„Runden Tisch“ zur Betreuung von Flüchtlingen

„Es hat sich nichts im Lagebild verändert“, so die polizeiliche Formulierung vom Chef der Kelkheimer Polizeistation, Erster Hauptkommissar Manfred Braun, zum Thema „Asylbewerber in Kelkheim“, es gebe keine schlechten Informationen, in diesem Bereich, es gebe keine Straftaten zu vermelden oder gar mehr Einbrüche in Kelkheim. Braun sagte weiter: „Uns geht es auch vor allem darum, dass wir diesen Menschen die Angst vor der Polizei und der Uniform nehmen. Diese Menschen sind mit Traumata durch die Erlebnisse zu Hause belastet, gerade auch durch Uniformen.“

Er formulierte: „Die ehrenamtlichen Helfer reißen sich ein Bein aus – sie können aber nicht immer an Ort und Stelle der betreuten Häuser sein.“ Der Grund für diese Bemerkung: Es fehlt den Polizeibeamten oft an Ansprechpartnern in den Häusern. Das ist kein Vorwurf, das ist eine reine Feststellung.

Der Polizeibeamte gehörte zu den Teilnehmern des Zweiten Runden Tisches im Gartensaal des Rathauses, dem auch wieder Günther Adam, Bezirksreferent im Katholischen Bezirksbüro in Hofheim gehörte, um Fragen zu beantworten.

Die Erfahrungsberichte aus den drei Kreisen öffneten die Augen für vieles, vor allem auf die positiven Reaktionen der hilfsbereiten Kelkheimer. Letztes Beispiel, von Mafalda Pinto-Schneider beschrieben, der Kleiderbasar in St. Dionysius, bei dem jeder ein passendes Teil gefunden habe. Verwiesen wurde aber auch darauf, dass bei Männerbekleidung eher kleinere Größen gebraucht würden.

Eine Sorge, die alle Helfer umtreibt: Die Wohnungsfrage für die Flüchtlinge, wenn sie als Asylanten anerkannt werden. (Siehe auch Bericht an anderer Stelle dieser Zeitung).

Fertig werden müssen die Helfer auch mit den unterschiedlichsten Aufgaben, von denen sie früher nie geahnt hätten, dass so etwas auf sie zukommen könne. Ein Beispiel Arztbesuche. Hier sind Ansprechpartner notwendig. Sprachliche Barrieren müssen überwunden werden, es gilt Formulare auszufüllen, sei es im Schulamt oder anderen Ämtern, es gilt Ausbildungsmöglichkeiten auszuloten, sich im Gestrüpp der deutschen Gesetze zurechtzufinden und möglicherweise Patenschaften zu arrangieren. Und Helfer müssen auf die total anderen Bedürfnisse der Asylanten eingehen, die aus einem ganz anden Kulturkreis kommen und deshalb vordergündig erst einmal ganz andere Bedürfnisse haben. Für die Männer mag das in mancher Weise nicht so schwer sein – Männer spielen gern Fußball. Hier könnten die Sportvereine helfen. Die Flüchtlinge kommen aus den verschiedensten Ländern, Indien, Pakistan, Afghanistan. Somalia, Eritrea, Syrien, um diese Länder zu nennen. Viele der Menschen leiden unter den Erlebnissen der Flucht und den Bürgerkriegen im Heimatland. Eine Belastung auch: Sie sind aufgrund deutscher Gesetze verdammt zur Untätigkeit und müssen in ihren engen Unterkünften hocken bleiben. Manch einer von ihnen würde gern arbeiten.

Besonders in die Kritik geriet die Unterkunft in Münster, ein Heim, das vom Kreis schon seit Jahren angemietet ist. Der Vorwurf: Der Besitzer habe in der letzten Zeit nichts getan, um Schäden auszubessern, obwohl laufend Miete geflossen sei. Der Zustand dieser Unterkunft sei ausgesprochen schlecht. Vorschläge gibt es viele, das Leben für die Asylanten erträglicher zu machen, alle lassen sich nicht realisieren. Es wird aber innerhalb des Runden Tisches intensiv daran gearbeitet.

