Hermann Groß lädt zum Winterabend in Falkenstein ein

Literarische Winterzeit mit Hermann Groß im Falkenstein Grand Kempinski.

Foto: Scholl

Falkenstein (gs) – Auf dem Podest steht ein gemütlicher Ohrensessel, davor ein Tischchen mit einem Buch und allerhand handgeschriebenen Texten. Illuminiert wird das gemütliche Plätzchen vom anheimelnd warmen Licht einer schönen Leselampe. Hermann Groß nimmt in dem Sessel Platz, sucht nach einer gemütlichen Haltung und lässt seinen Blick zufrieden, aber auch erwartungsvoll über seine Gäste schweifen. Es ist Winterabend im Falkenstein Grand Kempinski und rund einhundert Gäste sind der Einladung der Kulturgesellschaft Königstein gefolgt und haben sich einen der begehrten Plätze im gemütlichen Vortragsraum gesichert. Ein beständiges Raunen erfüllte den Raum und Hermann Groß klingelte leise mit dem Stift an seinem Glas, um sich Gehör zu verschaffen und die Gäste zu diesem traditionellen Abend willkommen zu heißen. Das Wetter hatte an diesem Abend nun wirklich gar nichts Winterliches, so dass alle Zuhörer gespannt sein durften, welche wunderbaren Geschichten und Gedichte Hermann Groß in diesem Jahr ausgewählt hatte, um ein winterliches Hörambiente zu schaffen. Worüber sich alle Gäste jedoch bereits im Voraus sicher waren: Es würde ihm auch an diesem Abend gelingen, sie mit seinen liebevoll ausgewählten Wintergeschichten hervorragend zu unterhalten. Viele der Geschichten und Gedichte entsprangen der Feder großer, namhafter Dichter, einige sind in Mundart verfasst und wurden in solcher auch von Hermann Groß liebevoll vorgetragen. Erstmalig durften sich die Gäste Gedichte oder Geschichten, die ihnen in den letzten Jahren besonders gut gefallen hatten, nochmals wünschen, was von vielen auch wahrgenommen wurde. Somit war der Vortrag eine Mixtur aus „Neuem“ und „Altem“, was dem Abend und der Stimmung sehr gut bekam. Hermann Groß begann seinen Vortrag mit guten Wünschen zum neuen Jahr, verpackt in ein Gedicht von Peter Rosegger, gefolgt von Erich Kästner, dessen Gedicht zum Thema „Januar“ sowohl humorvoll, als auch tiefgründig daher kam. Groß‘ Vortrag des „Eisenbahngleichnises“ öffnete den Zuhörern sehr tiefgründige Einblicke in den Lauf des Lebens und gipfelte in der Feststellung Kästners „Wir sitzen alle im gleichen Zug, nur leider viele im falschen Coupé“ So viel Tiefsinn schreibt man Kästner allgemein gar nicht zu, was für viele sicher auch einen neuen Blickwinkel auf dessen Werk eröffnete. Bei den Gedanken an das neue Jahr lag das Thema „Wetter“ nicht so ganz fern, musste Hermann Groß seine Gäste mangels Winterwetter doch verbal in „Winterabendlaune“ versetzen. Nachdem er sich über das Gedicht „Sauwetter“ von Eleonore Enzmann dem Thema genähert hatte, dozierte Herrmann Groß in ganz wunderbarer, hessischer Mundart über Regen und Schnee, was in der herrlichen, hessischen Version von „Leise rieselt der Schnee“ als „Es mächt fein runner“ gipfelte und nachhaltige Begeisterung bei den amüsierten Zuhörern auslöste. Der Zauber dieser amüsanten Mundartgedichte und -geschichten ist es, der die Besonderheit dieses literarischen Winterabends jedes Jahr aufs Neue ausmacht. Friedrich Stolzes Geschichte vom Schlittschuhverleiher und dem Schlittschuhclub war einer der Texte, den sich viele Gäste für den Abend gewünscht hatten, genau wie Alfons Pillachs Gedanken zum fehlenden Schnee, die in der Frage gipfelten: „Wo ist Frau Holle?“ Ein weiteres, literarisches Thema des Abends waren die Familientraditionen und -bräuche, über die sich Erich Kästner („Als ich ein kleiner Junge war“) ebenso Gedanken gemacht hatte wie Herrmann Groß persönlich. Seine eigenen thematischen Betrachtungen, immer in Mundart verfasst und mit viel Königsteiner Lokalkolorit versehen, begeistern das Publikum immer wieder. Wenn er sich über den Christbaum auf dem Kapuzinerplatz auslässt und unsere Stadt, ob der Düfte eines bekannten Imbisswagens auf eben demselben Platz, als „Hähnchenluftkurort“ bezeichnet, bleibt beim Publikum kein Auge trocken. Auch Otto Zöllers „Beim Kerzenschimmer“, oft von den Gästen gewünscht, erzählt auf humorvolle Weise von den Qualen eines hungrigen Familienvaters, der sich einer Invasion seiner Nachbarn am Weihnachtstage gegenübersieht. Humorvoll und auf Mundart von Hermann Groß vorgetragen – ein wahrer Ohrenschmaus. Einen Blick in vergangene Zeit eröffnet Herrmann Groß, wenn er aus seinem eigenen Leben, oft aus Kindheitstagen erzählt. Damals, als ein Winter noch ordentlich Schnee hatte und man die Tatsache, dass es geschneit hatte, morgens am Klang der Kirchturmuhr hören konnte. Seine Jugendgeschichte erzählte von geschenkten Skiern, die der Onkel selbst hergestellt hatte und von den sportlichen Ambitionen, die diese in dem Jungen Hermann Groß entfacht hatten. Selbst von einen Sprung über eine – von Kronberger Kindern selbst gebaute – Schanze am Opel-Zoo konnte er berichten, auch wenn das Ergebnis nicht zugunsten der Skier ausfiel. Zunächst verbogen, mangels eigener Reparaturkünste dann kaputt, musste Klein-Herrmann Abbitte beim Onkel leisten und hatte bedauerlicherweise die längste Zeit Skier gehabt. Es gab aber auch Besinnliches zu erzählen, sowie tierische Geschichten, die dem Publikum wortwörtlich „tierischen“ Spaß machten (z. B. von den Fröschlein J.W. von Goethe) oder auch von Enten oder dem Eisfischen).

