Bad Soden (Sc) – „Es ist ein fast unbekannter Teil der Bad Sodener Geschichte, der mir jedoch sehr am Herzen liegt“ – mit diesen Worten eröffnete Museumsleiterin Dr. Christine Schalles das neu gestaltete „Salinenzimmer“ im Stadtmuseum.
Das Salinenzimmer wurde im Jahr 1998 erstmalig eingerichtet und in der Folgezeit mehrfach ergänzt. Nun wurde der Raum komplett neu gestaltet – mit Fototapete, überarbeiteten Texten, neuem Bildmaterial und zwei wunderbaren Modellen. Dass die Geschichte der Salzgewinnung in Bad Soden seinen Bürgerinnen und Bürgern nahezu unbekannt ist, liegt sicher auch daran, dass von den ehemals eindrucksvollen Gradierwerken, die zur Salzgewinnung notwendig waren, nichts bis in die heutige Zeit erhalten blieb. Nur die „Salinenstraße“ auf der Rückseite des Bahnhofsgeländes erinnert noch an die vormals an diesem Platz stehenden Bauten.
Salz – das „weiße Gold“
Salz ist ein für den Menschen nahezu lebensnotwendiges Gut. Es enthält neben Natrium und Chlorid zahlreiche chemische Inhaltsstoffe, die für den Wasserhaushalt, die Muskeln und die Nervenfunktionen unerlässlich sind. Darüber hinaus diente Salz viele Jahrhunderte lang als von der Jahreszeit unabhängiges Konservierungsmittel, bevor der Kühlschrank Einzug in die Haushalte hielt. Weil es lange haltbar war, diente es in früheren Zeiten durchaus auch als Tauschmittel – römische Legionäre erhielten z.B. einen Teil ihres Soldes in Form von Salz, weshalb es auch als „weißes Gold“ bezeichnet wurde.
Salzgewinnung
Salz kann grundsätzlich aus drei Quellen gewonnen werden: aus Solequellen, im Bergbau und aus dem Meer. Bei der Salzgewinnung aus Mineralquellen wird aus einer konzentrierten Salzlösung (der sogenannten „Sole“) ein „Siedesalz“ gewonnen – so, wie es aus den Bad Sodener Mineralquellen über ca. 200 Jahre der Fall war.
Soden besitzt schon immer salzhaltige Mineralquellen, die zum Teil seit dem 15. Jahrhundert bekannt sind. In den darauffolgenden ca. 170 Jahren wurde wiederholt versucht, ein Salzwerk in Soden zu etablieren – doch damals scheiterten die Bemühungen. Anfänglich wurde das salzhaltige Quellwasser (Sole) deshalb in flachen Sudpfannen verdampft. Zu diesem Zweck benötigte man, abhängig vom Salzgehalt der Sole, große Mengen Feuerholz. Wegen des relativ geringen Salzgehalts der Sodener Quellen von nur 1-1,2% war die Salzproduktion jedoch mühsam und wegen des enormen Brennholzverbrauchs wenig rentabel.
Gradiertechnik
Erst mit der Entwicklung der Gradiertechnik um das Jahr 1570, bei der die Sole schließlich über aufgeschichtete Schwarzdornzweige geleitet wurde, die an großen Holzgerüsten, den Gradierbauten, befestigt waren, wurde eine sinnvolle und wirtschaftliche Nutzung der Sodener Salzquellen möglich. Das wiederholte Herabtropfen der Sole an den Gradierbauten bewirkte eine immer weiter fortschreitende Verdunstung des Wassers an den Schwarzdornwänden. Dadurch wurde der Salzgehalt in der Sole konzentriert und letztendlich der Salzertrag gesteigert. Für Soden erwies sich das „Gradieren“ als echte Verbesserung, um die nur schwach salzhaltigen Quellen wirtschaftlich nutzbar zu machen.
Das „Altwerk“
Im Jahr 1605 erhielten die Brüder Christoph, Caspar und Hans Geiß das Recht, den „Salzbrunnen“ außerhalb des Dorfes Soden zur Salzgewinnung zu nutzen – allerdings mussten sie das dazu notwendige „Salzwerk“ zunächst auf eigene Kosten errichten und im Anschluss auch betreiben. Daraufhin bauten die Brüder 1605 ein erstes Gradierwerk – das Altwerk – auf dem heutigen Gelände des Alten Kurparks, der damals Wiesengelände war. In den Anfangsjahren wurde die Sole noch über Strohscheiben geleitet. Die Sole für das Altwerk stammte aus dem erwähnten Salzbrunnen, der sich noch heute neben dem Badehaus befindet, aber nicht mehr genutzt wird (Quelle VII, „Major“). Später wurde auch die Quelle VI als Salzquelle herangezogen, die vor dem heutigen Standesamt im Alten Kurpark liegt. Das erste Salz wurde dann 1606 gesotten.
Das „Neuwerk“
Im Jahr 1612 wurde auf dem heutigen Bahnhofsgelände mit dem Bau des Neuwerks begonnen. Die Sole für das Neuwerk stammte aus dem Solebrunnen (Quelle IV) und dem Wiesenbrunnen (Quelle XVIII) und wurde über eine Rohrleitung aus Fichtenholz aus dem Dorf zu dem Salinengelände geleitet. Das Neuwerk bestand aus U-förmigen Gradierbauten, zwei Wohnhäusern, einer Schmiede (zur Instandhaltung der Salzpfannen) sowie einem großen Siede- und einem Lagerhaus. Die Salinenstraße erinnert mit ihrem Namen noch heute an dieses Bauwerk.
