„Christliche Werte leben und nicht nur predigen“

Reinhild Fassler in ihrer „Kommandozentrale“ – von hier aus werden die Gaben, wie dieser warme Pullover, den sie in den Händen hält, an Not leidende Menschen verteilt.

Foto: Schemuth

Königstein (el) – Während draußen vor der Haustür besinnlich die Kerzen hinter einer Laterne aus Glas flackern und der Adventskranz an der Tür Gemütlichkeit ausstrahlt, herrscht im Inneren des Hauses, und im Speziellen im Keller, rege Betriebsamkeit bei Reinhild Fassler, die jedes Jahr um diese Zeit zu Hochform aufläuft. Wintermäntel, Jacken, Pullover, Schals – alles, was warm hält, und von Spendenwilligen zur Weiterverteilunng an Bedürftige abgegeben wurde, sortiert die Königsteinerin, um diese Gaben dann den Ärmsten der Armen zu bringen.

Bis 2009 hat sich die ausgebildete Opernsängerin, die schon als Kind ein ausgeprägtes „Verantwortungsgefühl“ für ihre vier Geschwister vom Elternhaus mit auf den Weg bekommen hat, im Frankfurter Ostpark engagiert. Hier feierte sie auf Anregung ihrer eigenen Tochter Katharina, mit den Mutter-Theresa-Schwestern und Pater Thomas Gertler im Containerdorf – eine Art Notunterkunft – Ostern und Weihnachten mit den Obdachlosen und Menschen am Rande der Gesellschaft. Dort kam sie in Berührung mit Menschen, die teils traurige Schicksale erlebt haben, von Alkohol und Drogen und einem Leben auf der Straße gezeichnet sind. Hier wandelte Reinhild Fassler stets auf einem schmalen Grat und packte an, um zu helfen, nicht etwa mit einer rosaroten Brille auf, sondern mit einer Portion Realismus, der es bedarf, um auch die Distanz wahren zu können, damit die vielen erschütternden Lebensläufe einem nicht völlig unter die Haut gehen und lähmen.

Seit sechs Jahren konzentriert sich ihre Hilfe im Sinne der Nächstenliebe als Bestandteil eines gelebten Christentums auf den Franziskustreff in der Frankfurter Innenstadt. Hier bindet sich die gebürtige Österreicherin das ganze Jahr über ein bis zweimal in der Woche schon frühmorgens eine Schürze um und bedient die Menschen, die zur Tür hineinspazieren und hier einen gedeckten Tisch vorfinden, von dem so manch einer von ihnen lange geträumt hat. Für einen Obolus von 50 Cent ist hier jeder willkommen, vorausgesetzt, er verletzt die Gebote der Gastfreundschaft nicht, die ihm von den Ordensbrüdern entgegengebracht werden. „Der Franzisikanerorden ist ein Vorbild für mich, denn hier wird in der Einfachheit die Nächstenliebe konkret“, sagt Reinhild Fassler, die es schon erlebt hat, dass hier täglich 160 Gäste bewirtet werden.

Zurzeit ist die 72-Jährige damit beschäftigt, die eingehenden Sachspenden für das Weihnachtsfest aus Königstein und Glashütten und seinen Ortsteilen zu sortieren, um sie dann an die Hilfsbedürftigen weitergeben zu können. Etwa 60 Prozent der gespendeten Sachen werden nach Frankfurt transportiert: Auch die Logistik dahinter ist keine Selbstverständlichkeit. Seit einiger Zeit kann sie hier auf die verlässliche Hilfe von Frank und Winter zählen. Ein Teil der Sachspenden kommt aber auch den Flüchtlingen in Königstein und Kronberg zugute. Und diesbezüglich sagt Reinhild Fassler unmissverständlich: „Wir sind für alle da und lassen keine Missstimmung aufkommen.“ Gleichzeitig hat sie aber auch nicht den Blick auf die Realität, wie sie manche Menschen leider heutzutage sehen, nicht verschlossen. Neid und Eifersucht – keine schönen Eigenschaften – gegen die Flüchtlinge in Frankfurt konnten aufkeimen, da es immer geheißen habe, dass es in der Mainmetropole keinen Wohnraum gebe und auf einmal werde gerade dieser im Rekordtempo geschaffen. Damit seien manche Menschen überfordert, was natürlich schade und traurig sei, dabei sollte das Teilen doch eigentlich leicht fallen. So wie im Franziskustreff – hier arbeitet sie mit Bruder Michael als Nachfolger von Bruder Paulus zusammen –, wo die Devise gilt: „Wenn man sich kennt, fällt das Teilen leichter. Ob Migranten oder Einheimische oder Flüchtlinge aller Nationen – jeder habe zunächst Angst vor dem anderen, bis das Eis gebrochen ist.

