Leserbrief

Um es vorwegzuschicken: Die Lebensqualität im Vordertaunus ist hoch, die verfügbare Menge an Wohnraum besonders knapp und das Sankt-Florians-Prinzip menschlich allzu verständlich.

Eine behutsame Stadtentwicklung ist nötig und nahezu jeder Kelkheimer Bürger wohnt auf einem Fleckchen Land, das ehemals Natur war. Insofern lassen sich gegen fast jeden Bauplatz Argumente finden.

Weshalb die Bebauung des Grundstücks am Kräthenbach jedoch eine besonders schlechte Wahl zur Nachverdichtung ist, möchte ich wie folgt darlegen:

Vor 28 Jahren sind wir nach Fischbach gezogen und fanden zu unserem Schrecken eine tiefe Grube an der Grundstücksgrenze zum Nachbarn vor. Dort war nach den Ursachen für das Eindringen von Wasser in Kellerräume gesucht worden.

Probebohrungen bestätigten das Vorhandensein von wasserführenden und wasserundurchlässigen (Lehm-)Schichten. Im ungünstigen Fall drückt dann Wasser aus der wasserführenden Schicht gegen Fundamente. Sensibilisiert durch die Problematik haben wir zwischenzeitlich erfahren, dass es im Gebiet Sodener Straße/Schwarzwaldstraße/Rhönstraße etliche Häuser mit Wasserproblemen im Fundament gab. Auch bei den Häusern der Rhönstraße waren Baugruben in kürzester Zeit vollgelaufen und mussten leergepumpt werden. Mithilfe sogenannter „weißer Wannen“ glaubt man das Problem gelöst zu haben. Für derartige Wannen erhält man allerdings nur eine begrenzte Zeit Garantie ...

Die Meldung über die geplante Bebauung (Verlängerung der Rhönstraße) erfolgt zeitgleich mit Nachrichten über die hohen Kosten von Wetterkatastrophen. Was hat das mit dem Kräthenbach zu tun?

Wer mit offenen Augen in Fischbach durch die Natur geht, wird nach heftigen Niederschlägen die Bildung kleiner Wasserläufe sehen. Dieses Wasser sucht sich in immer gleichen Verläufen seinen Weg. Ob es vom Staufen abläuft oder über die Wiesen/Ackerflächen am Reis. Bei uns läuft es Richtung kommunaler Kindergarten ab.

Diese Senke ist übrigens der tiefste Punkt zwischen Staufen und dem Hang am Fischbacher Sportverein. Die alten Fischbächer haben dieses Terrain nie bebaut! Warum wohl?

Dass man ausgerechnet in einen – mittlerweile unterirdischen – Bachlauf hineinbauen will, ist grob fahrlässig und schafft mit Sicherheit Folgeprobleme.

Während in Städten verstärkt darüber diskutiert wird, wie man künftig zur Kühlung der aufgeheizten Betonflächen und zur Vermeidung von Klimaanlagen Bäume und Sträucher zwischen die Häuser bringt, soll in Fischbach gerade eine derartige Grünfläche verschwinden.

Überall im Ort kann man sehen, was Nachverdichtung neuerdings bedeutet: Aufgrund der extremen Grundstückspreise werden Häuser mit vergleichsweise großen Grundflächen in extrem kleine Grundstücke gesetzt, die bestenfalls eine begrünte Terrasse zulassen. Der Anteil der asphaltierten, gepflasterten und versiegelten Flächen (Zufahrten, Wendehammer, Carports, Parkplätze etc.) ist überproportional hoch .

Raum zum Versickern von Regenwasser oder für Bäume und große Büsche gibt es nicht mehr.

Eigentlich war zu erwarten, dass angesichts der zunehmenden Wetterextreme mit Hitzeperioden und Starkregen (man denke an das Kelkheimer Blitz-Hochwasser im Sommer 2020 oder den diesjährigen Sommer) längst umgedacht wird. Man muss kein Umweltaktivist sein, um zu sehen, dass bei dem Kräthenbach-Projekt bewusst gegen alle Erkenntnisse geplant wird.

Wer klärt die künftigen Eigenheimbesitzer über potenzielle Risiken auf? Ist es nicht Pflicht einer verantwortungsbewussten Administration, Schaden von den Bürgern abzuwenden?

Irene Waldbach, Fischbach



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