Kommunalpolitisches Thema: Veränderungssperre für ein Grundstück im Gagernring

Das ehemalige Feuerwehrhaus in Münster, das Kelkheimer Museum – zwei kommunalpolitische Baustellen, mit denen die Stadtverordneten noch sehr viel Arbeit und wenig Freude haben werden. Jetzt kommt eine weitere hinzu: Weil das Richter-Gymnasium mehr Platz benötigt und baulich vergrößert werden soll, wurde für das Grundstück Gagernring 5 durch den Magistrat eine Veränderungssperre beschlossen. Das bedeutet grob formuliert: Ohne die Absegnung durch einen neuen Bebauungsplan kann der Grundstücksbesitzer das Grundsück nicht mehr verändern, so wie er es möchte. Betroffen davon ist das Ehepaar Möller mit der Hans Möller & Sohn GmbH, das dieses Gebäude, in dem sich jetzt „Ladies-First“ befindet, wohl durch Wohnungen ersetzen wollte. Die FDP, Michael Trawitzki, formulierte: „Hier sollen die Stadtverordneten nun über die Interessen zweier Privatunternehmungen als ‚Richter‘ fungieren.“

Der Grund für die Misere ist: Das Richter-Gymnasium platzt aus allen Nähten, es hat um die 650 Schüler, eine Schülerzahl, die sich in den Jahren kaum veränderte. Dazu kommen die 60 Lehrkräfte. Was sich jedoch verändert, sei – und das geht aus einem Brief des Richter-Gymnasiums an Kelkheims Stadtverordnete hervor – Erweiterungsflächen für die Hausaufgaben-Betreuung, für ein größeres Lehrerzimmer, weil immer mehr Lehrkräfte in Teilzeit arbeiten, ein Bibliothek/Medienzentrum, größere Klassenräume, ausreichende Sozialräume für neue Lern- und Lehrmethoden, ein moderner Musiksaal sowie ein ausreichend großen Schulhof, damit die Oberstufenschüler nicht auf die Straße und Bürgersteige ausweichen müssen.

Das Richter-Gymnasium ist seit vielen Jahren von fehlenden Erweiterungs-Möglichkeiten geplagt. Es hat auch immer wieder Verhandlungen in diese und jene Richtung gegeben, auch mit dem Ehepaar Möller, die aber im Sande verliefen. Damals, so das Richter-Gymnasium, habe man einen Kaufpreis akzeptiert, der über dem Verkaufswert lag.

Das Problem der fehlenden Turnhalle wurde vor nicht allzu langer Zeit durch den Neubau der Sporthalle auf dem Gelände der SG Kelkheim gelöst, für das die Stadt Kelkheim allerdings auch das Grundstück abgab.

Gegen diese Erweiterungsabsichten wehrt sich die Geschäftsleitung Hans Möller & Sohn GmbH als Besitzer gleichfalls mit einem offenen Brief an die Stadtverordneten. Das Ehepaar Möller geht in diesem Brief auf die Geschichte des Unternehmens ein. Standort Gagernring 5 mit einer großen Lagerhalle und LKW-Auslieferung. Da auch dieser Betrieb wuchs, zog die Firma in das Industriegebiet um. Auch hier ging man auf die bisher geführten Gespräche ein.

Es habe dann ein telefonisches Gespräch im Februar mit dem Bürgermeister über die neuerlichen Wünsche der Schule gegeben.

Was dann geschehen ist, bezeichnet Möller als „kalte Enteignung“.

Es bliebe nur noch, das Gebäude zu völlig unwirtschaftlichen Kosten zu sanieren, zu vermieten und zu verkaufen. Durch die massive Wertminderung verringere sich der Preis.

Es gebe für die Schule, die erst vor ein paar Jahren saniert wurde, genügend Alternativen. Aufstockungsmöglichkeiten für neue Räume, unbebaut lägen Künstlerwiese und der Parkplatz Stückes gegenüber oder dicht dabei.

Außerdem besitze die Privatschule ein großes Grundstück oberhalb der Bahnschienen. Dort liege ebenfalls ein städtisches Grundstück und 23.000 Quadratmeter anderen Grundbesitz.

