„Sie hat das Taunusgymnasium zum Leuchten gebracht“

Die Schlange reichte bis vor die Tür: Zur Verabschiedung in den Ruhestand überreichten Vertreter aller Klassen ihrer Schulleiterin Roswitha Stengl-Jörns je eine Rose.

Fotos: Friedel

Königstein (hhf) – Es ist von Alters her eigentlich kein Geheimnis, dass viele Schüler und einige Lehrer ihre Direktoren lieber von hinten sehen oder wenn möglich einen großen Bogen machen, um Schwierigkeiten zu vermeiden. Ganz anders verhielt sich das aber nun am Taunusgymnasium, als dessen langjährige Schulleiterin Roswitha Stengl-Jörns in den Ruhestand verabschiedet wurde. Nicht nur, dass sich knapp drei Stunden lang verschiedenste Redner das Mikrofon in die Hand gaben, unterbrochen von reichlich musikalischer Eigenproduktion, sogar das Lehrerkollegium sang ein Abschiedslied. Nein, es kamen auch so viele Ehemalige, dass der Theatersaal bis über den letzten Platz gefüllt war und dort – obwohl nach der sechsten Stunde eigentlich schulfrei war – erst einmal warten mussten, bis die Vertreter jeder eigenen Klasse ihrer Direktorin eine Rose überreicht hatten. Ein Unterfangen, das bei über 1.000 Schülern seine Zeit in Anspruch nahm, die Schlange der Gratulanten reichte bis vor die Tür und als Vase musste ein großer Eimer herhalten.

„Sie haben mich vor sieben Jahren begrüßt – dass ich Sie heute verabschiede, haben wir beide damals nicht geahnt“, schon diese herzlichen Worte von Schulsprecherin Svenja Appuhn ließen erahnen, dass das Konzept der Direktorin aufgegangen war, die die Schule mit einem kollegialen Führungsstil „zum Leuchten bringen“ wollte, als sie deren Leitung in schwierigeren Zeiten übernahm. „Dies ist Ihre Schule und wir sind stets ein Teil von Ihnen“ bestätigte auch Dirk Wingenfeld, der als stellvertretender Schulleiter für die offizielle Begrüßung zuständig war. 1990 war er an das Taunusgymnasium gekommen und hatte Roswitha Stengl-Jörns „als kompetente Oberstufenleiterin kennengelernt“, dann ging er an eine Auslandsschule. Besonders gerne war er von dort wieder zurückgekommen, um nun ihr Stellvertreter zu werden, doch wurden daraus „nur wenige Tage“, denn in Folge einer problematischen Operation trat die Direktorin nun früher als ursprünglich geplant in den Ruhestand, was ihr noch immer sichtlich schwer fiel.

„Sie hat Spuren hinterlassen, die noch lange sichtbar sein werden“, war sich dennoch Dr. Rosemarie zur Heiden, Leiterin des staatlichen Schulamtes für den Hochtaunuskreis und Wetteraukreis sicher, deren Aufgabe darin bestand, die offizielle Versetzung in den Ruhestand in Wort und Urkunde mitzuteilen. „Die Schülergeste war so nett – was soll ich da noch sagen?“ brachte sie das bisherige Geschehen auf den Punkt, fand dann aber doch noch ein passendes Thema, indem sie den von Lob und gelungenem Engagement gespickten Lebenslauf skizzierte. „Sie besitzt pädagogische Fähigkeiten, die nicht erlernbar sind“, lautete ein Eintrag in der Akte über die Biologie- Sozialkunde- und Erdkunde-Lehrerin in Höchst und empfahl, die Probezeit bis zur Verbeamtung zu verkürzen. Vor etwa 20 Jahren wechselte die überzeugte Frankfurterin an das Taunusgymnasium, wo sie es über verschiedene Funktionen bis zur Direktorin brachte, mit der Vision, es zu einer „leuchtenden Schule“ zu machen, was auch bald gelungen ist. „Das Schulamt hat Ihnen viel zu verdanken“, quittierte dessen Leiterin und fügte hinzu: „Es war immer eine Freude, mit ihr zusammenzuarbeiten.“

