Kelkheim (ju) – Kommt er oder kommt er nicht? Erreiche ich heute pünktlich meinen Arbeitsplatz, die Schule, die Universität? Diese Fragen stellten sich in den vergangenen Monaten etliche Kelkheimer Pendler, die auf die Pünktlichkeit „ihrer“ K-Bahn (RB12) angewiesen sind. Denn selbstverständlich war und ist das nicht. Und warum das so ist, dazu erklärten sich am vergangenen Montag Vertreter des RMV und von START, Betreiber der Linie. Sie waren vom Stadtparlament in den Ausschuss für Infrastruktur, Wirtschaft und öffentliche Sicherheit eingeladen worden, um dort zu erläutern, was sie an Maßnahmen gegen die Zugausfälle und Verspätungen vorhaben.
Verkehrswende so nicht möglich
Kai Daubertshäuser, Leiter des Geschäftsbereichs Vergabe-, Qualitäts- und Infrastrukturmanagement beim RMV, Max Kaiser, Manager für Schienenpersonennahverkehr bei START und Thomas Busch, Leiter des Geschäftsbereichs Verkehrs- und Mobilitätsplanung beim RMV waren der Einladung sehr kurzfristig gefolgt und sahen sich einem gut vorbereitetem Ausschuss gegenüber. Bürgermeister Kündiger machte auch gleich und zum wiederholten Male unmissverständlich klar, „dass die Situation derzeit unhaltbar ist.“ Die Stadt würde gern die Verkehrswende vollziehen, sehe sich dabei aber von RMV und START, ob der vielen Probleme, allein gelassen. „Es kann und darf nicht sein, dass die Pendler resignieren und wieder auf das Auto umsteigen. Das ist der falsche Weg“, monierte er in Richtung RMV und START.
Daubertshäuser, der sich den ganzen Abend ruhig und abgeklärt gab, erläuterte in kurzen Worten nochmal die Problematik, die sich mit der verzögerten Auslieferung der Wasserstoffzüge eröffnete. Denn von den geplanten 27 Zügen sind derzeit erst 21 verfügbar und die, die auf den anderen Linien des Taunus-Netzes eingesetzt wurden, wiesen erhebliche Unzuverlässigkeiten auf. So kam es, dass sich START, die mit der Zusage der neuen Züge an den Start gegangen war und die HLB als Betreiber ablöste, vor große Probleme gestellt sah. Ersatzkonzepte mussten entwickelt, Ersatzzüge organisiert werden. Zum Glück half dabei die HLB mit ihren moderneren Zügen, die auch schon vorher auf der Strecke der RB12 unterwegs waren. Noch im Dezember 2022 sei die benötigte Anzahl an Lokführern vorhanden gewesen, da viele von der HLB zu START wechselten. Aber durch ständige Nachschulungen auf die unterschiedlichen Zugtypen entschieden sich viele, zu kündigen. Hinzu kamen nach Angaben Daubertshäusers noch die Einflüsse durch die Infrastruktur. So erwähnte er die Omegabrücke in Frankfurt, die von einem Tag auf den anderen wegen Einsturzgefahr gesperrt wurde und somit die direkte Weiterfahrt nach Frankfurt Hbf unmöglich machte. Auch die Baumaßnahmen der letzten Wochen trugen nicht zu einer Entzerrung der Situation bei.
Personaldecke wächst
Inzwischen sei man aber auf einem guten Weg, gab Max Kaiser von START zu verstehen. Er wolle die Negativerfahrungen der Pendler nicht kleinreden und sei sich bewusst, dass die Zustände im September (am 19. September fielen von 78 Zugleistungen 22 aus) katastrophal waren. Er sehe sein Unternehmen aber jetzt aus der Problemzone raus, da inzwischen genug Personal vorhanden wäre, um Krankmeldungen abfedern zu können. Derzeit würden im gesamten Taunusnetz 63 Lokführer eingesetzt, man hätte momentan aber sogar schon 71 und würde weiter einstellen, um eine Pufferzone zu haben. Den „worst case“ könne man aber trotzdem nicht auf die Schnelle beheben, wenn morgens um 5.30 Uhr die Krankmeldung komme und der Zug um 5.35 Uhr losfahren solle. Hier würde es zum Ausfall von zwei bis vier Umläufen kommen, da nicht so schnell Ersatz bereitgestellt werden könne.
