Glashütten stellt sich seiner Geschichte: Buch zum Wirken von Dr. Manfred Roeder vorgestellt

Glashütten (kw) – Am Montag, den 16. Oktober, fand im Bürgerhaus Glashütten eine Pressekonferenz zur Vorstellung des Buches „Vom Generalrichter im Dritten Reich zum Ersten Beigeordneten in der Gemeinde Glashütten/Ts.“ statt. Wie die gesamte Bundesrepublik Deutschland, andere Städte und Gemeinden und auch zivilgesellschaftliche Organisationen sieht sich die Gemeinde Glashütten mit Phasen und Zeiten konfrontiert, mit denen sie sich auseinandersetzen muss. Das gilt vor allem für die NS-Zeit und im weiteren zeitlichen Verlauf für den Umgang mit ihr, als „Last der Vergangenheit“. Das gilt auch für Traditionslinien und deren Wirkung sowie die Rollen und Aktivitäten ehemaliger Täter. In Glashütten lebte von 1963 bis 1971 Dr. jur. Manfred Roeder, „Generalrichter“ der Luftwaffenjustiz und ranghoher überzeugter Nationalsozialist, der im „Dritten Reich“ Karriere gemacht hatte. Roeder war Ankläger beim Reichskriegsgericht, gehörte als „Blutrichter“ zur Funktionselite der NS-Diktatur und war u.a. für zahlreiche Todesurteile gegen Mitglieder der sogenannten „Roten Kapelle“ verantwortlich. Er wird wiederholt als kalt, brutal, sadistisch und hemmungslos beschrieben. Bis weit in die 1950er Jahre war er in die rechtsextreme Szene eingebunden. Roeder war in Glashütten von 1964 bis 1971 zunächst zweiter, später Erster Beigeordneter im Gemeindevorstand und hat die kommunale Politik in dem Zeitraum mitgestaltet und beeinflusst. Lange Zeit gab es kein Interesse am Werdegang von Roeder – erst in den letzten Jahren wurde immer mehr seriöses Wissen angeboten und Details zu seinem Werdegang und seinem Wirken bekannt. Hinzuweisen wäre auf Berichte in den Medien und auf den Film von Christian Weisenborn „Die guten Feinde: „Mein Vater, die Rote Kapelle und ich“. Darüber hinaus waren es vor allem die informativ aufklärenden Beiträge in den Jahrbüchern des Hochtaunuskreises und die Aktivitäten der Arbeitsgemeinschaft „SOG Glasklar“, die zur öffentlichen Diskussion beigetragen und auch zu Kontroversen geführt haben. Vor diesem Hintergrund hat der Gemeindevorstand beschlossen, eine umfassende wissenschaftliche Untersuchung zum Wirken und Fortwirken von Roeder in Auftrag zu geben und dabei vor allem seine Zeit in Glashütten in den Blick zu nehmen. Die wissenschaftliche Aufarbeitung sollte fakten- und quellenbasiert, mit einer historisch eingeordneten und einer informativ-aufklärenden Perspektive verbunden sein. Über das Demokratiezentrum an der Philipps-Universität Marburg konnte die Gemeinde Prof. Dr. Benno Hafeneger für diese Studie gewinnen.

Die nun vorliegenden Befunde geben mit ihrer Materialfülle wissenschaftliche Gewissheit – sie zeigen den politischen Werdegang von Roeder, sein Denken und Wirken als Täter im „Dritten Reich“ und beschreiben seine unterschiedlichen Aktivitäten in den Folgejahren bis 1971.

Gleichzeitig wird auch auf Fragen und „weiße Flecken“ verwiesen, die heute nicht mehr aufgeklärt und beantwortet werden können.

Bürgermeister Ciesielski führte weiter aus: „Wir wollen mit der Studie diese Phase unserer Vergangenheit, der man nicht ledig werden kann, sichtbar machen und hoffen, dass sie von vielen Bürgerinnen und Bürgern gelesen wird.“

Bürgermeister Ciesielski dankte Prof. Dr. Hafeneger und seinem Team für die unabhängige und wissenschaftliche Aufarbeitung dieses schwierigen Themas. Sie klärten den Hintergrund zum Wirken des Generalrichters a.D. Dr. Manfred Roeder in Glashütten vollumfänglich auf.



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