Ganz ähnlich sahen das auch Landrat Ulrich Krebs und Bürgermeister Leonhard Helm, die sich schon beinahe verschämt dazu bekannten, ihr Abitur jeweils auf der Bischof-Neumann-Schule abgelegt zu haben. „Alles Gute in Frankfurt, zu Füßen unserer Stadt“ wünschte der Bürgermeister, dessen Amtszeit in etwa mit der der Schulleiterin identisch ist. Die hatte es beiden Politikern nicht immer einfach gemacht, vor allem der Hochtaunuskreis als Schulträger hat sie als „konsequente, hartnäckige Vertreterin der Schulinteressen“ kennengelernt, dafür freuten sich aber beide, dass eine öffentliche Schule neben zwei Privatschulen im gleichen Ort so gut dasteht.

„Ihr war immer bewusst, dass ihr Beruf in einen gesellschaftlich-politischen Kontext eingebettet ist“, deshalb habe sie auch Bildungspolitik betrieben, zählte Dr. Knud Dittmann weitere Facetten der Lebensleistung von Roswitha Stengl-Jörns auf. Als Vorsitzender des Hessischen Philologenverbandes hatte er, wie viele der Kollegen, mitunter das Gefühl, seine Stellvertreterin sei „unbegrenzt belastbar“, mittlerweile wissen es alle leider besser. Für „immer guten Austausch“ bedankte sich auch Heike Zinke im Namen der benachbarten Schulleiter, aus den Reihen der eigenen Schulleitung erinnerte Ulf Linke an die nicht leichte Aufgabe, bei den Schülern „schöpferische Selbsttätigkeit“ zu erzeugen, die seiner Chefin so am Herzen lag. Dr. Charlotte Eckhardt-Letztelter und Christiane Schönherr bestätigten als Vorsitzende von Schulelternbeirat und „Bund der Ehemaligen und Förderer des Taunusgymnasiums“, dass diese Ideen auch die Zielpersonen erreicht haben und vom Personalrat, vertreten durch Ulrike Spahn, gab es sogar ein Leucht-Schild für die Visionärin.

Unter den vielen Geschenken stachen die einiger Fachbereiche heraus, sei es Kunst zum Thema „Der Denker“ von Rodin, „Intelligenzspielzeug“ für den neuen Hund oder gar ein Globus voller Bilder aus der Schule, gekrönt wurde alles sicherlich durch den Projektchor des Lehrerkollegiums: „Wir sagen Danke dir Roswitha, und ziehen vor Dir den Hut“.

Von allem sichtlich beeindruckt, griff Roswitha Stengl-Jörns in ihrem Schlusswort noch einmal auf, wie wichtig es ist, den Schülern neben fundiertem Grundwissen auch die Fähigkeit, sich neues Wissen anzueignen, beizubringen.

„Ich sehe das Leuchten in den Augen unserer Schüler“ stellte sie fest, dass ihre Vision der leuchtenden Schule („sie strahlte, und ich strahlte mit“) aufgegangen ist und dankte dafür besonders ihren Lehrern: „Sie müssen für Ihr Fach brennen, wenn der Funke auf die Schüler überspringen soll.“ Aber auch Hausmeisterehepaar Beato oder das „Dreamteam“ im Sekretariat sprühen inzwischen leuchtende Funken, weshalb alle zum großen Büfett in der Schulkantine „Wob“ (world of breakfast) eingeladen waren.

Dort freilich war das Programm noch lange nicht zu Ende, es gab weitere Rosen für „Rosi“ im Rahmen eines Überraschungsauftrittes ehemaliger Schüler, die aus den Elaboraten der Musiktheater-AG ihrer Zeit ein Musical-Potpourri zusammengestellt hatten und schließlich noch ein Gedicht der Schülerbetreuung. „Das Taunusgymnasium leuchtet so, wie ich es mir vorgestellt habe“ freute sich die frisch gebackene Ruheständlerin noch einmal, und mit ihr auch Ehemann Peter, „dessen Verständnis ich schon stark strapaziert habe.“

Die Ruhestandsurkunde wurde von Dr. Rosemarie zur Heiden (re.), Leiterin des staatlichen Schulamtes für den Hochtaunuskreis und Wetteraukreis, überreicht.

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