Hüttenzauber: Der Kuckuckstreff im Lichterglanz

Schneidhain (hhf) – Das Zelt, mit dem alles einmal begonnen hatte, ist gut beheizt aber leer – ganz im Gegensatz zum Kuckuckstreff nebenan, wo sich die Schneidhainer und ihre Freunde zwischen Weihnachtsbaum und Hütten richtig drängeln. „Fast so wie früher“, freut sich einer und pustet auf seinen heißen Glühwein, sein Nachbar bestätigt: „Hmmm!“, denn er beschäftigt sich gerade mit einer Wildbratwurst im Brötchen. Ganz ähnlich wie beim Nachbarschaftsfest im Sommer treffen sich hier Neubürger und Alteingesessene unter Regie des Elferrates, dabei wird der heiße Ebbelwein vom Rudi Ebeling schon mal auf Englisch verkauft.

Natürlich wird auf Nachfrage auch die Historie des „Hüttenzaubers“ übersetzt, dessen Entwicklung ganz interessant zu beobachten ist: Als vor einigen Jahren durch den Schulneubau der angestammte Platz für den Weihnachtsmarkt verstellt war, hatten die Schneidhainer nämlich beschlossen, dass es ohnehin zu viele Weihnachtsmärkte im Advent gibt und auf ihre eigene Version verzichtet. Da man aber gerne miteinander feiern wollte, wurde der „Hüttenzauber“ geboren, der zunächst aus einem beheizten Zelt am Kuckuckstreff bestehen sollte. Dazu brauchte man aber trotzdem noch eine Hütte, denn der Grill durfte nur im Freien betrieben werden.

Waren zunächst die Termine für die Wurstwende-Schicht recht einsam verlaufen, siedelte bald auch der Getränkestand ins Freie um, damit im Zelt mehr Platz ist. Hieraus ergab sich die Notwendigkeit, den Platz um den Weihnachtsbaum zu beleuchten (und auch den Weg zum Toilettenhäuschen, das nun nicht mehr neben dem Zelt stehen sollte), was wiederum dazu führte, dass die Besucher bei gutem Wetter draußen Fuß fassten.

Das Prinzip der kurzen Wege zum Nachschub ließ schließlich Stehtische aus dem Boden wachsen und, wenn man schon unter dem Weihnachtsbaum im Freien steht, dann könnten doch ein paar Hütten mehr den Wind abhalten und ausserdem weihnachtliches Flair verbreiten...

Mit vier Holzhäuschen und zwei Zelten ist mittlerweile also wieder ein kleiner Weihnachtsmarkt gewachsen, wenn auch die Musik erfrischend anders zusammengestellt ist: „I was made for loving you“ tönt es aus dem blauen Zelt, der heimlichen Zentrale, wo Beschallung und Grill unter einem Dach zu finden sind. Sonderwünsche in beiden Sparten nicht ausgeschlossen, nur „der Chef“ ist gerade nicht zu finden – macht nichts, also erst einmal ein kleiner Rundgang.

Wer es lieber adventlich-süß mag, findet nebenan in der Kuchenbude eine stolze Auswahl, Früchtebrot, Plätzchen und Nüsse zum Mitnehmen gibt es hier auch und natürlich heißen Kaffee sowie die passenden alkoholischen Verdünnungsmittel dazu. Gegenüber steht die Hütte gewaltig unter Dampf, denn hier köcheln Glüh- und Ebbelwein und für den Nachwuchs braten die netten Herren vom Elferrat auch schnell mal einen Orangensaft. Der Geheimtipp ist allerdings ein kräftiges Doppelbock, das ist zwar erst kalt, macht dann aber auch ganz schön warm. Für Notfälle und spontane Runden stehen außerdem auch noch etliche Beschleuniger im Wandregal.

Mit einem Topf Nachschub im Arm biegt hier auch „der Chef“ um die Ecke, Kalli Vidakovich ist als Vorsitzender des Elferrates qua Amt zwar omnipräsent, aber auch voll des Lobes für seine Mitstreiter. In gewohnter Harmonie (inklusive der üblichen kleinen Misstöne) unterstützen vor allem die Damen ihre Herren vom Elferrat und auch die Kameraden vom Vereinsring sind kräftig im Einsatz. Die SG Blau-Weiß betreibt sogar ihre eigene Hütte, neben Waffeln, Kartoffelsuppe und heißen Getränken stellen sie an diesem Abend erstmalig den Entwurf für das neue Vereinsheim vor, das im Zuge der Verlegung des Sportplatzes entstehen wird. Natürlich bietet das umstrittene Thema auch Ansatz für Unmutsäußerungen, aber unter Schneidhainern kann man darüber eben (wieder) vernünftig reden und die ersten Spenden klimpern im Sparschwein. Dessen Schlachtung soll vor allem für die neue Inneneinrichtung sorgen, denn das alte Mobiliar ist ähnlich marode wie das Gebäude drumherum.

So in Geldnot müssen die Sportler schon aufpassen, dass niemand von ihnen in die Mausefalle am Stand nebenan geht, dort hat nämlich die Maus ihre Falle mit kleinen Geldscheinen gespickt und lauert nun auf Beute. Keine Anspielung auf große Banken, sondern eher eine Idee, um Taschengeld zu verschenken, versichert Petra Dorn, die mit Michaela Bickel schon länger „Tönis“ entwirft und in diesem Jahr erstmals angetreten ist, um den „Hüttenzauber“ um eine Mitbringsel-Bude zu bereichern. „Tönis“ könnte man mit „Minitontopffiguren“ übersetzen, der Zungenbrecher drückt aus, dass jede der lustigen Gestalten auf einem umgedrehten kleinen Blumentopf basiert.

Im Durchmesser so winzig, dass sie zum Beispiel auf einen Flaschenhals gesteckt werden können (und auch zu einem moderaten „Mitbringsel-Preis“) verführen rund 150 verschiedene Modelle in der Tat schon zehn Tage vor Heiligabend zum berüchtigten „Last-Minute-Kauf“, neben einer ganzen Fußballmannschaft und allerlei Märchenwesen stehen natürlich die weihnachtlichen Motive im Vordergrund. Und so kommt es, dass an diesem Abend so mancher mit guten Freunden, vollem Magen, leichtem Schwips und einem Engel am Stiel nach Hause gegangen ist.

Klein, aber fein wächst der „Hüttenzauber“ am Kuckuckstreff langsam wieder zum Weihnachtsmarkt heran, bleibt aber gleichzeitig noch gut überschaubar – zum Beispiel vom oberen Teil der Milcheshohl in Richtung Kohlweg aus.

Foto: Friedel



X