin der Schenkung freute sich, dass die Gemälde und alle anderen Sammlungsstücke in Zukunft der Allgemeinheit zugänglich sind und wertgeschätzt werden. Die Museumsleiterin ist ebenfalls glücklich: „Diese Schenkung schließt eine Lücke in der Sammlung des Gotischen Hauses.“ Gespannt ist Ursula Grzechca-Mohr auf die wissenschaftliche Untersuchung und Restaurierung der Gemälde. „Natürlich bleibt es nicht aus, dass Arbeiten, die über einen so langen Zeitraum im Privatbesitz waren, restauriert werden müssen. Nimmt man den verschmutzten Firnis ab, dann kommt Tiefe raus.“ Es müssten einzelne Craquelés (maschenartiges Netz von kleinen Rissen) gesichert werden, damit die Farbe von den Gemälden nicht weiter abplatze.
Goldauflage für die Rahmen
Teils neu aufgezogen werden und mit Nägelchen gesichert werden müssen die Leinwände. „Die Rahmen hingegen sind teilweise mit einer Bronzierung übermalt, die wieder abgenommen und durch Goldauflage ersetzt werden soll“, kündigte die Museumsleiterin an. Dabei sollen auch Fehlstellen des Perlfrieses und der originalen Schmuckleisten kopiert und ersetzt werden. Dadurch würden die besonders schönen Rahmenleisten wieder vervollständigt und der Blick auf die Gemälde nicht mehr durch Fehlstellen abgelenkt. „Mit diesen langwierigen Maßnahmen werden wir jetzt, gleich nach der Übergabe, beginnen“, sagt Grzechca-Mohr.
Die Museumsleiterin hofft, bei den Arbeiten auf Hinweise zu stoßen, um noch fragliche Angaben zu den Werken klären zu können. Eventuell finden sich unter dem Firnis noch Signaturen oder Datierungen, die zu einer sicheren Zuschreibung führen können. Sobald die Restaurierungsmaßnahmen an Leinwänden und Rahmen beendet sind, sollen die Besucher des Städtischen historischen Museums im Gotischen Haus über die neuen wissenschaftlich fundierten Erkenntnisse in einer Sonderausstellung informiert werden.
Die Schenkung umfasst von Friedrich Christian Reinermann (1764-1835) das nicht signierte und datierte Porträt der Mutter Anna Elisabeth, geborene Diegelin (1726-1796), und das Porträt des Vaters Johann Ludwig Reinermann (1725-1809), eines Glöckners und Postamenten-Herstellers in Wetzlar sowie eine Schweizer Gebirgslandschaft, alle Öl auf Leinwand. Von Albert Reinermann (gestorben um 1860) ein von ihm signiertes Bildnis eines Offiziers, 1836, mit dem Aufkleber auf der Rückseite „No 32 Officier Saint Julien“ und von Philipp Reinermann das „Bildnis eines jungen Mannes“, Öl auf Malpappe. Außerdem umfasst die Sammlung die grafischen Arbeiten von A. Reinermann „Soldat“, Aquarell auf Papier, die Karikatur (Besucher landet nach einem Angriff durch einen Hund mit seinem Schirm in einem „Reinermann-Gemälde“, das er zum Entsetzen des Künstlers komplett zerstört) und der „Schnellhefter Familie Reinermann betr.“ mit diversen Urkunden wie der Geburtsurkunde von Johann Philipp Reinermann vom 26. Februar 1812, dem Sohn von Friedrich Christian Reinermann, und Abschriften bis hin zu Unterlagen der Familie Prigge sowie zwei Zeichenblöcke des Hermann Prigge.