Berufen zur Jugendarbeit – und das seit über 30 Jahren

Die Mitarbeiterin des Jugendbüros Friedrichsdorf, Claudia Schünemann, ist offen für die Belange junger Menschen.Foto: rosa

Friedrichsdorf (rosa). Claudia Schünemann versteht etwas von ihrem Job. Und sie nimmt ihn sehr ernst. Ebenso wie die Menschen, mit denen sie in ihrem Beruf umgeht: die Jugendlichen. Schünemann ist Jugendpflegerin und als solche seit 1990 beschäftigt im Jugendbüro der Stadt. Die 59-Jährige glaubt, dass vielen Erwachsenen oder Menschen der älteren Generation die Erinnerung an die eigene Kindheit und Jugend nicht mehr so präsent sei und dass deshalb oft nicht nachvollzogen werde, was junge Leute so treiben, sich wünschen, oder ablehnen. Das erinnert an ein Zitat aus dem Buch „Der kleine Prinz“ von Antoine de Saint-Exupéry: „Alle großen Leute sind einmal Kinder gewesen, aber wenige erinnern sich daran.“ Die Mitarbeiterin des Jugendbüros und Diplom-Sozialpädagogin kann das allerdings schon. Sie kann sich gut in die Ideen, Gedanken, Sorgen und Nöte ihrer Zielgruppe hineinversetzen. Jugendliche müssten ernst genommen werden, und ihnen solle vertraut werden, meint sie. Deshalb bezeichnet sie ihren Beruf als einen im Wortsinne. Für die in Oberursel lebende Powerfrau ist Berufung, was sie tut. Für die jungen Leute ist es sicher ein Gewinn, dass jemand sich wirklich mit der Situation ihrer Generation auseinandersetzt. Und nicht nur für die. Es dürfte für ganz Friedrichsdorf und viele dort lebende Familien von Vorteil sein.

Wandel ist das Prinzip

Seit über 30 Jahren begegnet Schünemann den Plänen und Lebensentwürfen junger Menschen neugierig: „Es gibt hohe Anforderungen an meine Flexibilität, an Veränderungen, an Trends.“ Wandel sei das Prinzip. Da geht die jung gebliebene Idealistin mit. Ihr Traum sei es gewesen, ein Haus für Jugendliche im Sportpark zu bauen, erzählt sie, eines das verschiedenen Nutzungsansprüchen gerecht werden sollte: „Als Treffpunkt, als Veranstaltungsort, für Freistunden, Betreuung während und nach der Schule, Hausaufgabenbetreuung und vieles mehr, ein Haus eben für alle von elf bis 27 Jahren.“ Sie wünsche sich außerdem einen Grillplatz für ihre Schützlinge, aber auch Plätze in Ortskernen. Nun gibt es den Plan, im Gebäude des ehemaligen Kings College in der Hugenottenstraße 119 gemeinsam mit dem Verein zur Förderung der Integration Behinderter Taunus (VzF) einen Jugendtreff einzurichten. Darüber freut sich Schünemann, genauso wie über die Zusammenarbeit mit dem VzF.

In den 80er Jahren habe es vier dezentrale Jugendtreffs bis etwa in die 2000er Jahre gegeben, berichtet sie. „Aktuell gibt es keinen, 2019 wurde der letzte geschlossen.“ Schünemann und ihr Team mussten sich etwas ausdenken. Wo und wie konnten die jungen Menschen abgeholt werden? „Offene Jugendarbeit“ war die Antwort und die Idee der „Friedzbox“ geboren. „Ein Gefährt, mit dem wir an verschiedenen Orten zu unterschiedlichen Zeiten Angebote für Jugendliche machen. Eine niederschwellige Kontaktmöglichkeit in jedem Ortsteil. Die Idee finden mittlerweile auch andere Städte im Kreis interessant. Jugendarbeit hat sich stark verändert.“

Fahrten haben guten Ruf

Konstanten, die nicht nur für sie selbst wichtig seien, gebe es jedoch auch. Fahrten, Bildungsreisen nach Polen, Wochendendausflüge wie etwa Wasserskifahren auf dem Main. „Heute laufen diese Trips meist gut eine Woche, um hinzuhören, Erlebnis, aber auch Ruhe und Gespräch anbieten zu können, Dinge, die es weder in der Schule noch vor dem Rechner gibt. Gruppenfahrten werden kaum noch gemacht, aber in Friedrichsdorf gibt es sie noch, selbst zu Corona-Zeiten. Wir haben vergangenen Sommer eine zustande gebracht, und es ist eine für diesen angedacht. Es gibt schon jetzt Anmeldungen für Borkum in der ersten Sommerferienwoche“. Die Gruppenfahrten des Jugendbüros Friedrichsdorf haben einen guten Ruf.

Auf die Frage, ob es Probleme mit Jugendlichen in Friedrichsdorf gebe, antwortet sie: „Das sehe ich nicht, alles im Rahmen und alles wie es in der Pubertät halt so ist. Ausprobieren, Grenzüberschreitung, sich erfinden. Schräg läuft da immer mal was.“ Jedoch finde sie den Großteil der Jugendlichen in Friedrichsdorf sehr diszipliniert. Dabei strotze die Lebenssituation Jugendlicher vor Verregelungen und oft werde ihnen nicht genug Verantwortung zugetraut. „Die können das aber“, ist sich die Jugendpflegerin sicher.

Claudia Schünemann weiß, was es braucht, um mit Jugendlichen umzugehen und zurechtzukommen. Sie besitzt Empathie, hat die Gabe, sich in junge Menschen hineinzufühlen und interessiert sich unvoreingenommen für deren Bedürfnisse, aber auch für ihre Ängste.

Sie selbst hatte eine angenehme Jugend. Immer unterwegs sei sie gewesen, viel draußen, sagt sie, im Jugendcafé, im Wald in Oberursel, das sie ihren kleinen Sehnsuchtsort nennt.

Entspannung findet die Pädagogin inzwischen beim Griechisch lernen, bei Radtouren und beim privaten „Urban Gardening“ auf der Dachterrasse. Für sich selbst hofft sie auch in der Zukunft geistig und körperlich beweglich zu bleiben, für ihre Schützlinge hofft sie auf Chancen, Teilhabe und Offenheit ihnen gegenüber.



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