Tradition – die Versehrten- und Behinderten-Sportgemeinschaft feiert ihren Fünfzigsten

Kirsten Kircher, Sabine Alt, Gerhard Knerr und Susanne Krohn sind die Übungsleiter in der Versehrten- und Behinderten-Sportgemeinschaft. Knerr, der seit über 35 Jahren als Übungsleiter tätig ist, hört jetzt allerdings auf. Ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin wird dringend gesucht.Foto: Judith Ulbricht

Kelkheim (ju) – Die Vereinswelt in Kelkheim ist vielfältig, doch noch immer tun sich Vereine auf, von denen die wenigsten wissen, und man lernt wieder etwas dazu. Kennen Sie die Versehrten- und Behinderten-Sportgemeinschaft Kelkheim? Nein, dann wird es Zeit.

Lange Tradition

Denn dieser Verein hat eine lange Tradition und feierte dieses Jahr seinen 50. Geburtstag. Eigentlich war es schon der 52., aber wie vielen machte Corona Feierlichkeiten einen Strich durch die Rechnung, und so wurde erst jetzt das Jubiläum gebührend begangen. Erster Stadtrat Dirk Hofmann ließ es sich nicht nehmen, als Gratulant im Alten Rathaus in Münster vorbeizuschauen und den Jubilaren seinen Dank auszusprechen. Dank für 50 Jahre kontinuierliche ehrenamtliche Arbeit, „das ist heute keine Selbstverständlichkeit, und die kleine Übungsleiterpauschale, die Sie als Übungsleiter bekommen, ist sicherlich nicht der Anreiz, sich zu engagieren“, vermutete er. Vielmehr lobte er den Verein für seinen Beitrag für ein „lebendiges Kelkheim“„Sie ermöglichen es, dass jeder am Leben teilhaben kann“, äußerte er und spielte damit auf die Geschichte an, die von der Vorsitzenden Kirsten Kircher in einem kurzen Abriss wiedergegeben wurde.

Vereinsgründung

Die Versehrten- und Behinderten-Sportgemeinschaft Kelkheim wurde im Februar 1971 durch den damaligen Vorstand mit seinen Vorsitzenden Heinrich Ackerstaff und Bruno Lindwurm gegründet. Zum ersten Vorstand gehörten ebenfalls Kai Zittelmann, Karl-Anton Biebelge, Rudolf Risch und Karl-August Kröck. Zur damaligen Zeit sprach man von den Gründungsmitgliedern als Kameraden. Das rührte daher, dass der Ursprung dieser Sportgruppe auf das Ende des 2. Weltkrieges und die daraus resultierenden Kriegsversehrten zurückzuführen war. Frauen und Männer, die im 2. Weltkrieg verletzt wurden, fanden in diesen Sportgruppen gemeinsam mit Sportlehrern und Ärzten zurück ins Leben.

Gestartet war der Verein zur damaligen Zeit mit 21 Mitgliedern. Das steigerte sich im Laufe der Jahre auf beachtliche 100 Mitglieder. Aktuell besteht der Verein aus 50 Zugehörigen. „Zum einen resultiert das daraus, dass unsere Mitglieder aus Alters- und krankeitsbedingten Gründen den Verein verlassen

haben und zum anderen, weil in den 90er Jahren ein Wandel erfolgte. Hier wurde das Sportangebot um den Rehabilitationssport erweitert“, erklärt Kircher. Immer mehr Menschen nutzten nun aufgrund einer ärztlichen Verordnung den Rehasport in dem Verein. Dabei stehen rein orthopädische Beschwerden im Vordergrund. Egal, ob Hüfte, Knie, der gesamte Bewegungsapparat – „hier wird geholfen.“ „Es geht in erster Linie darum, behinderte und von einer Behinderung bedrohte Menschen durch Rehasport wieder in das Arbeitsleben und in die Gesellschaft einzugliedern.“

Wassergymnastik & Gymnastik

Das Verein bietet daher mit qualifizierten Übungsleiterinnen und Übungsleitern Wassergymnastik in der Rhein-Main-Therme und Gymnastik in der Halle der Pestalozzischule an. Die Gruppen sind sehr gut besucht und es besteht eine sehr große Nachfrage. Von daher hat Kirsten Kircher schon mal ihre Fühler ausgestreckt und sich für Zeiten in der neu errichteten Schwimmhalle in Kriftel, die im nächsten Jahr ihre Pforten öffnen wird, beworben. „Es läuft alles ganz unkompliziert bei uns. Die Mitglieder zahlen einen Jahresbeitrag von 50 Euro im Jahr und einen Euro pro Teilnahme an einem Kurs.“

Als die damalige Vorsitzende Heide Müssig im vergangenen Jahr nach über 25 Jahren ihren Job an den Nagel hängen wollte, stand der Verein kurz vor dem Aus. Das fand Kirsten Kircher dann doch zu schade. „Ich habe gesagt, ich mache das, aber nur, wenn mein Mann Matthias mich unterstützt. Das tut er.“

Angefangen hatte Kircher als Rehatrainerin im Verein. Sie erinnert sich noch gut daran, dass es damals noch eine „Bossel“-Gruppe gab. Hallenbosseln ist ein Zielwurfspiel, welches aus dem Eisstockschießen entwickelt worden ist. Allerdings waren die Nachfrage und auch gesundheitliche Einschränkungen ein Grund dafür, dass das Bosseln eingestellt wurde. Aus dieser Stunde ist allerdings eine neue Gymnastikstunde entstanden.

Übungsleiter gesucht

Der Verein verfügt derzeit mit Susanne Krohn, Sabine Alt, Kirsten Kircher und ‚Hahn im Korb‘ Gerhard Knerr über vier qualifizierte Übungsleiter. Knerr ist seit über 35 Jahren Übungsleiter im Verein, wird sich jetzt allerdings zurückziehen. „Wir suchen also dringend Übungsleiter, die uns unterstützen, damit wir unser Angebot aufrechterhalten und weiter ausbauen können. Wir sind auch bereit, die Kosten für die Ausbildung zu übernehmen und hoffen, dass sich auf diesem Wege Ehrenamtler finden, die uns unterstützen.“

Um gerade das ältere Publikum wieder zum Sport zu bringen, beteiligt sich die Sportgemeinschaft gemeinsam mit der Stadt, der TuS Hornau und der Aktion „Deutschland schwimmt“ an der Sportbox, die demnächst auf dem Gelände der TuS errichtet werden wird. Kircher: „In den Boxen stehen den Nutzern beispielsweise Fuß- oder Basketbälle, Boulekugeln oder auch Fitnesstrainingsequipment zur Verfügung. Jeder darf sich bedienen und Sport in seinem Rahmen machen.“



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