In einem Kommentar schreiben die Möllers: „Wir sind bestürzt, mit welcher Geringschätzung der Bürgermeister die Lebensleistung dreier Generationen über 70 Jahre hinweg mit ihrem mittelständischen Betrieb in Kelkheim betrachtet.“

Die FDP-Fraktion, so formulierte sie, werde dem Beschluss einer Veränderungssperre nicht zustimmen. „Eine Veränderungssperre halten wir nur dort für angebracht, wo die Struktur bestimmter Gebiete, insbesondere von Wohngebieten, erhalten bleiben soll, oder ein öffentliches Interesse dafür besteht, Veränderungen nur für bestimmte Zwecke zuzulassen. Beides ist aus unserer Sicht hier nicht der Fall.“

Es bestehe aber immer noch die Hoffnung auf eine einvernehmliche Lösung. Ins Gespräch gebracht wird ein Grundstückstausch. Und abschließend: „Bei den Mitgliedern der FDP-Fraktion wurde es übrigens mit großem Bedauern zur Kenntnis genommen, dass die Stadtverordneten nun über die Interessen zweier Privatunternehmungen als ‚Richter‘ fungieren sollen.

Die Unabhängigen Kelkheimer Wähler haben, so Doris Salmon, Gespräche geführt mit den Eigentümern des Grundstücks als auch mit der Richterschule. „Das Bedürfnis der Richterschule nach Erweiterungsflächen ist nachvollziehbar und sehr gut verständlich. Dass die Schule daher Interesse an dem Nachbargrundstück hat, ist nur logisch. Gleichwohl sind natürlich auch die Verwertungsinteressen der Grundstückseigentümerin berechtigt. Hier gilt es abzuwägen.“

Und weiter: „Die UKW sieht für die Stärkung des Schulstandortes Kelkheim auf jeden Fall ein besonderes öffentliches Interesse. Und wenn wir als Stadt unsere Rechtsposition nicht gefährden wollen, dann können wir gar nicht anders, als jetzt ein entsprechendes Planänderungsverfahren mit einer Veränderungssperre auf den Weg zu bringen. Da die Eigentümerin des betreffenden Grundstücks den Bauantrag für eine anderweitige Bebauung bereits gestellt hat, können zunächst nur auf diese Weise vollendete Tatsachen verhindert werden. Dies sieht die UKW-Fraktion mehrheitlich genauso wie der Magistrat, der eine entsprechende Vorlage zwischenzeitlich zur Beratung im Fachausschuss eingebracht hat“. Die UKW werde deshalb der Magistratsvorlage zur Aufstellung eines geänderten Bebuungsplans zustimmen.

Von einer „denkbar schweirigen Entscheidung“ spricht die CDU (Dirk Hofmann als Fraktionsvoristzender). „Abzuwägen ist hier zwischen dem berechtigten Interesse der Eheleute Möller, Eingriffe in deren Eigentum abzuwehren, und dem berechtigten Interesse der Richter-Schule auf erweiterte Räumlichkeiten, wie sie zum Erhalt eines modernen Schulstandortes notwendig sind. Für die CDU ist das Privateigentum ein sehr hohes Gut. Einschränkungen jedweder Art haben daher grundsätzlich zu unterbleiben.“ Für die CDU habe es oberste Priorität, dass sich die Parteien an einen Tisch setzen, auch um langwierigen juristischen Auseinandersetzungen aus dem Weg zu gehen. „Die CDU könnte sich mehrere Lösungsvarianten vorstellen. Denkbar wäre natürlich in erster Linie ein Grundstückstausch.“

Und abschließend: „Nur unter der Prämisse, Zeit für eine tragfähige Lösung zu gewinnen, ist die CDU-Fraktion bereit, einer Veränderungssperre - die zeitlich begrenzt ist - zuzustimmen. Wir stellen aber klar, dass damit von unserer Seite kein Präjudiz für einen künftigen Eigentumseingriff verstanden werden darf.“

Von der SPD, Julia Ostrowicki kam die Bemerkung, dass eine einvernehmliche Lösung Priorität habe. „Wir halten es für sinnvoll, dass sich die Schule und die Grundstückseigentümer an einen Tisch setzen und versuchen, eine solche herbeizuführen. Deshalb regen wir ein moderiertes Gespräch, eine Mediation mit einem neutralen, von beiden Seiten akzeptierten Vermittler an. Erst wenn da keine Einigung zustande kommt, gilt es abzuwägen, was ein weiteres Vorgehen sein könnte.“

Von den Freien Wählern kam trotz unserer Anfrage keine Stellungnahme.

(Es könnte hier noch Statement Richtersschule folgen).



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