Friedrichsdorf. Durch die Innenstadt Burgholzhausens zogen zahlreiche bunte Laternen in der Form von etwa „Jedimeister Yoda“ oder „Pokémon Pikachu“. Es war wieder Zeit, den Heiligen St. Martin und das Teilen seines Mantels mit einem Bettler zu zelebrieren.
Eine dichte Menschenmenge quetschte sich in Burgholzhausen durch die Straßen und versammelte sich vor der evangelischen Kirchengemeinde. Vor allem viele junge Familien mit ihren Kindern hatten sich warm eingepackt. Laternen sowie Rucksäcke geschultert, um dieser besonderen Veranstaltung beiwohnen zu können. Doch so voll es vor der Kirche war, auch innendrin war es nicht ruhiger. Selbst die Sitzbänke im oberen Stock wurden dicht besetzt, so dass sich einige Gäste auf die Treppenstufen setzen mussten.
Gefeiert wurde St. Martin, der römische Soldat, der im vierten Jahrhundert an einem armen Bettler vorbeiritt. Doch anstatt ihn an dem kalten Wintertag frieren zu lassen, hielt er an und zog sein Schwert. Er nahm seinen Mantel, schnitt ihn in der Hälfte durch und schenkte einen Teil dem Bettler. In der Nacht desselben Tags erschien ihm der Bettler in seinem Traum und gab sich als Jesus Christus zu erkennen.
Pfarrerin Gundula Guist eröffnete den Gottesdienst und forderte zunächst die Gäste zu einem gemeinsamen Gebet auf. Im Anschluss sang sie „Durch die Straßen auf und nieder“, wobei die vielen Kinderstimmen auffielen, die fröhlich mitsangen. Sie standen an diesem Tag auch im Mittelpunkt und spielten die Geschichte St. Martins nach: „Als es noch keine Heizungen, keine Autos und keinen Strom gab. Aber es gab Menschen. Und manche Menschen hatten viel, und manche hatten wenig“, leitete Guist die Geschichte ein.
Moment der barmherzigen Geste
Dann begann das Stück der Kinder. Mit selbstgebastelten Papierhäusern und -bäumen traten sie vor den Altar und spielten vor der ganzen Kirche die Szene nach, in der St. Martin mit seinem Pferd zum Bettler kam und ihm einen Teil seines Mantels schenkte. Massenweise Handykameras flogen in die Luft und nahmen den Moment der barmherzigen Geste auf. Abgeschlossen wurde der Gottesdienst mit dem Lied „Ich gehe mit meiner Laterne“ – bei dem die Kinder erneut lautstark mitsangen, ihre Laternen bereits hochhielten und sich auf den Umzug freuten – und einem Segen. Draußen wartete eine deutlich größere Menge auf die Besucher des Gottesdienstes. Mit dabei war ein kleines Blasorchester, die Feuerwehr und natürlich St. Martin auf seinem Pferd. Gemeinsam bewegte sich die Menge durch die Straßen Burgholzhausens, die nun ganz schmal wurden. Der einzige Nachteil der großen Teilnehmeranzahl war, dass das Orchester, welches am Ende mitlief, vorne nicht mehr zu hören war: „Gut, dass wir nach vorne gegangen sind und jetzt nicht mehr die Musik hören“, sagte eine Martinszugteilnehmerin etwas ironisch schmunzelnd zu ihrem Mann. Dafür wurden aber immer wieder kleine Laufpausen eingelegt, bei denen die Spitze des Zuges ihre Lieder sang.
Dazwischen liefen viele Familien, die im hellen Schein gut zu sehen waren: Nicht nur die Lichterketten um die Kinderwägen leuchteten durch den Nebel, sondern vor allem strahlten die selbstgebastelten Laternen der Kinder. Wer genauer hinsah, erkannte etwa ein „Pikachu“, einen Kürbis, „Jedimeister Yoda“ oder einen Geist über den Boden schweben. Stolz hielten die Kinder ihre Bastelein vor sich und liefen mit ihren Eltern hinter St. Martin zur Heillig Kreuz Gemeinde, wo auf sie Kinderpunsch und Weckmänner warteten. Dazu gab es Bratwürstchen und ein traditionelles Martinsfeuer.