GemeindeYOUgendtag bringt Jugendlichen Politik näher

Die neugegründete Regierung diskutierte über Maßnahmen. Auch das Rechtssystem spielte eine Rolle.Fotos: Natalie Diehl

Fischbach (nd) – Am vergangenen Samstag fand im Gemeindehaus der Johanneskirche in Fischbach wieder der GemeindeYOUgendtag statt. Dieses Mal stand ein besonderes Konzept der Bundeszentrale für politische Bildung und der Friedrich-Stiftung auf dem Programm – das Planspiel „Planet Terra Nova“. Klaus P. Meier, Vorsitzender des Fördervereins der Evangelischen Kinder-, Jugend- und Gemeindearbeit, hatte den GemeindeYOUgendtag geplant und organisiert.

Neues politisches System

Die Grundidee des Spiels ist, dass die Menschheit einen neuen Planeten besiedelt. Zu den Aufgaben der neuen Bewohner gehört es, ein funktionales politisches System aufzubauen. Wer soll künftig wie regieren und welche Aufgaben sind zu erfüllen, lauteten die Fragestellungen unter anderem. Die Jungen und Mädchen zwischen 14 und 17 Jahren sollten sich in drei verschiedene Parteien aufteilen. Diese waren ebenfalls in der Anleitung vorgegeben. Eine demokratische und eine autokratische Partei trafen auf eine Partei, die ein Einparteiensystem etablieren wollte. Die drei unterschiedlichen Gruppierungen mussten zunächst ihr eigenes Programm definieren, Wahlkampf betreiben und schließlich miteinander in Koalitionsverhandlungen treten. Nach der Regierungsbildung musste die Führungsriege Aufgaben verteilen – ein Krankenhaus musste gebaut, Schutzkleidung und Nahrungsmittel mussten produziert werden. Als Schutzkleidung dienten gelbe Säcke, als Nahrungsmittel mussten Papierwürfel gebastelt werden – ein Würfel sollte fünf Personen pro Stunde ernähren. Die Jugendlichen hatten sichtlich Spaß, sich mit dem sonst eher trockenen Thema Politik zu beschäftigen. Sie merkten aber auch schnell, wie kompliziert parlamentarische Demokratie sein kann. Besonders schwierig wurde es, als eine Pandemie ausbrach, auch unter den Regierungsmitgliedern. Es fehlte Schutzkleidung und nach kürzester Zeit brach das Chaos aus – alles von der Spielanleitung vorgesehen. „Ich gehöre zur politischen Führung – ich kann doch nicht einfach krank werden“, sagte eine der Teilnehmerinnen. „Die Pandemie macht nun mal keinen Unterschied – egal, ob man Regierungsmitglied ist oder nicht“, antworte Klaus P. Meier. Im Anschluss setzten sich alle Beteiligten nochmal zusammen und reflektierten die Geschehnisse.

Angst unter Jugendlichen steigt

Klaus P. Meyer hatte das Planspiel nicht grundlos ausgewählt. „Wir waren mit den Konfirmanden unterwegs und ich war überrascht, wie viele Ängste angesprochen wurden“, so Meier. Der Anstieg von Ängsten und sogar Angsterkrankungen unter Jugendlichen lässt sich auch statistisch belegen. In den vergangenen zehn Jahren stieg der Anteil junger Menschen zwischen 15 und 29 Jahren mit einer Angststörung um über 100 Prozent an. Die Gründe sind sehr vielschichtig – politische Krisen, die Coronajahre, aber auch die veränderte Medienlandschaft und der Umgang damit haben bei Jugendlichen für Unsicherheit gesorgt. „Bei den Konfirmanden war die Angst vor Demokratieverlust sehr groß –wir mussten einfach was zum Thema Demokratie tun“, erklärte Meier. Wie gut das Spiel bei den Heranwachsenden ankam, zeigte sich im anschließenden Gespräch. „Ich war Politiker, dabei interessiere ich mich eigentlich gar nicht für Politik“, erzählte ein Teilnehmer. Andere fanden interessant, wie die Taktik in der Koalitionsverhandlung aufging oder eben auch nicht. Das Vertrauen in den Koalitionspartner sei nicht vorhanden gewesen, und die Mitglieder einer Partei waren erzürnt, da diese von den Koalitionsverhandlungen ausgeschlossen wurde. Auch, dass man etwas anbieten müsse, um seine eigenen Ziele in einer Koalition durchzusetzen, beschäftigte die Jugendlichen. Das Tempo, das die Spielanleitung vorgab, überrumpelte die Teilnehmer zeitweise. „In Regierungen müssen schnell Entscheidungen getroffen werden, deswegen hören wir so viele Plattitüden“, so Klaus P. Meier. Die Heranwachsenden werden sicher noch eine Weile über das Planspiel „Planet Terra Nova“ nachdenken, sie wissen aber auch, dass sie nicht nur bei ihren Eltern, sondern auch in der Gemeinde einen Ort haben, an dem sie über ihre Ängste und Sorgen sprechen können.

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