Kelkheim (ju) – Aufgeregt sind sie, die Schülerinnen und Schüler der Rossertschule in Ruppertshain. Sie gehen heute eine Verpflichtung ein, die sie gemeinsam auf ihren schmalen Schultern tragen müssen. Die Schule hat sich entschieden, dem Netzwerk „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ beizutreten. In einer kleinen Feierstunde, zu der Bürgermeister Albrecht Kündiger, der Ausländerbeirat und Sabrina Becker, Landeskoordinatorin der Initiative, eingeladen waren, zeigten die Jungen und Mädchen, wie Ernst es ihnen ist und was sie tun wollen, um Rassismus und Ausgrenzung an ihrer Schule keine Chance zu geben.
Doch was heißt es eigentlich, ausgegrenzt zu werden? Das verdeutlichten die Kinder mit einem Lied, in dem die Blaukarierten auf die Rotgefleckten trafen und verschwinden sollten, weil sie nicht aussahen wie die anderen. Schlussendlich traf man sich im Land der Buntgemischten und siehe da, alles war gut, jeder war und ist ein Mensch und das ist es doch, worauf es ankommt.
Bewusstsein schaffen
So mahnte auch Schulleiterin Andrea Gräsner ihre „Schäfchen“, was für eine Verantwortung mit diesem Titel „Schule ohne Rassismus“ einhergeht. „Es ist heute wichtiger denn je, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass wir respektvoll mit unseren Mitmenschen umgehen, egal welche kulturellen Merkmale sie mitbringen“, gab Gräsner den Kindern mit auf den Weg. Die Kinder sind sich schon jetzt bewusst, dass man niemanden aufgrund seiner Herkunft, seines Aussehens bewerten sollte. Die Schulsprecher Jonah und Lasse, die gekonnt durch die Feierstunde führten, fragten ihre Mitschüler, wo denn Ausgrenzung beginne? Die Antworten waren vielfältig: Wenn jemand etwas nicht so gut kann wie andere. Wenn jemand andere Kleidung trägt. Wenn jemand eine andere Augen- oder Haarfarbe hat. Man spürt, dass sich die Jungen und Mädchen gemeinsam mit ihren Lehrern und Eltern Gedanken darüber gemacht haben, was es bedeutet, dem Slogan gerecht zu werden.
Courage zeigen
Bürgermeister Albrecht Kündiger gibt zu, dass er in dem Alter, in dem sich die Kinder gerade befinden, wenig mit den Begriff Rassismus und Courage anfangen konnte. Um so wichtiger sei es heute, für etwas einzustehen. „Das wird nicht immer klappen, aber das was ihr euch heute vornehmt, ist gut für die Zukunft unserer Gesellschaft.“ Er lobte ihren Mut, diesen Weg zu gehen und erinnerte die Kinder daran, dass in vielen Ländern dieser Welt gerade Krieg herrscht und wir froh sein können, hier in einem Land leben zu können, in dem Wohlstand und Frieden herrschen. „Viele Flüchtlinge kommen zu uns, sie suchen Schutz und den sollten wir ihnen gewähren. Auch hier in Ruppertshain sind viele von ihnen untergebracht und schaut euch um, sie sind genau wie ihr.“
Patin Motsi Mabuse
Sabrina Becker, Landeskoordinatorin der Initiative, freute sich mit den Kindern, dass sie sich dazu entschlossen haben, diesen Weg zu gehen. Mit ihrer Patin Motsi Mabuse hätten sie auch eine engagierte Persönlichkeit an ihrer Seite, die aus eigener Erfahrung weiß, was Rassismus heißt und wie es sich anfühlt, ausgegrenzt zu werden. „Ihr müsst euch aber bewusst sein, dass nur weil ihr jetzt dem Netzwerk beitretet, dass nicht doch Rassismus stattfindet“, mahnte Becker. „Aber ihr habt es in der Hand es anzusprechen und einzudämmen.“
Egal wie man aussieht
Emotional wurde Salome Korachinowski, Vorsitzende des Ausländerbeirats. Sie bat alle Anwesenden, einmal die Augen zu schließen und in sich hineinzuhorchen, ob man schon selbst einmal dieses Gefühl des Ausgeschlossenwerdens erleben musste. Wie hat sich das angefühlt? Es sei egal, ob man braune oder blaue Augen hat, egal, ob die Haare rot oder blond seien - es sind und bleiben immerhin die Freunde. „Es sind Kinder wie ihr - mit Wünschen, mit Träumen. Keiner möchte ungerecht behandelt werden.“ Sie bat die Kinder zum Abschluss, immer NEIN zum Rassismus zu sagen. „Und denkt immer dran: So wie ihr seid, seid ihr richtig!“
„Schule ohne Rassismus“
Die Initiative “Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage” ist ein bundesweites Netzwerk in Deutschland, das sich für die Menschenwürde und gegen Diskriminierung einsetzt. Mehr als 4.400 Schulen sind Teil dieses Netzwerks und engagieren sich aktiv gegen jede Form von Diskriminierung, insbesondere Rassismus. Die Idee zu “Schule ohne Rassismus” wurde 1988 in Belgien entwickelt und kam 1995 nach Deutschland, wo sie von Aktion Courage e. V. initiiert wurde. Die Initiative bietet Schülern und Schülerinnen die Möglichkeit, ihren Beitrag zum Aufbau einer Zivilgesellschaft zu leisten und aktiv an der inhaltlichen Ausgestaltung der Menschenrechtserziehung teilzunehmen.
Um Mitglied im Netzwerk zu werden, müssen sich die Schulen in einer Selbstverpflichtung mehrheitlich darauf einigen, aktiv gegen Diskriminierung vorzugehen. Das Projekt umfasst nicht nur den Rassismus im klassischen Sinne, sondern alle Formen von Diskriminierung, einschließlich solcher aufgrund von Religion, sozialer Herkunft, Geschlecht, körperlichen Merkmalen, politischer Weltanschauung und sexueller Orientierung. Das Netzwerk bietet auch Materialien und Unterstützung für Schulen, um das Klima an ihrer Schule aktiv mitzugestalten und sich bewusst gegen jede Form von Diskriminierung, Mobbing und Gewalt zu wenden. Es ist das größte Schulnetzwerk in Deutschland und setzt sich für einen Klimawechsel an den Schulen und für ein demokratisches Miteinander ein.