Mit Karl Ettlingers Version des „Schneewittchens“ auf Hessisch, setzte Hermann Groß zum großen Finale an. Herrlich kernig und amüsant erfuhren die Gäste die „wahre“ Geschichte des Schneewittchens, die sich, schenkt man dem Autor Glauben, zwischen Frankfurt und Offenbach abspielte und natürlich in Mundart verfasst war. Ein unglaubliches Vergnügen für die Zuhörer, die das vielfältige und gelungene Programm von Herrmann Groß zum Ende des Vortrags begeistert mit einem großen Applaus belohnten.

Dass die Gäste Spaß hatten und den Winterabend gerne unterstützen, sah man an den Sammeldosen, die sich am Ausgang knisternd füllten. Der Winterabend kostete, wie in jedem Jahr, keinen Eintritt. Stattdessen bat die Kulturgesellschaft die Gäste am Ende des Vortrags um eine Spende für ihre Arbeit. Dass die Spende gut angelegt ist, sieht man an den kommenden Veranstaltungen. Am 28. Januar schließt sich, in Zusammenarbeit mit dem Förderverein der Immanuelgemeinde Königstein, das Gitarrenkonzert „Von Walzer bis Samba“ mit Yulia Lonskaya an. Am 23. März folgt in Kooperation mit dem Partnerschaftskommitee Falkenstein-Le Mêle im Bürgerhaus in Falkenstein das Theaterstück „C‘est la Vie. Paris.Paris.“ mit dem Stalburg Theater – zwei hochkarätige Veranstaltungen, deren Besuch sicher ebenfalls lohnt.



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