Es ist jetzt fast neun Jahre her, dass wir uns auf das Abenteuer Asien eingelassen haben und ausgewandert sind. Das erste Land in dem wir lebten, war Kambodscha, danach kamen Vietnam, Laos und jetzt Thailand. Wenn man in ein anderes Land kommt, dessen Sprache man nicht spricht und dessen Kultur und Lebensweise unbekannt sind, fühlt man sich wie ein kleines Kind. Wir brauchten für alles einen Übersetzer, wir wussten nicht, wie man Internet beantragt, wann der Müll geleert wird, wo der Supermarkt ist und wieviel ein Taxi kostet. Und man tritt in eine Menge Fettnäpfchen und macht Fehler. Zum Beispiel dachte ich, es sein eine tolle Bild-Einstellung, meine Kamera aus einem Tuk-Tuk heraushängen zu lassen – bis der Fahrer mir sagte, so werde sie sehr schnell gestohlen.
Wir haben schnell versucht uns an die Situation anzupassen, so gut es geht. Ich habe Vietnamesisch gelernt (aber schon wieder vergessen), Laotisch und Thai (das kann ich sogar lesen). Zumindest dachte ich, ich habe die Sprache gelernt. In Vietnam hat mich keiner verstanden oder wollte nicht – die Betonung im Vietnamesischen ist ein Albtraum. Es brauchte immer mindestens vier Anläufe, bevor wir die Rechnung bekamen, weil Tien Tieng auch gerne klingt wie Ten Teng. Im Laotischen sind die Wörter für Hund und Pferd fast gleich, und viele haben gestaunt, dass wir vier Pferde haben und die sogar ins Haus dürfen.
Wir dachten immer, wir seien asiatisches Essen gewohnt und hatten kein Problem mit Schärfe – bis wir nach Laos kamen. Unsere Nachbarn hatten viel Freude daran, uns Schwitzen zu sehen, wenn wir einen einheimischen Minzesalat mit sehr, sehr viel Chili aßen. Da hilft nur Augen zu und durch. In Vietnam bekam ich einmal eine gegrillte Schlange als Geschenk – schmeckte gut, aber wenig Fleisch dran. Wie auch beim gebratenen Eichhörnchen.
Wir haben natürlich auch erlebt, wie man sich als Ausländer fühlt: Gerade in Thailand wird man oft nicht gleich bedient, Angestellte laufen weg (auch weil sie Angst haben, nicht kommunizieren zu können), Preise für Einheimische und Ausländer sind manchmal verschieden. Oft rufen Kinder laut „Falang Falang” wenn man in ein Dorf kommt – es ist das thailändische Wort für kaukasische Ausländer. Ist das diskriminierend? Vielleicht ein wenig, aber oft steckt hier keine böse Absicht dahinter. Wir kennen auch viele Ausländer, die – obwohl sogar verheiratet mit Einheimischen – die Sprache nicht sprechen und sich damit isolieren. Sehr viele Deutsche übrigens. Sie hängen dann nur mit anderen „Falangs“ herum.
Unsere Überlebensregel ist: Anpassen, so weit es geht und sinnvoll ist, aber nicht vergessen, was man selbst einmal gelernt hat. Wir fahren nicht betrunken oder ohne Helm Moped, nur weil das alle machen. Wir geben nicht alles Geld einem Tempel, nur weil das Glück bringen soll. Und wir benutzen keine Whitening Creme, die die Haut weißer macht (es ist hier kaum möglich, Hautcremes ohne zu bekommen). Wir waren aber mal in Snowtown, einer Halle in einem Shopping Center, in der Kinder auf einem kleinen Abhang Schlittenfahren können – es ist eher Eis als Schnee.
Integration ist leicht gesagt, aber nicht einfach gemacht. Eine Sprache lernt sich nicht mal eben so, und einheimische Freunde findet man noch schwieriger. Sehr viele Ausländer, die wir kennen, essen lieber, was sie von zu Hause kennen. Die treffen sich dann am Sonntag im Pub zum Brunch mit Roastbeef. Wir gehen lieber zum Markt oder in ein lokales Restaurant, wo wir plötzlich feststellen, das der Besitzer Deutsch spricht, weil er mal in Aachen studiert hat. Oder essen Obst und Gemüse aus unserem Garten – ich baue hier Bananen, Papaya und Cassava-Wurzeln an. Vielleicht haben wir sogar schon zu viel aufgegeben: Wenn wir jetzt eine Schlange sehen, dann laufen wir hin und nicht weg. Neulich haben wir eine Drei-Meter-Python in unserer Siedlung gehabt und mussten sie unbedingt mal festhalten.
Thomas Wanhoff
Daheim im fernen Thailand: Natalie und Thomas Wanhoff, die mit ihren fünf Hunden im Süden Bangkoks leben, ganz local mit Selfie Stick am Strand in Bang Saeng.