„Städtebaulich ist diese einzelne Fläche im Kräthenbach völlig ungeeignet“

Der Buntspecht ist nur einer der Bewohner der Waldfläche in Fischbach, die die Koalition gern bebauen möchte. Eine Bürgerinitiative hat es sich zur Aufgabe gemacht, dies zu verhindern. Foto: BI Kräthenbach

Kelkheim
(ju) – Mit diesen Worten eröffnete Jochen Ballach (ukw) in der Stadtverordnetenversammlung die Diskussion über einen Antrag der Koalition zur Nachverdichtung in Kelkheim, in dem als „U-Boot versteckt“ ein weiterer Antrag auftauchte, der von der Koalition schon zweimal auf die Tagesordnung gehoben und jedesmal wieder zurückgezogen wurde – „Verlängerte Rhönstraße“. Sprich, ein Baugebiet auf einem knapp 3.000 Quadratmeter großen Grundstück zwischen Sodener Straße, Rhönstraße und dem städtischen Kindergarten Fischbach. Die Kelkheimer Zeitung berichtete ausführlich über die Hintergründe und „Verstrickungen“ eines Magistratsmitgliedes in die Bebauungspläne, über die schützenswerte Flora und Fauna in diesem Gebiet und die Bürgerinitiative, die es sich auf die Fahnen geschrieben hat, alles erdenkliche zu tun, um dieses, in ihren Augen schützenswerte Gebiet, zu erhalten.

Es sollte also hoch hergehen im Parlament. Doch am Ende half alles Argumentieren, Mahnen und Bitten nicht: Die Koalition aus CDU, FDP und SPD setzte mit zwei Enthaltungen aus den eigenen Reihen (SPD) ihren Antrag durch. Ein Bebauungsplan soll jetzt auf den Weg gebracht werden.

Doppelhaushälften versus Natur

Vorstellbar seien zehn Doppelhaushälften auf dem Gebiet, wie Fabian Beine (CDU) bei der Vorstellung des Fraktionsantrages erläuterte. Er sehe hier eher einen Lückenschluss. „Es geht um ein eingezäuntes verwildertes Gelände, keine Fläche in die wir massiv eingreifen.“ Das sah Jochen Ballach (ukw) gänzlich anders und er konnte es sich nicht verkneifen, die Koalition darauf hinzuweisen, dass „sie wirklich Talent haben, sich zielsicher besonders schützenswerte Gebiete rauszusuchen, um sie zu bebauen.“ Er hob noch einmal die Besonderheiten Fischbachs „Grüner Lunge“ hervor – den unterirdisch verlaufenden Krä-thenbach, die vielfältigen Vogelarten, den bis zu 25 Meter hohen Baumbestand. Mit Verweis auf den Koalitionsvertrag, in dem die drei Parteien festgehalten hatten dafür zu sorgen, dass es keine maximale Versiegelung innerstädtischer Flächen gibt, erinnerte er daran, dass selbst die Untere Naturschutzbehörde die Bebauung dieser Fläche als „dicken Klops“ ansieht. „Es wird äußerst schwierig, für dieses Gebiet Ausgleichsflächen zu finden.“ Außerdem zweifelte der ukwler den von Beine erwähnten Baulückenschluss an. „Hinter diesem Gebiet folgt der Wiesengrund mit Streuobstwiesen. Wo ist denn da die Baulücke?“

Verstrickungen

Maximilian Alter, Fraktionsvorsitzender der ukw, eröffnete dann das zweite „Schlachtfeld“ und ging explizit auf die Rolle des Stadtratsmitgliedes ein, dessen Namen er nicht nannte. Ein Handelsregisterauszug offenbarte, dass eben dieser Mitgesellschafter des potenziellen Bauträgers war und die Gesellschaft dann aber verlassen habe. Er monierte, dass es eigentlich gängige Praxis sei, dass bei Bauprojekten ab etwa zehn Häusern, „etwas für die Stadt und die Allgemeinheit dabei herausspringe.“ Sprich, die Stadt erhält einen Anteil bezahlbaren Wohnraum. „Doch bei diesem Projekt mit einem Volumen von 9 bis 10 Millionen Euro wird eine Extrawurst für den Bauentwickler gebraten und diese Extrawurst hat ordentlich Fleisch“, echovierte sich Alter. „Es ist wahrscheinlich nicht illegal, aber weit entfernt von dem, was sie dem Bürger versprechen“, mahnte der Fraktionsvorsitzende in Richtung der Koalition. „Das Ganze wirft kein gutes Licht auf die ehrenamtliche Kommunalpolitik.“

Das konnte Fabian Beine nicht so umkommentiert lassen. „Opposition ist doof, aber dass man so mit Schlamm wirft …“, griff er die Argumentation Alters an. Alles sei transparent und frühzeitig von Alexander Furtwängler angezeigt worden. „Jeder hat ja neben seinem Ehrenamt noch einen Job und dass er als Immobilienentwickler in Kelkheim von allem die Finger lassen soll, kann nicht erwartet werden“, so sein Einspruch. Schließlich habe die Stadt die Fläche als erstes angeboten bekommen und hätte etwas planen lassen können, argumentierte der CDU-Politiker. Dies wiederum brachte Bürgermeister Albrecht Kündiger auf den Plan. „Zu keinem Zeitpunkt hat es vom Bauamt Unterstützung für dieses Projekt gegeben, vielmehr habe ich den Stadtrat gewarnt, die Sache weiter voranzutreiben“, so der Rathauschef. Für ihn macht die Herausnahme eines kleines Stücks zur Bebauung keinen Sinn und in Richtung Beine fügte er an, dass er doch verstehen müsse, dass der Eindruck entstünde, dass in Kelkheim von der einen Hand in die andere Hand gearbeitet würde. „Ich dachte, die Zeiten sind vorbei.“ Zustimmung gab es für die Worte des Bürgermeisters auch nochmal von Maximilian Alter. „Es kann doch nicht jeder Politiker machen was er will.“ Und an Beine gerichtet schob er nach, dass er nicht mit Schlamm geworfen habe, sondern mit Fakten. „Schlamm ist das, was von Ihnen zu diesem Projekt kommt.“

Geordnetes Verfahren

Nach diesem verbalen Schlagabtausch wirkten die weiteren Wortmeldungen eher harmlos. Kalle Debus (SPD) bat darum, dass hier nicht eine Person „skandaliert“ werden solle, sein Fraktionschef Michael Hellenschmidt stellte klar, „dass sich die Koalition objektiv umschaue, welche Flächen sich für eine Bebauung eignen“ und Ivaloo Schölzel (Freie Wähler, fraktionslos), Robert Wintermeyer (Freie Wähler Kelkheim) sowie Thomas Horn (CDU) wiesen darauf hin, dass nun folgende geordnete Verfahren abzuwarten. Horn: „Wir diskutieren kontrovers über den Schlämmer, den Kräthenbach, über Hornau West – wenn die Stadt all diese Areale nicht nutzt, dann kann sich Kelkheim auch nicht entwickeln.“



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