Friedrichsdorf (fch). Burgholzhausen hat einen neuen Einwohner. Viele haben ihn noch nicht gesehen, denn er ist in der Dämmerung und nachts unterwegs. Aus zuverlässigen Quellen ist bekannt, dass er ein hervorragender Handwerker, Ingenieur und Baumeister ist. Zudem ist er Vegetarier, liebt das Wasser, ist ein professioneller Schwimmer und Taucher.
Wer das sein könnte? Nun, durch Zufall entdeckt hat ihn Frank Leun aus Burgholzhausen. Der Fotograf, Naturliebhaber und Jäger war auf der Pirsch. Mit seiner Kamera samt Teleobjektiv stand er am frühen Morgen gut getarnt im Gebüsch am Ufer des Wehrwiesenteichs. „Ich wollte den bunt schillernden Eisvogel fotografieren. Er lebt, jagt und brütet in den Wehrwiesen“, berichtet Leun. Doch anstelle des typischen Eisvogelrufs hörte er plötzlich ein leises Plätschern. Dann sah er ein Tier mit struppigem Fell durch den Teich schwimmen. „Erst dachte ich, dass es ein Nutria ist, der dort schwimmt.“ Gespannt beobachtete er den frühen Schwimmer weiter durch sein Objektiv. Als dieser auf der gegenüberliegenden Seite ans Ufer stieg, glaubte der passionierte Wildtier-Hobbyfotograf seinen Augen nicht. „Als er aus dem Wasser ging, konnte ich deutlich seinen beschuppten, abgeplatteten, rund 40 Zentimeter langen Schwanz der ‚Kelle‘ genannt wird, sehen. Eindeutig ein Europäischer Biber (Castor fiber).“ Und damit eine kleine Sensation. Da dieser nach Kenntnis des aufmerksamen Beobachters noch nie in Burgholzhausen gesichtet wurde. „Er ist wohl vom Main über die Nidda in den Erlenbach geschwommen. Und der ist an den Teich angeschlossen“, vermutet der vom neuen „Bürger“ faszinierte Entdecker. Er will ihn weiter morgens und abends beobachten, fotografieren und filmen.
Mehr als 150 Jahre lang galt der Biber in Deutschland als ausgestorben. Er wurde intensiv wegen seines begehrten dichten Fells und essbaren Fleischs bejagt. Heute unterliegt er in Europa dem besonderen Schutz durch die FFH-Richtlinie. Das bedeutet, dass er in Deutschland nicht dem Jagdrecht nach dem Bundesjagdgesetz unterliegt.
Biber erobert Lebensraum zurück
Inzwischen erobert sich das im Wasser und an Land lebende Säugetier, er lebt in fließenden und stehenden Gewässern und deren Uferbereichen seinen Lebensraum zurück. „Wo Biber leben, gibt es mehr Artenvielfalt und Hochwasserschutz.“ Biber bevorzugen Kräuter, Sträucher, Wasserpflanzen und Laubbäume wie Espen, Erlen und Pappeln als Nahrung. Sie verzehren Zweige, Astrinden und Blätter, mögen aber auch Gräser und Schilf. Mit einer Körpergröße von bis zu 130 Zentimetern und bis zu 30 Kilogramm Gewicht ist er das größte europäische Nagetier. Ob es sich beim Burgholzhäuser Exemplar um ein Bibermännchen oder -weibchen handelt, kann Frank Leun nicht sagen. Aber seinem Ruf als fleißiger Baumeister wurde das intelligente Tier bereits gerecht. Hat er doch begonnen, sich an einem Ufer eine Behausung, genannt Burg, aus Ästen und Stämmen zu bauen und diese mit Schlamm und Pflanzenteilen abzudichten. Der Eingang liegt stets unter der Wasseroberfläche. Den Wasserstand reguliert der Biber mit dem Bau von Burgen und Dämmen, damit der Eingang zur Behausung immer unter Wasser bleibt. Der Biber ist hervorragend an das Leben im Wasser angepasst mit seiner torpedoförmigen Körperform, Schwimmhäuten an den Hinterfüßen, seinem extrem dichten und wasserabweisendem Fell, das er mit einer speziellen Putzkralle immer gut durchgekämmt, seinem als Steuer, Antriebsruder, Fettspeicher und Wärmeregulator angepassten Schwanz und hoch am Kopf liegender Nase. Bäume und Äste bearbeitet er mit seinen messerscharfen Zähnen.
Jetzt liegt es an den Burgholzhäusern ihren neuen Einwohner willkommen zu heißen, indem sie Rücksicht nehmen. Mit Stöcken wild um sich schlagende und auf alles einhauende Kinder sind da wenig förderlich. Sie sollten behutsam und rücksichtsvoll mit der Natur sowie ihren geschützten Bewohnern umgehen.
!Fotos vom neuen Einwohner sind auf Frank Leuns Instagram Account leun_naturfotos sowie am Schaukasten an seinem Hoftor, Alt-Burgholzhausen 48, zu sehen, wo er jeden Sonntag ein neues Bild zum Thema „Wildes Burgholzhausen“ zeigt.