Auf die Frage, wie RMV und START sicherstellen könnten, dass gerade in den Stoßzeiten die Züge lang genug seien, gaben Daubertshäuser und Busch zu verstehen, dass das bei den derzeitigen Zügen nicht möglich wäre, da sie nur eine begrenzte Anzahl zur Verfügung hätten. Bei den Alstom Wasserstoffzügen wäre von Anfang an eine Doppeltraktion (Traktion mit zwei Triebfahrzeugen) bestellt worden, das heißt, dass in den Hauptverkehrszeiten eine Aufstockung auf 320 Sitzplätze möglich sei.
Fahrgastinformationssysteme
Das Thema Fahrgastinformation brannte den Ausschussmitgliedern besonders unter den Nägeln. Keine, unzureichende und missverständliche Informationen was Zugausfälle oder Schienenersatzverkehr angeht, verärgere die Pendler. Hier gab Kaiser zu, dass die Übermittlung der Echtzeitdaten bei ihrem System noch nicht so funktioniere, wie es solle. Hinzu komme, dass die Infrastruktur auf der RB12 Strecke nicht so ausgestattet ist wie zum Beispiel in Frankfurt. Auch das Zusammenspiel von RMV und DB funktioniere nicht, sodass die Anzeigen in Frankfurt häufig falsch oder irreführend wären. Die Anzeiger auf den Bahnhöfen entlang der Strecke seien veraltet, es gäbe kaum noch Ersatzteile. Aus diesem Grund sei der RMV auch schon auf die Automaten ausgewichen, auf denen die Informationen aber auch nicht immer abrufbar seien. Man arbeite am IT-System, wolle die Datenflüsse optimieren und somit auch die App zuverlässiger machen. Wenn die Wasserstoffzüge im Einsatz sind, werde auch die Echtzeitdatenübermittlung zuverlässiger.
Auf das Risikomanagement angesprochen in Hinblick auf neuer Betreiber, neue Züge, neue Antriebsart, erläuterte Daubertshäuser, dass man sich damals für Alstom entschieden habe, weil das Unternehmen ein Vorreiter in Sachen alternative Antriebstechniken war und die Möglichkeit der Betankung mit Wasserstoff hier vor Ort gegeben war und ist. Man wusste um das Risiko und habe aus diesem Grund rechtliche Absicherungen im Vertrag vorgenommen. Alstom müsse derzeit richtig „bluten“. Der Vertrag sieht vor, dass das Unternehmen die Ersatzzüge stellen und an die HLB ein Verfügbarkeitsentgeld zahlen muss. Außerdem sei Schadenersatz fällig, da die Triebwagen nicht zum vertraglich zugesicherten Datum geliefert werden konnten.
Was die Entschädigung der Fahrgäste anbelangt, so erklärte Daubertshäuser, dass auf den Seiten des RMV gut dargestellt sein, ab wann und wie man an seine Entschädigung gelangt. Ob man ähnlich wie auf der Strecke der RB15, auf der es zu massiven Ausfällen kam, den fahrgästen für zwei Monate das kostenlose Fahren ermöglicht, wollte der RMvler nicht versprechen, man nähme den Vorschlag aber mit.
In der Hoffnung, dass Mitte November alle bestellten Wasserstoffzüge da seien, stellte Daubertshäuser in Aussicht, dass zum Fahrplanwechsel im Dezember 2023 dann auch auf der RB12 Strecke die Züge im Einsatz seien. Allerdings werde man nicht von einem Tag auf den anderen umstellen, sondern die Züge auf der Strecke testen, auch in Hinblick auf die Übermittlung der Echtzeitdaten und den damit verbundenen besseren Informationsfluss.