Dabei hat die 2014 für ihr soziales Engagement vom Lions Club Vordertaunus mit dem „Schwarzen Löwen“ ausgezeichnete Fassler über die Jahre ein treues Netzwerk an Spendern aufgebaut, die mit ihr älter geworden sind. Froh ist sie auch darüber, dass die Spendenbereitschaft in Königstein weiterhin groß ist. Auch die Mitglieder des gemeinnützigen Königsteiner Vereins „Bürger helfen Bürgern“ hätten viel an sie gespendet. Jeder gibt, was er kann. Sogar ein Gemüse- und Obsthändler in Königstein ist eine stete Quelle für die Hilfe, die nie versiegen darf, weil es eben auch wider der landläufigen Meinung selbst im Taunus Armut gibt, vor der man sich nicht abwenden sollte.

So findet bei Reinhild Fassler auch die Küchenhilfe eine tragbare Winterjacke, die sich sonst noch nicht mal eine aus dem Second-Hand-Laden leisten könnte.

Man müsse es seinen Kindern vorleben, das soziale Engagement, davon ist Reinhild Fassler überzeugt, die eine tiefe Zufriedenheit hieraus zieht. Aber das gehe nur mit einem fest verankerten Glauben und deshalb sagt der Engel der Armen aus dem Taunus: „Wir müssen christliche Werte leben und nicht nur predigen.“ Davon, dass einige Geistliche, wie Bischöfe und Kardinale in Prunk leben, sollte man sich nicht etwa beirren lassen. Diese Lebensform habe mit Christus nichts gemein, ist ihre feste Überzeugung.

Noch bis 23. Dezember spenden für Arme

Königstein – Wie jedes Jahr feiert Reinhild Fassler Weihnachten zusammen mit den Armen, Obdachlosen und Ausgegrenzten in unserer Region und im Franziskustreff Frankfurt bei Bruder Paulus. Ein Teil der Spenden geht auch an Flüchtlinge in Königstein und Kronberg.

Hierfür werden dringend Süßigkeiten, Stollen, Gebäck und Schokoladen-Weihnachtsmänner benötigt. Ganz besonders freut sich die Organisatorin auch über Kaffee- und Obstspenden.

Die Gaben können bis Mitwoch, 23. Dezember, bei den folgenden Stellen abgegeben werden: Reinhild Fassler, Gerichtstraße 17, Königstein, Telefon 06174/62137, Katholische Pfarrei Maria Himmelfahrt im Taunus, Pfarrbüro Königstein, Georg-Pingler-Straße 26, Telefon 06174/21480, Konditorei Kreiner, Fußgängerzone Königstein, Paul Kiefer, Frau Kerth, Grabenstraße 1, Schloßborn, Telefon 06174/63355. In den folgenden Pfarrbüros ist Abgabeschluss am Freitag, 18. Dezember: Evangelische Markus-Gemeinde Schönberg, Friedrichstraße 50, Kronberg, Telefon 06173/79421 (Frau Lind), Katholische Kirche St. Philippus und Jakobus, Schloßborn, Telefon 06174/61219 (Frau Döppenschmitt).



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