Königstein (js) – Das malerische Königstein mit seinem ganz besonderen Charme wurde auch immer wieder von vielen berühmten Autoren aufgesucht, die nicht bloß aufgrund eines Kurbesuchs hier gerne verweilten. Stadtarchivarin Beate Großmann-Hoffmann, die sich mit diesem Thema anlässlich ihres Vortrags in der Stadtbibliothek eingehend beschäftigt hatte, lud auf eine spannende Zeitreise ein, bei der man noch weit mehr über diesen historischen und damals schon so für Begeisterung sorgenden Kurort erfahren konnte.
Dass die Stadtarchivarin jedoch gerade das Thema „Berühmte Autoren zu Gast in Königstein“ wählte, ist definitiv kein Zufall, sondern vielmehr der Ursache zu verdanken, dass die Stadtbibliothek in diesem Jahr mit ihrem stolzen 40. Geburtstag ein ganz besonderes Jubiläum feiern darf. Geradezu passend schien es in diesem Zusammenhang, einmal einen Blick auf die die Kleinstadt prägenden Autoren zu werfen. Allen voran, war einer der wohl bekanntesten Friedrich Stoltze, der anlässlich eines Kuraufenthaltes im Jahre 1859 erstmalig Bekanntschaft mit der Kleinstadt machte. Zur Gesundung, Genesung und Stärkung befand er sich damals zur Kur beim berühmten Dr. Pingler, dem er auch später einige Zeilen widmete. Das jedoch war längst nicht das Einzige hinsichtlich Königstein Erwähnenswerte für ihn. Auch Ereignisse, wie die umstrittene erste Wasserleitung, die in Königstein verlegt wurde, und welcher er selbst sehr kritisch gegenüberstand, finden sich in seinen Aufzeichnungen wieder.
Aber auch sogar königlicher Besuch habe Königstein die Aufwartung gemacht, erfuhr man von der Heimatkundlerin. So zum Beispiel von dem Königspaar von Rumänien, das im Jahre 1885 für einige Wochen in der Kleinstadt verweilte und im Hotel Pfaff logierte. Elisabeth von Rumänien, auch eine begnadete Schriftstellerin, war eine Nichte des Herzogs Adolph von Nassau – wahrscheinlich einer der Gründe, weshalb sie der Weg auch immer mal wieder nach Deutschland, ihr Heimatland, führte. Zu diesem Zeitpunkt begaben sie und ihr Mann sich allerdings zu einer gemeinsamen Kur bei Dr. Pingler in die malerische Kleinstadt. Bei Königin Elisabeth, die auch unter dem Namen Carmen Sylva bekannt sei, handele es sich um eine sehr facettenreiche Dame, erläuterte Beate Großmann-Hoffmann. Ihre Interessen seien breit gestreut gewesen. Angefangen vom Märchensammeln über das Schreiben und das politische Engagement bis hin zu ihrer Betätigung als Übersetzerin habe sie unendlich viele Begabungen gehabt, weswegen sie auch oft als überaktiv und übereifrig gegolten habe. Ein herber Schicksalsschlag wurde der „toughen“ Frau jedoch auch zuteil. So verlor sie ihre einzige Tochter bereits im Alter von vier Jahren – keine einfache Situation, gerade auch in Anbetracht dessen, dass eine Königin ja immer dem Druck ausgesetzt ist, möglichst viele Nacherben zu gebären.
Sie sei ganz und gar von der Kurstadt und ihren „guten, anständigen Leuten“ angetan gewesen, so heißt es. Daher scheint es auch nicht verwunderlich, dass sie während ihrer Aufenthaltszeit gerne den Ort erkundete. Das Königspaar pflegte nicht nur gerne Spaziergänge zu machen, sondern zeigte auch reges Interesse an stadtprägenden Örtlichkeiten wie der Lungenanstalt Dettweiler oder der Schneiderstube.
Was Rumänien angeht, so stach sie vor allem durch ihr großes Engagement für den Erhalt der rumänischen Kultur und deren Menschen hervor, um die sie sich verdient gemacht hatte. Nichtsdestotrotz habe sie aufgrund einer massiven Einmischung in eine politische Angelegenheit, bei der sie einen Kupplungsversuch gestartet habe, auch das rumänische Volk gegen sich aufgebracht, weshalb sie einige Zeit alleine nach Neuwied übersiedeln hätte müssen, so Großmann-Hoffmann.
