Für kurze Zeit Einblick in den Tempel der Mormonen erlaubt

Abendstimmung vor dem Tempel. Fotos: Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage

Friedrichsdorf (fch). Die 1687 von französischen Glaubensflüchtlingen gegründete Stadt Friedrichsdorf ist ein Symbol für gelebte Toleranz, Religionsfreiheit und dafür, Menschen in Not Schutz zu gewähren. Die Hugenotten kamen einst auf Einladung des Landgrafen Friedrich II. von Hessen-Homburg in den heutigen Hochtaunuskreis. Der Landesherr stattete sie mit zahlreichen Privilegien wie die Beibehaltung ihrer Sprache, Religion und Steuerfreiheit auf zehn Jahre aus. Die Flüchtlinge sollten mit ihren Handwerkskünsten der landwirtschaftlich geprägten Region zu neuen wirtschaftlichen Impulsen verhelfen. Wie ein Blick in die Stadtgeschichte zeigt, hatte der Landgraf das richtige Gespür. Das Bild der Hugenottenstraße wird durch die von 1834 bis 1837 nach Plänen des Frankfurter Architekten Rudolf Burnitz erbaute Kirche geprägt. Sie ersetzte die ursprüngliche, kleinere französisch-reformierte Kirche, die als „temple“ bezeichnet wurde.

Seit August 1987 gibt es in Friedrichsdorf einen neuen Tempel. Es ist der „Frankfurt-Tempel“ der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Gegründet wurde die christliche Glaubensgemeinschaft am 6. April 1830 in Fayette im Bundesstaat New York von Joseph Smith und sechs weiteren Bürgern. Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage unterscheidet sich von anderen christlichen Kirchen unter anderem dadurch, dass in ihr Zwölf Apostel wie in der Urkirche wirkten.

Errichtet haben den Frankfurt-Tempel, die auch als Mormonen bekannten Gläubigen, auf dem 22 739 Quadratmeter großen Areal der ehemaligen Nudelfabrik Haller. Das zuletzt 1987 über drei Tage (28. bis 30. August 1987) geweihte Gebäude besticht durch eine strenge, moderne Architektur. Bereits von weitem sichtbar ist eine vor dem Tempel stehende 25 Meter hohe Säule. Auf ihrer Spitze steht die vergoldete Figur des Propheten Moroni, der mit einer Posaune die Menschen aufruft, Christus zu folgen.

„Christus steht im Mittelpunkt unserer Religion. Der Tempel ist das Haus des Herrn“, informieren die Gemeindemitglieder. Seit der Weihung, des über eine Grundfläche von 3056 Quadratmeter verfügenden Tempels vor 32 Jahren, war der Zutritt in den Tempel nur Mormonen möglich. Im Gegensatz dazu ist der Park, der Außenbereich und der Parkplatz für Besucher zugänglich. Seit Freitag, 13. September, haben alle Bürger Gelegenheit sich auch wieder den mit Bethel White-Granit verkleideten und einem Kupferdach versehenen Frankfurt-Tempel im Rahmen der Tage der offenen Tür anzusehen. Und zwar bei bis zum 28. September angebotenen Führungen an Werktagen von jeweils zehn bis 21 Uhr, ausgenommen sonntags. Grund dafür sind die in 2015 begonnenen und inzwischen abgeschlossenen Vergrößerungen des Gebäudes mit einhergehenden Umbauarbeiten und Renovierungen.

Der Frankfurt-Tempel wurde im Innern komplett neu aufgebaut, der Vorplatz geöffnet und mit Plätzen zum Verweilen möbliert“, informierten Gemeindemitglieder. Neu im Tempel ist ein unterirdisch angelegter Taufbereich.

Zwölf Rinder, zwölf Stämme

Das Taufbecken aus weißem Marmor ruht auf dem Rücken von zwölf Rindern, welche die zwölf Stämme Israels symbolisieren. Vorherrschende Farbe im Tempel ist Weiß, Farbe bringen mit künstlerischen Darstellungen versehene Buntglasfenster, Bilder und Teppiche. Bei den Führungen können Besucher einen Blick in die Zimmer des Tempels wie Brautzimmer, Siegelungsräume, in denen die Eheschließung für die Ewigkeit stattfinden, dem die Ruhe und Schönheit des Himmels widerspiegelnden Celestialen Saal, Unterweisungsräume, Warte- und Umkleideräume werfen und das Gemeindehaus besichtigen. Fragen zum Frankfurt-Tempel in Friedrichsdorf, dem nach Freiberg in Sachsen zweiten Tempel der Mormonen in Deutschland, zu Geschichte, Organisation, humanitäre Dienstprojekte und Inhalt ihres Glaubens beantworten die Führer. Die komplett durch Laien organisierte Kirche hat in Friedrichsdorf 300, im Rhein-Main-Gebiet 6000 und in Deutschland 40 000 Mitglieder in 152 Gemeinden. Ende 2018 hatte die Kirche, die durch die „Abgabe des Zehnten“ ihrer Gläubigen (zehn Prozent des Einkommens/Vermögens des Kirchenmitglieds) finanziert wird, weltweit 16,3 Millionen Mitglieder. Nach den Tagen der offenen Tür findet am 20. Oktober 2019 die erneute Weihung des Frankfurt-Tempels, in der Taunusstraße 10 in Friedrichsdorf, statt. Danach ist der Zutritt in den Tempel erneut nur Mormonen gestattet.

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