Petra Wagner, der erste weibliche Chefarzt in den Main-Taunus-Kliniken

Die Medizin in den Main-Taunus-Kliniken wird weiblicher, befand Geschäftsführer Dr. Tobias Kaltenbach – und stellte die erste weibliche Chefärztin der Kliniken vor: Petra Wagner (46). Nach der Pensionierung des bisherigen Chefarztes Dr. Dr. Klaus-Peter Reetzs, übernimmt die bisherige Oberärztin der Geriatrie an den Kliniken diese Abteilung. Eine Abteilung, die aufgrund der wechselnden Altersstruktur der Gesellschaft immer mehr an Bedeutung gewinnt. Petra Wagner, die auf eine Dissertation, also auf den Doktortitel verzichtet hat, und die dafür notwendige Zeit in viele Ausbildungsbereiche gesteckt, die alles in irgendeiner Form mit der Geriatrie, der Alters-Medizin zu tun haben. Denn, so formulierte sie in etwa, in diesem Bereich gebe es viel zu wenig fachlich ausgebildete Ärzte, die allen Facetten in der Geriatrie gerecht werden.

Noch in ihrer Zeit als leitende Oberärztin hat sie in den vergangenen Monaten mit dem Aufbau eines Interdisziplinären Sturz-Zentrums am Krankenhaus Bad Soden begonnen. Ältere Patienten nach einem Sturz oder Unfall werden jetzt mit der Aufnahme im Krankenhaus in der Gesamtheit ihrer oft zahlreichen altersbedingten Einschränkungen interdisziplinär behandelt“, erläuterte Klinikgeschäftsführer Dr. Tobias Kaltenbach das Konzept der neuen Station in Bad Soden. Der Schwerpunkt der Alterstraumatologie erfahre mit dem neuen Sturzzentrum eine hervorragende qualitative Aufwertung, so Kaltenbach.

Für die Ärztin eine weitere Riesenaufgabe. Ihr Lebenslauf ist die Grundlage dafür: Sie war vor ihrem Wechsel an die Main-Taunus-Kliniken als leitende Oberärztin an der Asklepios Paulinen Klinik in Wiesbaden tätig. Nach ihrem Medizinstudium in Erfurt und Leipzig und Auslandsaufenthalten in den USA und in Großbritannien hatte sie im Herz- und Kreislaufzentrum in Rotenburg an der Fulda und als Assistenzärztin am Krankenhaus in Rüsselsheim gearbeitet. Als Fachärztin für Innere Medizin erwarb Petra Wagner die Zusatzbezeichnungen Klinische Geriatrie, Physikalische Therapie und Balneologie, Palliativmedizin und Notfallmedizin. Schwerpunkte ihrer Tätigkeit als langjährige, leitende Oberärztin waren der Aufbau und die Leitung spezieller geriatrischer Einrichtungen wie Tagesklinik, mobile geriatrische Rehabilitation, Sturzstation und Memory-Klinik. Auf der neuen Sturzstation in Bad Soden, die zunächst über 16 Betten verfügt, werden ältere Patienten mit Verletzungen durch einen Sturz nach einem abgestimmten Konzept von Chirurgen und Geriatern gemeinsam behandelt. Neben der operativen Versorgung des Bruchs durch die Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie stehen die Funktionsstörungen des älteren Patienten von Behandlungsbeginn an im Fokus des Interesses eines 26-köpfigen multiprofessionellen geriatrischen Teams aus Ärzten, Pflegekräften, Physio- und Ergotherapeuten sowie Psychologen und Sozialberatern.

„Durch die Etablierung eines geriatrischen Konsildienstes in der Notaufnahme, gemeinsame Visiten auf den chirurgischen Stationen sowie tägliche gemeinsame Visiten bei Problempatienten auf der geriatrischen Station, haben wir begonnen, die unfallchirurgische und geriatrische Behandlung zu vernetzen, um die Versorgung älterer, meist multimorbider Menschen mit sturzbedingten Verletzungen, Mobilitätseinschränkungen und frischen Frakturen zu verbessern“, erläuterte die neue Chefärztin die Arbeit der Sturzstation. Langfristiges Ziel sei es, dass bereits in der Notaufnahme für den hoch betagten Patienten mit einer Fraktur oder Verletzung gemeinsam geklärt werde, wie der weitere Behandlungsweg optimal gestaltet werden kann.

Die für eine interdisziplinäre Behandlung geeigneten Patienten sollen in einem gemeinsamen Abteilungsbereich aufgenommen und hier auf den operativen Eingriff vorbereitet werden, wobei neben den chirurgischen Behandlungspfaden vom ersten Tag an eine geriatrische Mitbetreuung der internistischen Begleiterkrankungen erfolge. Postoperativ verbleibe der Patient auf der gleichen Station, sodass eine Konstanz sowohl in der ärztlichen, pflegerischen und therapeutischen Betreuung ohne Informationsverlust gegeben sei. „Während sich der Chirurg um die traditionell chirurgischen Probleme wie die Wundversorgung kümmert, übernimmt zeitgleich der Geriater die Behandlung der vorliegenden Grunderkrankungen, der bei älteren Menschen häufig auftretenden Komplikationen, die Schmerztherapie und die Abklärung der Sturzursachen“, erläutert Wagner die Therapieansätze. Das geriatrische Team beginne unmittelbar mit der Frühmobilisation und anschließenden Rehabilitation des Patienten. Dazu gehöre auch die adäquate Hilfsmittelversorgung und die frühe Einbindung der Sozialberatung, sodass bei der Entlassung des Patienten die weitere häusliche Versorgung vorbereitet und auf seine individuellen Fähigkeiten abgestimmt sei. Die Vorteile dieser engen interdisziplinären Zusammenarbeit lägen dabei auf der Hand.

Auch für die Geriatrische Station in Hofheim hat Petra Wagner Pläne: Zum einen wird die Geriatrie als erste Abteilung voraussichtlich Mitte Oktober in den Neubau umziehen. Mittelfristig bereitet die neue Chefärztin, die von zwei Oberärzten und fünf Assistenzärzten unterstützt wird, den Aufbau eines neurogeriatrischen Schwerpunktes für Schlaganfallpatienten durch enge Vernetzung mit der Stroke Unit in Hofheim vor. Und in der Zukunft – entsprechende personelle und finanzielle Unterstützung vorausgesetzt – schweben der neuen Chefärztin als weitere altersmedizinische Projekte eine geriatrische Tagesklinik, eine Gedächtnissprechstunde und eigene Betreuungsbereiche für Demenzkranke im Krankenhaus vor.

Bei einer Pressekonferenz ergab es sich, dass die Patienten der Geriatrie im Garten in der Herbstsonne mit ihren Therapeuten übten. Die Chefin setzte sich dazu. Ihr Hinweis: Bewegung.

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