Königstein (hhf) – Wenn man bis ins Mark getroffen ist, handelt es sich um etwas Schwerwiegendes. Diese Formulierung trifft sogar im doppelten Sinne zu, wenn der Arzt bei einem Patienten Leukämie diagnostiziert, was im Durchschnitt 90 Mal am Tag passiert, denn Blutkrebs ist eine tödliche Krankheit und die Rettung liegt im Knochenmark. Dort nämlich werden die Zellen produziert, die später durch die Adern pulsieren und die Organe des Körpers mit allem lebensnotwendigen versorgen. Stark vereinfacht ausgedrückt, kann die moderne Medizin das kranke Knochenmark zerstören und durch neues, gesundes ersetzen – doch dafür braucht es, wie bei Organtransplantationen auch, geeignete Spender.
Der Suche nach solchen „genetischen Zwillingen“ hat sich die DKMS zur Aufgabe gemacht, das Kürzel steht für „Deutsche Knochenmark-Spenderdatei“ und täuscht etwas, denn die Organisation arbeitet natürlich international vernetzt. „Weltweit waren nur drei Spender möglich, einer in Deutschland, einer in den USA und einer in Schweden“, berichtete Axel Stolzenwaldt von den erfolgreichen Bemühungen der DKMS bezüglich seiner Person: „Ich würde hier nicht stehen, wenn es diese Transplantationsmöglichkeit nicht gegeben hätte.“ Das Besondere dabei: Der beliebte Lehrer stand dabei erstmalig wieder vor seinen Schülern am Taunusgymnasium, wo eine groß angelegte „Typisierungsaktion“ zur Gewinnung neuer Spendenwilliger angesetzt war. Wohlgemerkt „-williger“, denn ein Eintrag in die Datei bedeutet nicht automatisch, dass das Knochenmark auch gebraucht wird. Die Chance, einen Erkrankten mit einem Spender zusammenzubringen, ist ähnlich hoch, wie einen „Sechser“ im Lotto zu tippen und unterliegt den gleichen Regeln der Wahrscheinlichkeit: Je mehr Tippscheine abgegeben werden, desto höher die Chance auf den Gewinn.
Angesichts der Tatsache, dass Leukämie in ihren Folgen eher mit „Russischem Roulette“ zu vergleichen ist, erklärt sich die Bemühung um viele Gewinnchancen von selbst, doch wer bezahlt den Einsatz? Immerhin entstehen pro möglichem Spender etwa 50 Euro Laborkosten, bis die genetischen Informationen von Körperzellen in die Datei aufgenommen werden können.
Im vorliegenden Fall bezahlte der Lions-Club Königstein-Burg die Rechnung, gewissermaßen als Treuhänder: Im April 2013 hatten die Damen, die einem eigenen Club neben den Herren aus der Region angehören, ihren ersten Benefizlauf zu Gunsten der DKMS veranstaltet (die KöWo berichtete ausgiebig), rund 1.000 Läufer hatten dabei 13.000 Euro eingebracht, das reicht für 260 Typisierungen, rechnet Ulrike Frech vor. Gemeinsam mit der DKMS waren die Löwendamen schließlich auf die Idee gekommen, das Geld nicht nur zu spenden, sondern bewusst zu einer Aktion in Königstein einzusetzen. Auf der Suche nach einem geeigneten Rahmen kam schließlich die Kooperation mit dem Taunusgymnasium zustande, das allerdings auch von den Oberstufenschülern der St Angela- und Bischof-Neumann-Schule besucht wurde.
Hatte der Lions-Club sich schon hoch erfreut über den erfolgreichen Benefizlauf gezeigt, so fehlten Ulrike Frech und Dr. Uta Smits, die die Typisierungsaktion durchgehend begleiteten, beinahe die Worte: Schon um 14 Uhr war der 120. Spender registriert, letztendlich sollten es über 150 werden. „Das sind sehr gute Zahlen“, lobte Martin Quarg, der als Mitarbeiter der DKMS selten eine solch hohe Beteiligung erlebt. Selbst Spender, gehört es zu Quargs Aufgaben, vor Ort zunächst ein Helferteam einzuweisen, dann in Film und Wort eine Aufklärungsveranstaltung durchzuführen und schließlich die Probengewinnung zu beaufsichtigen.