Natürlich, es gebe – wen wundert das bei der Form der engen Unterbringungs-Möglichkeiten – Zwistigkeiten in den Wohnungen. Die Reaktion: Nur keine Polizei, geboren aus der Angst nach den Erfahrungen zu Hause. Hierzu hat sich Hauptkommissar Braun entsprechend geäußert.

Ein Problem, das von Zeit zu Zeit offenbar wird: Das Demokratie-Verständnis in Deutschland, die Grundwerte unserer Gesellschaft, die sich so sehr von den Lebensgewohnheiten in anderen Kulturkreisen unterscheiden können. Es gibt eine Kelkheimer Schulleiterin, die davon ein Lied singen kann, da sie von manchen Männer gar nicht als Partner anerkannt wird. Die Männer sind das von zu Hause gar nicht anderes gewohnt.

Wie auch von der Polizei erwähnt: Hausmeister fehlen. Denn es gibt immer wieder Defekte an elektrischen Leitungen. Davon ist nicht nur das Licht betroffen, sondern auch die Fernseher und Kühlschränke fallen aus.

Ausgesprochen positiv entwickeln sich die Deutschkurse. Ein Teil der „Schüler“ macht sogar mehr Gebrauch von ihnen, als vorgeschlagen: Sie wollen die deutsche Sprache so schnell wie möglich lernen, um sich zu assimilieren, um schnell ins Berufsleben eintauchen zu können.

Bitterlich beklagt wurde nicht nur von Adam die Belastung der Sozialarbeiter. Zwei Sozialarbeiter für Hunderte von Menschen – das ist kein Betreuen mehr, noch nicht einmal mehr Verwalten.

Positiv angemerkt wurde, dass viele Helfer, für die in irgendeiner Form eine Vergütung erfolgt, bei ihrer „Arbeit nicht auf die Uhr schauen“.

Trotzdem: Geld, die Finanzen, spielen an allen Ecken und Enden eine Rolle, nicht die angenehmste.

Besprochen wurde die Einrichtung einer Homepage, damit sich Außenstehende besser über den „Runden Tisch“ und die Arbeit dieser drei Kreise in Kelkheim informieren können.

Noch zwei Bemerkungen zum Schluss: Es wurde bei diesem Treffen ausdrücklich erwähnt, dass die beiden großen Kirchen religionsübergreifend zusammenarbeiten.

Und weiter wurde darüber berichtet, dass in Kelkheim zwei Flüchtlingsbabys von Bewohnerinnen des Heims in der Wilhelmstraße geboren worden sind.

Jetzt leider noch die negative Meldung: Bei den Schüssen auf das Asylbewerberheim hat es sich nicht um einen Dummen-Jungen-Streich gehandelt. Dazu die Polizei in Hofheim: „Die oberste Parkdeckebene des gegenüberliegenden Chinon-Centers kommt als potenzieller Standort der Schützen in Betracht, eventuell haben die Täter aber auch schon in den Tagen zuvor das Parkdeck aufgesucht. Im Umfeld der Containerwohnanlage wurden Aufkleber mit zuwanderungskritischem Inhalt festgestellt. Die Aufkleber selbst und insbesondere deren Herkunft sind Gegenstand der laufenden Ermittlungen. Abschließende staatsanwaltschaftliche Bewertungen über eine etwaige Strafbarkeit der Aufkleber stehen noch aus. Die Polizei ermittelt nach wie vor in alle Richtungen. Diese schließt die Prüfung einer fremdenfeindlichen Motivation der Straftat ausdrücklich mit ein. Die Fragen: Wer hat, auch in den Tagen vor der Tat am Freitag, dem 10.04.2015, verdächtige Beobachtungen im Bereich des Parkdecks des Chinon-Centers gemacht? „Wer kann Angaben zu Personen machen, welche im Tatzeitraum fremdenfeindliche Aufkleber im Stadtgebiet Hofheim angebracht haben? Wer kann sonst sachdienliche Hinweise zur Person der/des Schützen abgeben oder Angaben zu den Tathintergründen machen? Kriminalpolizei Hofheim: 06192-2079-0 oder jeder anderen Polizeidienststelle.



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