Konzert-Highlight im evangelischen Gemeindesaal

Beifall für die Cellistin Annabel Hauk (Mitte), die in Bad Soden lebt, und für Anna Naretto, Piano Foto: Silvia Weber

Bad Soden (sw) – Es ist wahrscheinlich einer der letzten schönen Spätsommerabende dieses Jahres. Der Gemeindesaal der evangelischen Kirche Am Quellenpark in Bad Soden ist dennoch bis auf den letzten Platz gefüllt. Grund des Interesses ist ein Konzert-Highlight, das den Ort am Taunus mal eben zur Hauptstadt der Klassik werden lässt. Die Cellistin Annabel Hauk, just mit dem Titel „Classic FM’s Rising Star 2023“ ausgezeichnet, gibt sich die Ehre, in ihrer Heimatstadt Bad Soden aufzutreten, zusammen mit der Pianistin Anna Naretto.

Annabel Hauk, die im Alter von fünf Jahren mit dem Cello-Spielen begann, ist längst eine gefeierte Künstlerin auf den Bühnen der Welt vom Rheingau-Musikfestival bis zum Pyeong-Chang-Music-Festival in Südkorea.

Anna Naretto, in Savona/Italien geboren, ist eine feste Größe in der Kammermusik. Den Besuchern aus der Region ist sie bekannt durch ihre zahlreichen Auftritte im benachbarten Kronberg bei der Kronberg Academy.

Platz nehmen durfte Pianistin Anna Naretto an einem Flügel aus dem Jahr 1914, gestiftet von der Bad Sodener Musikstiftung Jürgen Frei, während Annabel Hauk ihr über 300 Jahre altes Cello strich, zupfte und klopfte, das ihr von der Deutschen Stiftung Musikleben seit einigen Jahren zur Verfügung gestellt wird.

Das Programm des Abends war eine sehr gelungene Mischung von mehr und weniger bekannten Werken. Bereits beim ersten Stück, einer Beethoven-Sonate für Klavier und Violoncello, nutzte Annabel Hauk ihr Instrument nicht nur als Dialogpartner in der Musik, sondern schien fast in fließend tänzerischer Bewegung mit ihrem Cello zu verschmelzen – unterstützt von der professionellen Begleitung Anna Narettos, die sich auch zurücknehmen kann, ohne sich dabei klein zu machen.

Bei den „10 Präludien für Violoncello solo“ sitzt die junge Cellistin dann allein auf der Bühne. Die Komposition der heute 92-jährigen russischen Komponistin Sofia Gubaidulina spielt sie hochkonzentriert und präzise, aber gleichzeitig mit dem Staunen eines Kindes, welche Töne sie dem Instrument in diesen zehn Präludien entlocken kann: betörend, beschwörend, schwindlig-machend bis wild und sperrig.

Ob Sergej Prokofjew, Henryk Wieniawski, Johann Sebastian Bach oder Luigi Boccherini: Die Instrumente der beiden Künstlerinnen griffen ineinander, verschränkten sich, ohne einander den Raum zu nehmen. Anna Naretto, die sich einen Namen als herausragende Begleitung gemacht hat und in der Kammermusik stets mit ihren jeweiligen Partnern zu harmonieren weiß, versteht sich scheinbar blind mit der jungen Cellistin. Sie gab Annabel Hauk jede Gelegenheit zum Scheinen. Deren reifer künstlerischer Ausdruck überrascht bei einem so jungen Menschen – sie ist 24 Jahre alt. Mit traumwandlerischer Sicherheit bewegt sie sich in musikalischen Sphären, und gemeinsam mit ihrer Partnerin brachte sie das Publikum zu frenetischem Beifall und zahllosen Bravo-Rufen. Ein echtes Konzert-Highlight.



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