Die Gebrüder Geiß (Christoph war in der Zwischenzeit verstorben) zogen sich bereits 1617 aus dem Salzgeschäft zurück und überließen Jean du Fay ihre Anteile. Die Brüder errichteten mit dem Erlös 1618 eine Getreidemühle im Beidenauer Grund zwischen Schneidhain und Hornau, die als Rote Mühle bekannt wurde und deren Nachfolgebau noch heute als Landgasthof betrieben wird
Familiengeschichten …
Im Jahr 1617 verstarb Jean du Fay. Seine Erben waren sein Sohn Noe du Fay und seine Tochter Maria, verheiratete de Malapert. 1620 starb auch Noe du Fay, so dass Maria de Malapert bzw. ihr Mann Salinenbesitzer wurden. 1652 starb auch sie – gemäß Testament erbte ihr Sohn David de Malapert die Saline, da er seine Mutter schon bei der Verwaltung des Salzwerks unterstützt hatte. David war ein guter Geschäftsmann. Außer der Saline führte er auch den Seidenhandel der Familie. Seine Tochter Maria heiratete den Frankfurter Stadtarzt Peter de Spina und erbte dann im Jahr 1689 gemeinsam mit ihrem Sohn Peter die Saline.
Die Zerstörung des Altwerks
In der Nacht vom 26. auf den 27. Februar 1714 fegte ein schwerer Sturm, verbunden mit einem Erdbeben, über Soden hinweg. Er zerstörte die vier quer zum Tal stehenden Gradierbauten des Altwerks und beschädigte weitere knapp 100 Meter des Bauwerkes, es folgte ein recht kostspieliger Wiederaufbau.
Kampf um Wasserrechte
Mit dem Bau des Neuwerks Anfang des 17. Jahrhunderts waren drei Stauweiher im Verlauf des Niedersdorfbach angelegt worden. Deren Wasser trieb zwei Wasserräder an, die bei den Salzbrunnen VI und VII auf dem Salinengelände standen – diese bewegten Pumpen, die dann die Sole auf die Gradierbauten hinaufhoben. Um auch in trockenen Sommern genug Wasser für die Wasserräder zu haben, wurde zusätzlich der Ablauf eines im Altenhainer Tal gelegenen Weihers durch ein Wehr begrenzt und dessen Wasser in einem Kanal und einem Graben zum Altwerk geleitet. Dieses Wehr wurde im späteren Verlauf von den Bauern und Bürgern zerstört. Als auch der Wiederaufbau nachhaltig behindert wurde, kamen im Mai 1752 Soldaten nach Soden, die die Wiederaufbauarbeiten schützen sollten. Die Rädelsführer der als „Sodener Rebellion“ bekannt gewordenen Zerstörungsaktion wurden verhaftet und die Sodener Gemeinde musste für die einquartierten Soldaten zahlen, was damals viele an den Rand des Ruins brachte.
Der Sodener Salzstreit
Nach dem Tod seines Großvaters erbte Friedrich Wilhelm 1773 die Saline und übernahm, wie gewünscht, den Nachnamen „von Malapert genannt von Neufville“. Er sollte der letzte Besitzer der Saline sein.
Die Einheimischen führten zu der Zeit immer mehr Salz aus Bad Nauheim ein, da es billiger war als das Salz aus der Sodener Saline. Man bedenke, dass sie allein für Schlachtungen viel Salz zur Konservierung des Fleisches brauchten. Kurmainz, dem der Salzzehnt zustand, unterband daraufhin die Einfuhr von fremdem Salz nach Soden. Allerdings hielten sich die Einwohner nicht unbedingt an das Verbot, so dass sich wohl zuweilen wilde „Jagdszenen“ der ertappten Sünder auf den Straßen abspielten.
Der Niedergang der Saline
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden die Grenzen des deutschen Reiches neu geordnet. Dies hatte für die Region erhebliche Auswirkungen und die Sodener Saline geriet in wirtschaftliche Schwierigkeiten, denn im Großherzogtum Frankfurt wurde verfügt, dass dort nur noch Salz aus der Saline in Bad Orb angeboten werden durfte. In Nassau hingegen galt ab 1807 die napoleonische Salzregie, der zufolge das Herzogtum Salz aus französischer Produktion einführen musste – somit brachen der Sodener Saline ihre Absatzmärkte weg. Ein anschließender Versuch zum Verkauf der Saline scheiterte. Mit dem Baubeginn der Königsteiner Straße im Jahr 1817 verkaufte der letzte Salinenbesitzer schließlich die Gradierbauten des Altwerks, da die Straßenführung durch einen Teil des Salinengeländes verlief.
Damit ging die über 200-jährige Salinengeschichte Sodens zu Ende und die Namen von Malapert, de Spina oder Neufville verschwanden aus der Ortsgeschichte. In einer Familienchronik von 1834/35 kam der Sohn des letzten Salinenbesitzers zu dem Schluss, „… dass jetzt auch nicht die mindeste Spur dieser sonst so schönen Besitzung vorhanden ist, welche von 1607 bis 1831, also in einem Zeitraum von 224 Jahren, in der Familie war“.
Das Holz der Gradierbauten, vom Salzwasser bestens konserviert, wurde nach dem Rückbau für verschiedene Bauten verwendet, darunter eine Mühle an der Königsteiner Straße (das spätere Hotel Deutscher Hof) in Höhe des heutigen Yoro-Cho-Kreisels oder das Batzenhaus in Neuenhain, der Vorgängerbau des heutigen Batzenhauses. (Quelle: Stadtmuseum Bad Soden/ Dr. Christiane Schalles)
Das Neuwerk bestand aus U-förmigen Gradierbauten, zwei Wohnhäusern, einer Schmiede (zur Instandhaltung der Salzpfannen) sowie einem großen Siede- und einem Lagerhaus. Die Salinenstraße erinnert mit ihrem Namen noch heute an dieses Bauwerk. Fotos: Scholl