„Wozu sind Kriege da?“ Wer kennt ihn nicht, diesen berühmten Song von Udo Lindenberg, den dieser 1981 zusammen mit dem damals 10-jährigen Pascal Kravetz einspielte. Lindenberg wollte damit die Friedensbewegung unterstützen, deren Anhänger der Meinung waren, dass der Rüstungswettlauf der Supermächte jedes vernünftige Maß überschritten habe. Im Jahr 2022 herrscht Krieg in Europa, die eine Kriegspartei droht der westlichen Welt mit Nuklearwaffen, überzieht einen souveränen Staat mit Terror und Leid. Nicht nur wir Erwachsenen sehen wie erstarrt die täglichen Nachrichten, auch unsere Kinder setzen sich Tag für Tag damit auseinander. Und sie setzen ein Zeichen. So wie die Schülerinnen und Schüler der Eichendorffschule, die in der vergangenen Woche diesen Song professionell in der Stadthalle aufnahmen, um ihn in den Sozialen Medien in die Welt hinaus zu tragen.
Die Idee hatte die Schülervertretung, die schon einige Aktionen entworfen und koordiniert hat. Warum nicht Orchester, Streicher, Schulband und Chor zusammenführen und ein Musikvideo aufnehmen? Wie sich zeigte, eine gute Idee, denn Unterstützung gab es sofort von Sebastian Rieker und Leonard Mink, die mit ihrer Produktionsfirma „Seehund Media“ die Aufnahme kostenlos unterstützten. Den beiden ehemaligen EDS-Schülern, die alle zwei Jahre auch das ‘Plansch‘ im Freibad begleiten, war schnell klar, dass sie hier ohne Honorar ihre Dienste und ihr Equipment anbieten. „Wir sind alle Europäer und fühlen uns machtlos, aber mit solchen Aktionen können wir ein Zeichen setzen“; ist sich Sebastian Rieker sicher.
Die Stadthalle hat sich in einen Drehort verwandelt. 1.000 Meter Kabel wurden verlegt, sechs Kameras zieren den großen Saal, ein Kameraschlitten rundet das Bild ab. Aus der Regie kommen immer wieder Anweisungen an Olaf Heim, Leiter des Fachbereichs Musik, der vor den 100 Schülerinnen und Schülern steht und dirigiert. Das Horn muss etwas nach rechts, die Harfe bitte etwas in den Raum drehen und den Notenständer ein wenig tiefer. Alles soll perfekt sein. Die Stadt unterstützt diese Aktion und hat die Stadthalle für den Musikdreh kostenlos zu Verfügung gestellt. „Das ist das, was die Kinder derzeit tun können“, erklärt Olaf Heim. Man hätte auch ein Benefizkonzert veranstalten können, aber man ist sich sicher, über die Verbreitung im Internet eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen und damit die Hilfsaktion von Motsi Mabuse und ihrem Mann Evgenij zu unterstützen. Diese ließ es sich auch nicht nehmen, per Video eine Botschaft an die Kinder und die Menschen dort draußen zu richten und sich für ihren Einsatz zu bedanken. Eigentlich wollte sie bei dem Dreh vor Ort sein, aber sie musste schon früher zu ihrem Job in der Show „Lets dance“.
Sebastian Rieker lässt sich derweil nicht aus der Ruhe bringen und dirigiert aus dem Off, wie er es gern hätte. „Natürlich ist das hier alles etwas Punk Rock, denn normalerweise planen wir für so einen Dreh drei Tage ein, aber wir lieben die Herausforderung“, scherzt er.
Der Chor auf der Bühne muss etwas lauter singen, das Mikro richtig eingestellt werden. Zumindest die Friedenstauben, die im Kunstkurs gemalt wurden, hängen gut sichtbar an den Stühlen und runden das Bild ab. Die Jungs und Mädchen der Orchesterklasse sind mega aufgeregt. Für die Fünftklässler ist es der erste Auftritt unter „erschwerten“ Bedingungen. „Wir schaffen das aber. Schließlich wissen wir, wofür wir das tun“, sind sie sich alle einig.
Nach etlichen Versuchen, einigen Drehpausen, ermüdeten Fingern und Stimmen ist der Dreh im Kasten. In den nächsten Tagen kann das Musikvideo, das auch zum Spenden aufruft, auf der Schulhomepage und in den Sozialen Medien angeschaut und natürlich auch weiterverbreitet werden. Damit kein Kind mehr fragen muss, wozu denn eigentlich Kriege da sind.
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