Ein weiterer durchaus nennenswerter Autor, der sich im Hinblick auf die Bekanntheit Königsteins verdient gemacht hat, ist Rudolf Binding (1867-1938), der als Sohn wohlhabender Eltern in Basel zur Welt kam. Für seine Kindheit und Jugend prägend waren vor allem die Orte Leipzig und Freiburg. Später, nach dem Ersten Weltkrieg, verschlug es ihn dann nach Frankfurt am Main, wo er bis 1935 in dem Ort Buchschlag lebte. Da er aus einer einflussreichen Anwaltsfamilie stammte und damit ein Akademikersohn war, verstand es sich von alleine, dass auch der Sohne dieses Erbe antrat. Er studierte Rechtswissenschaften und Medizin, merkte jedoch sehr rasch, dass er anderen Interessen, wie zum Beispiel der Schriftstellerei und dem Pferderennen zugewandt war, weswegen er später auch als Pferdezüchter und Rennreiter tätig war. Auffällig zwiespältig sei sein Verhältnis zum Nationalsozialismus gewesen, gab die Historikerin zu verstehen. Dabei habe er auch ein äußerst widersprüchliches Verhalten an den Tag gelegt.
Hinsichtlich seiner Beziehung zu Königstein sei vor allem seine im Königsteiner Kurhaus abgehaltene Lesung zu nennen, bei der sich ein paar seiner Geschichten auch um Königstein rankten. Eine der wohl bekanntesten, sich mit dem holden Kurort beschäftigenden Erzählung heißt „Die Vogelscheuche Mammolshain“ und handelt von einem an Tuberkulose erkrankten Mädchen, das in die Hände einer in Mammolshain lebenden Familie kommt und sich mit einer im Feld stehenden Vogelscheuche ihres Ziehvaters anfreundet. Als diese jedoch vom Vater entwendet wird, ergreift das Kind einen solchen Groll, dass es den Pflegevater kurzerhand ersticht: Da bringt man es nach Frankfurt, wo es kurze Zeit später stirbt.
Interessanterweise finden sich unter den in der Kurstadt wandelnden Autoren aber auch viele Autorinnen. Hier bezog sich Beate Großmann-Hoffmann auf Dorothea Sternheim (1905-1954) und Netty Reiling (1900-1983), besser bekannt unter dem von ihr später angenommenen Namen Anna Seghers. Dass die junge Netty Reiling diesen Namen annahm, hatte dabei nicht etwa etwas mit einer Heirat zu tun, sondern obskurerweise mit einer Lichtgestalt aus dem 15. Jahrhundert, die sie über die Maßen verehrt haben soll. 1920 ging Letztere zum Studieren nach Heidelberg, wo sie Geschichte, Kunstgeschichte Sinologie studierte und später auch den Kleist-Preis erhielt. Schon als Kind habe sich bei ihr eine besondere Intelligenz abgezeichnet, weswegen sie auch schon außerordentlich früh dem Lesen und Schreiben zugewandt gewesen sei, was wohl vor allem in ihrer Kränklichkeit begründet lag, so die Historikerin, die in ihrem überaus lebendig gestalteten Vortrag ihre Zuhörer immer wieder in den Bann zu ziehen wusste. Begleitet von einer spannenden Diashow erlebte man eine spannende Zeitreise.Vor allem in dem sehr populären Roman „Das 7. Kreuz“ wird die Brücke zur beliebten Kurstadt geschlagen. Dabei nimmt Anna Segher hier auch ganz konkret Bezug auf markante Plätze wie das Ursulinenkloster, Kronberg sowie das Rhein-Main Gebiet. Allesamt sind Schauplätze ihrer verschiedenen Geschichten. Weiterhin werden auch konkrete Namen von Personen genannt, die wirklich zum Beispiel in Königstein wohnhaft waren. Die gute Frau Katzenstein, die nachgewiesenermaßen in Königstein ein Miederwarengeschäft geführt haben soll, ist hier nur eine davon.
Und so vielseitig und passioniert die in Ostberlin lebende Autorin auch war, so blieb ihr der lang gehegte Traum, einmal in die USA zu gehen, leider doch verwehrt, da sie dort keine Aufnahme erhielt.