Kelkheim (kez) – Eichendorffhalle, Sonntagnachmittag, 30. März – es war alles angerichtet für ein unvergessliches Hessenmeisterschaftsfinale der männlichen Jugend C. 600 Zuschauer, eine brodelnde Atmosphäre und zwei Mannschaften, die sich nichts schenkten. Am Ende entschied erst das Siebenmeterwerfen über den neuen Landesmeister – mit dem denkbar knapp besseren Ende für die HSG Dutenhofen/Münchholzhausen, die sich mit 27:26 (8:9) durchsetzte. Die TSG Münster aber verließ das Feld mit erhobenem Haupt. Und bei aller Traurigkeit auch voller Stolz.
Ein nervöser Start, eine leidenschaftliche Abwehr
Schon mit dem Anpfiff war spürbar: Dieses Finale würde kein gewöhnliches Spiel werden. Beide Teams waren hochkonzentriert, allerdings ob der tollen Kulisse auch sehr nervös. Besonders die TSG Münster, die als Außenseiter ins Spiel ging, biss sich in der Anfangsphase an der kompakten Abwehr des Favoriten und dessen starkem Torhüter die Zähne aus. Tore waren zunächst Mangelware, doch was die Truppe des Trainerduos Konrad Bansa/Jonte Flach in der Offensive noch fehlte, machte die Abwehr mit Einsatz und Herz wieder wett.
Und dann kam der Moment, in dem sich das Spiel drehte. Münster fand seinen Rhythmus. Gelangen der TSG in der Anfangsviertelstunde nur zwei Treffer, so dass sie mit 2:5 zurücklag, war der Doppelschlag von Daniel Szabady und das Tor von Luuk Seibert binnen 55 Sekunden zum 5:5-Ausgleich so etwas wie die offensive Initialzündung. Die Halle stand hinter den Gastgebern, die Fans peitschten ihr Team nach vorn – und die TSG belohnte sich: Mit einer 9:8-Führung ging es in die Halbzeitpause.
Die Sensation liegt in der Luft – und entgleitet doch
Nach dem Seitenwechsel legte Münster los wie die Feuerwehr. Ein Doppelschlag brachte die 11:8-Führung, in der 37. Minute stand es gar 18:13. Der Favorit wackelte, die Eichendorffhalle bebte. Plötzlich schien die Sensation greifbar nahe. Doch dieses Spiel hielt noch so manche Wendung parat. Eine Zwei-Minuten-Strafe für die Gastgeber, dazu eine kurze Schwächephase – und Dutenhofen/Münchholzhausen nutzte dies eiskalt aus. Der Kontrahent aus dem Wetzlarer Osten warf acht Tore in Folge. In der 45. Minute hieß es 21:18 für die HSG.
Viele Teams hätten sich von so einem Rückschlag nicht mehr erholt. Aber nicht diese Münsterer Jungs. Mit unbändigem Willen, einer offensiven Deckung und einer Halle, die sie nach vorne brüllte, kämpfte sich die TSG zurück. Die Krönung erfolgte zwei Sekunden vor Schluss. Rian Grazhdani versenkte den Ball zum 23:23-Ausgleich, was angesichts des 21:23 61 Sekunden vor dem Abpfiff niemand mehr für möglich gehalten hatte. Der Jubel kannte bei den Blau-Weißen keine Grenzen. Das Siebenmeterwerfen musste die Entscheidung bringen.
Das Drama vom Punkt
Nun war alles offen. Eine Entscheidung nur noch reine Nervensache. Münster vergab zwei Versuche, Dutenhofen/Münchholzhausen lediglich einen. Und so blieb am Ende für die TSG Münster der zweite Platz.
Münster: Levian Schmidt, Paul Bamberg (im Tor) – Ben Fellner (1), Samuel Vagner (2), Janne Kähler (4/1), Daniel Szabady (4/1), Luuk Seibert (4), Marlon Wagner (5/1), Rian Grazhdani (6), Gabriel Kabisch, Matthis Esters, Max Wohlfarth.
Doch auch wenn es nicht ganz zum Titel reichte: Was diese Mannschaft in diesem Finale geleistet hat, wird allen, die dabei waren, noch lange in Erinnerung bleiben. Ein Spiel, das allen Beteiligten Mut macht. Ein Auftritt, der stolz macht. Die TSG Münster ist Vize-Hessenmeister – und hat gezeigt, dass sie mit den Besten mithalten kann. Und der Verein hat bewiesen, dass er ein Finalspiel großartig organisieren und durchführen kann.
Die Ereignisse danach
Am darauffolgenden Tag kamen Gerüchte auf, dass ein Spieler der siegreichen HSG nicht im offiziellen Spielbericht eingetragen sei. Trainer Konrad Bansa ging den Hinweisen nach und stellte fest, dass ein Spieler des Wetzlarer Bundesliga Nachwuchses unter dem Namen seines Bruders im Spielbericht eingetragen war. Beide Brüder der Jahrgänge 2010 und 2011 sind für die HSG Dutenhofen/Münchholzhausen spielberechtigt, aber nur der auf dem Spielbericht eingetragene Spieler ist auch am jeweiligen Spiel teilnahmeberechtigt. Diese Tatsache meldete die TSG noch am selben Abend dem Klassenleiter der Jugend Regionalligen im HHV und bat um Klärung des Sachverhalts. Nach Prüfung der Sachlage kam dieser zur Erkenntnis, dass die Beweislage eindeutig war und der falsche Spieler auf dem Spielbericht von der Sekretärin eingetragen und dies vor dem Spielbeginn vom Mannschaftsverantwortlichen der HSG mit Eingabe des Spielpins auch bestätigt wurde. Insofern war der Spieler nicht teilnahmeberechtigt und in diesem Fall sieht die Spielordnung nur eine Sanktion vor: nämlich Spielverlust für die betroffene Mannschaft.
In einem Schreiben an den Klassenleiter bat die TSG zwar um die Beibehaltung der sportlichen Wertung, da sie sich der Enttäuschung der Jugendlichen aus Wetzlar über das Versehen ihrer Betreuer/Trainer bewusst war. Aber der Hessische Handball-Verband musste die Entscheidung gemäß den Vorgaben der Spielordnung des DHB treffen, um keinen Präzedenzfall in seinem Rechtswesen zu schaffen.
Abteilungsleiter Stefan Dobhan und Trainer Konrad Bansa unisono: „Wir nehmen den Titel Hessenmeister der männlichen Jugend C 2025 gerne an, bitten den Verband aber auf eine erneute Ehrung unserer Mannschaft zu verzichten.“