„Wir brauchen das Miteinander und die Begegnung mit anderen“

Bad Homburg (fch). „Jetzt bin ich zum dritten Mal Pfarrer einer Gemeinde im Vordertaunus“, sagt Frank Couard. Seit 1. Januar 2021 ist er Pfarrer der Evangelischen Waldenser-Kirchengemeinde Dornholzhausen. Damit ging ein Wunsch des 59-Jährigen in Erfüllung. „Ich habe im Odenwald gemerkt, dass ich Bad Homburg und das urbane Leben vermisse.“ Umgezogen ist der Geistliche in seinem Leben bereits öfter. „Jeder Wechsel bedeutet privat und beruflich einen Neuanfang.“ Geboren und aufgewachsen ist Couard in Darmstadt, wo er auch sein Abitur machte. „Meine Vorfahren waren hugenottische Glaubensflüchtlinge. Sie wurden einst aus Nordfrankreich wie die Waldenser aus dem Piemont (Italien) vertrieben.“

Zuflucht fanden seine Ahnen in Berlin und Potsdam. „Mein Vater stammt aus der Uckermark. Er floh 1954 über die ‚grüne Grenze‘ nach Bremen. 1955 kam er nach Darmstadt, wo er meine Mutter, ein waschechtes Heinermädchen, kennen und lieben lernte.“ Frank Couard wuchs zweisprachig auf, da sein Vater berlinerte und seine Mutter heinerte. „Ich bin ein Heiner mit preußischen Wurzeln.“ Zwar stammt Frank Couard väterlicherseits aus einer Pfarrerfamilie, doch erst kurz vor dem Abitur entschied er sich, Theologie zu studieren und Pfarrer zu werden. Verstärkt wurde dieser Wunsch durch eine Israelreise, an der mehrere Pfarrer teilnahmen.

„Ich wollte zuvor immer Pädagogik studieren, da ich einen Beruf haben wollte, in dem ich viel Kontakt zu Menschen habe, Abwechslung und keine Monotonie spüre.“ Angeregt durch die Israelreise verspürte er den Wunsch, „mehr über die Bibel zu erfahren, zu sehen, ob die Texte noch aktuell sind, mir über meinen Glauben Gedanken zu machen, um ihn zu stärken und zu festigen. Pfarrer ist ein Beruf, in dem ich mit Menschen aller Generationen zusammentreffe.“ Theologie studiert er an den Universitäten in Mainz, Marburg, Kiel und Heidelberg. „Meine Schwerpunkte waren anfangs das Alte Testament, später dann die praktische Theologie, speziell die Seelsorge.“ Zum Vikariat ging es in die Wetterau. „Ich war Vikar in Friedberg-Ossenheim und in Nieder-Wöllstadt. Da meine Lehrpfarrerin während meiner Ausbildung die Pfarrstelle wechselte, musste ich auch den Lehrpfarrer wechseln.“ Doch damit nicht genug. Als Frank Couard, der zu den geburtenstarken Jahrgängen gehört, sein Studium abschloss, wurden nicht alle Pfarramtsanwärter mangels freier Stellen übernommen. „So konnte ich die ersten elf Jahre nur auf einer halben Stelle arbeiten, was im Pfarramt sehr schwierig umzusetzen ist.“ Seine erste halbe Stelle führt den Pfarrvikar nach Köppern. „Das war meine erste Station im Vordertaunus.“ Danach arbeitete er einige Jahre in Rüsselsheim und danach als „Entlastung“ für einen Dekan in Wallerstädten, einem Stadtteil von Groß-Gerau. „Meine erste volle Pfarrstelle trat ich in Klein-Gerau an.“ Weitere Stationen waren die Gemeinden in Langstadt (Babenhausen) und Schlierbach (Schaafheim). „Meine zweite Station im Vordertaunus war in Seulberg, wo ich acht Jahre lang war.“

Von dort wechselte Couard aus privaten Gründen für zwei Jahre nach Reichelsheim im Odenwald, wo ihn das Heimweh nach dem Vordertaunus und zur Kurstadt packte. Ermuntert durch Bekannte und seine Ärztin bewarb er sich auf die vakante Pfarrstelle bei der reformierten Bekenntnisgemeinde in Dornholzhausen. „Ich habe bestimmt Menschen in Reichelsheim mit meinem Weggang enttäuscht. Normalerweise denken Pfarrer vor allem an andere, aber zu wenig an sich. Ich bin ein Mensch, der gerne etwas Neues wagen will und die Herausforderung sucht.“

Dritte Station im Vordertaunus

Er freut sich, dass Gemeinde und Kirchenvorstand ihm mit 59 Jahren und als Geschiedenem eine Chance gegeben haben. Der Wechsel auf eine neue Pfarrstelle sei vor einigen Jahren als „Best Ager“ kaum möglich gewesen. „Jetzt ist Dornholzhausen meine dritte Station im Vordertaunus.“ Er freut sich darauf, die 1300 Gemeindemitglieder kennenzulernen und mit dem Presbyterium und allen Mitarbeitern im Team zu arbeiten. Er möchte viele Kontakte im Stadtteil, zu Vereinen, zu Kollegen und der Stadt knüpfen. „Ich möchte als Pfarrer für die Menschen da sein, mit ihnen leben, mit ihnen lachen und weinen. Ich möchte ein Teil der Gemeinschaft sein. Nahbar sein ist gerade in der heutigen Zeit der Distanz und des Egoismus sehr wichtig.“

Das Einleben in der Waldensergemeinde wird durch Corona erschwert. Zwar gebe es noch Präsenzgottesdienste „mit Abstand“ im denkmalgeschützten Gotteshaus, aber zurzeit noch keinen Konfirmationsunterricht. Offen ist, wann der letzte und der neue Jahrgang in diesem Jahr konfirmiert werden können. „Schön finde ich, dass es hier ein aktives Kindergottesdienstteam gibt und dadurch alle Generationen in der Gemeinde präsent sind. Wir brauchen das Miteinander und die Begegnung mit anderen. Digitalisierung und vor dem PC zu sitzen kann nicht unsere Zukunft sein.“ Seine Freizeit verbringt Pfarrer Frank Couard am liebsten als Spaziergänger in der Natur, beim Lesen oder Sehen von Krimis und Reisen.

Seit Jahresbeginn ist Frank Couard Pfarrer der Evangelischen Waldenser-Kirchengemeinde Dornholzhausen. Foto: fch



X