Kandidaten reden Klartext auf der Bühne

Eschborn (MS). Deutliche Unterschiede wurden am vergangenen Sonntag zwischen den drei Bürgermeisterkandidaten Adnan Shaikh (CDU), Eva Sauter (SPD) und Thomas Spriegel deutlich. Bei der Podiumsdiskussion der „Eschborner Woche“ im Bürgerzentrum von Niederhöchstadt trafen die drei zum einzigen Mal im Wahlkampf direkt aufeinander.

Das wollten sich rund 400 Eschbornerinnen und Eschborner nicht entgehen lassen. Mit Hilfe von farbigen Stimmkarten waren sie zum Teil auch aktiv an der Veranstaltung beteiligt. Auf der Bühne des fast vollbesetzten Bürgerzentrums schenkten sich die drei Kandidaten nichts. Der Ton war aber stets höflich und sachorientiert.

Zunächst stellte Moderator Mathias Schlosser die Kandidatin und die Kandidaten in kurzen Interviews vor. So erfuhren die Zuhörerinnen und Zuhörer zum Beispiel, dass Adnan Shaikh in der Regel bereits um 4 Uhr aufsteht, dass Eva Sauter eine Tierhaarallergie hat und dass Thomas Spriegel einen Jaguar fährt, wenn auch nur einen kleinen, wie er betonte.

Inhaltlich ging es bei der rund zweistündigen Diskussion um vier Schwerpunktthemen: den Rathaus-Neubau, die städtischen Finanzen, den Wohnungsbau und die Sicherheitslage in der Stadt. Beim Thema Sicherheit gerieten Adnan Shaikh und Thomas Spriegel aneinander. Der Bürgermeister warf seinem Herausforderer vor, mit den Ängsten der Menschen zu spielen, wenn er immer wieder aus der nachweislich fehlerhaften Kriminalstatistik von 2024 zitiere. Wie berichtet schneidet Eschborn darin auf dem Papier schlecht ab. Das liegt aber vor allem an einer statistischen Bereinigung des Polizeipräsidiums. Laut Polizei ist die tatsächliche Zahl der Straftaten in Eschborn zwischen 2023 und 2024 zurückgegangen. Thomas Spriegel ließ das indes nicht gelten und erklärte, dass auch jenseits statistischer Bereinigungen mehr Straftaten als vor sechs Jahren zu verzeichnen seien. Eva Sauter mahnte, das Thema Sicherheit nicht „aufzubauschen“.

Ähnlich kontrovers diskutiert wurde die Finanzlage der Stadt. Vor allem die Behauptung von Thomas Spriegel, dass das Vermögen der Stadt Eschborn 2029/30 den „Nullpunkt“ erreichen wird, stieß auf den Widerspruch der anderen beiden. Adnan Shaikh erläuterte, dass die Stadt Eschborn mehr als 200 Millionen Euro liquide Mittel hat und im vergangenen Jahr einen Überschuss von mehr als 30 Millionen Euro erwirtschaftet hat. Auch Eva Sauter hielt die düstere Prognose von Thomas Spriegel für nicht zutreffend. Sie fordert aber, dass dringend mehr „Haushaltsklarheit“ geschaffen werden muss. Derzeit würden nur rund 15 Prozent der beschlossenen Projekte tatsächlich umgesetzt. Daher müsse der Haushalt „entschlackt“ werden.

Beim Thema Finanzen waren auch die 35 Millionen Euro unumgänglich, die in der Verantwortung von Adnan Shaikh bei Festgeldanlagen bei der mittlerweile insolventen Greensill-Bank verloren gegangen sind. Der Bürgermeister sprach immer wieder von einem „potenziellen Verlust“, obwohl das Geld haushaltstechnisch längst abgeschrieben ist, und verwies auf mögliche Rückzahlungen aus dem Insolvenzverfahren gegen die Greensill-Bank. Thomas Spriegel hielt es dagegen für abwegig, dass noch ein nennenswerter Teil des verlorenen Geldes zurückkommen wird.

Neue Ideen beim Wohnungsbau forderte Eva Sauter und brachte neben städtischen Initiativen auch die Gründung von Genossenschaften zum Bau neuen, bezahlbaren Wohnraums ins Spiel. Auch Thomas Spriegel kann sich Kooperationen zwischen der Privatwirtschaft und der Stadt vorstellen. Adnan Shaikh verwies vor allem auf die laufenden Projekte und erklärte, dass während seiner Amtszeit mehr Wohnungen als früher gebaut worden seien.

Uneins waren sich die Kandidatin und die Kandidaten auch beim Großprojekt des Neubaus von Stadthalle, Bücherei und Rathaus. Thomas Spriegel rechnet damit, dass das Ganze am Ende 200 Millionen Euro kosten wird und erklärte, dass dieser Betrag für ein Rathaus einer Kleinstadt viel zu hoch sei. Auch Eva Sautert forderte, dass das Konzept noch einmal überprüft werden muss. Sie will vor allem erreichen, dass die neuen Gebäude so flexibel errichtet werden, dass sie in Zukunft unter Umständen auch anders genutzt werden können. Außerdem könne man darüber nachdenken, beim Rathaus auf ein Stockwerk zu verzichten.

Genau das geht nach Ansicht von Adnan Shaikh nicht. Wenn die Stadt so gravierende Änderungen an den bisherigen Planungen vornehme, müsse man im Grunde noch einmal neu anfangen, was das Projekt um Jahre zurückwerfe.

Für die Diskussion hatten auch die Leserinnen und Leser zahlreiche Fragen eingereicht. Die häufigste war die nach der Unabhängigkeit von Thomas Spriegel, der für die FDP im Magistrat sitzt und stellvertretender Kreisvorsitzender der Liberalen ist. Thomas Spriegel erläuterte dazu, dass er sich von seiner Partei haben bestätigen lassen, dass er im Bürgermeisterwahlkampf unabhängig von ihr agieren darf und er tatsächlich nicht Kandidat der FDP sei, was vom Publikum allerdings offenbar nicht wirklich geglaubt wurde.

Moderator Mathias Schlosser war am Ende mit dem Verlauf der Podiumsdiskussion zufrieden: „Ich glaube es ist deutlich geworden, wer für was steht und welche Persönlichkeiten die Kandidaten haben.“ Die Zuhörerinnen und Zuhörer sahen es offensichtlich genauso, denn die Frage, ob die Podiumsdiskussion einen Erkenntnisgewinn für die Wahlentscheidung gebracht hat, beantworteten fast alle mit ihren Stimmkarten mit „Ja“. Wer bei der Diskussion am Sonntag im Bürgerzentrum nicht dabei sein konnte, kann sich das Eschborner „Triell“ noch einmal auf der Videoplattform „YouTube“ anschauen, entweder über den Link https://youtube.de, Suchwort „Podiumsdiskussion zur Bürgermeisterwahl Eschborn“ oder durch Scannen des QR-Codes.

Rund zwei Stunden lang diskutierte Moderator Mathias Schlosser (stehend) mit Adnan Shaikh, Eva Sauter und Thomas Spriegel (von links). Das Publikum konnte sich im vollbesetzten Bürgerzentrum in Niederhöchstadt mit Stimmkarten an der Debatte beteiligen. Foto: te

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