In seiner Eigenschaft als „Mitarbeiter der Spendergewinnung“ schloss er sich vor allem auch dem Lob der Löwinnen für die hervorragende Zusammenarbeit mit dem Taunusgymnasium an. Als Mitglied der Schulleitung hatte sich Ronny Reiniger um die Durchführung des besonderen Tages gekümmert und seinen Französisch-Leistungskurs mit ins Boot geholt. Während die Schülerinnen und Schüler an einer langen Tafel die Spendenwilligen einzeln berieten und ihnen beim Ausfüllen der nötigen Formulare halfen, war Reiniger omnipräsent, begrüßte zu insgesamt drei vorbereitenden Vorträgen im Theaterraum, achtete auf die Einhaltung des straffen Zeitplanes für die ganze Schule oder besorgte Mineralwasser, um den Mund auszuspülen. Daneben fand er auch noch Zeit für die Presse und ein klares Wort für die KöWo: „Das mit der Kanüle in der Ankündigung war Blödsinn.“ Recht hat er, doch stammte die Information über Blutentnahme offiziellem Material der DKMS und wurde durch die Ankündigung ärztlicher Überwachung noch glaubwürdiger. Tatsächlich ist die „Typisierung“ aber neuerdings weitgehend auf Wattestäbchen umgestellt, mit denen Zellproben aus der Mundschleimhaut „abgestrichen“ werden.
Bluten muss ein Spender nur noch, wenn er aufgrund seiner Daten in die engere Auswahl für einen Erkrankten kommt. Die Spende selbst erfolgt in 80 Prozent der Fälle durch Absaugen eines Teils des zuvor hormonell mobilisierten Knochenmarks mit einer Spritze aus dem Blutkreislauf. Ist dies nicht möglich, erfolgt eine direkte Entnahme aus dem Beckenkamm. Die Entnahme aus der Wirbelsäule und damit verbundenes Risiko einer Nervenverletzung sei ein immer wieder gehörtes Gerücht, aber unwahr, unterstrich Martin Quarg, „das einzige Risiko ist die Narkose bei der Entnahme.“ Spätestens zwei Wochen nach der Spende ist das fehlende Knochenmark im Übrigen wieder nachgebildet und es bleibt nur noch eine (gute) Erinnerung: „Über 90 Prozent der Spender würden es ein zweites Mal tun.“
Wer sich ebenfalls als Knochenmarkspender registrieren lassen will, aber zum genannten Termin keine Zeit hatte, kann dies auch von zu Hause aus tun: Unter www.dkms.de wird ein Online-Formular ausgefüllt, das kostenfreie Set zur Einsendung eines Wangenabstrichs mit ausführlicher Anleitung kommt dann mit der Post. Informationen geben die Damen vom Lions-Club Königstein-Burg sicher auch gerne, doch arbeiten die schon wieder am nächsten Benefizlauf, der diesmal am Sonntag, 11. Mai, (Muttertag) stattfinden wird. Der Erlös soll diesmal der Heilung von Brustkrebs dienen und geht an die Organisation SUSAN G. KOMEN Deutschland e.V.
Näheres ist ebenfalls im Internet zu erfahren, unter www.benefizlauf-königstein.de, dort besteht auch demnächst die Möglichkeit, sich anzumelden.
Fachkundige Helfer: Nach einer umfassenden Einweisung übernahmen etliche OberstüflerInnen des Taunusgymnasiums die ebenso vertrauens- wie verantwortungsvolle Einzelbetreuung der Spendenwilligen sowie die Sicherung ihrer Daten.
Fotos: Friedel
Die allgemeinen Informationen der DKMS über ihre Tätigkeit ergänzte Axel Stolzenwaldt um einen ganz speziellen Aspekt: Der beliebte Lehrer kehrte erstmals zu seinen Schülern zurück, seit er an Leukämie erkrankt war und dank der DKMS einen Lebensretter gefunden hatte.