Raubritter- und Teufelsgeschichten Die Falkensteiner Burg im Herbst

Hermann Groß wusste auf seiner Burgführung in Falkenstein allerhand vom Leben und Treiben in den alten Gemäuern zu erzählen. Foto Scholl

Falkenstein (gs) – In Pandemiezeiten sind alle Bürger angehalten, sich möglichst nicht in größeren Gruppen in geschlossenen Räumen aufzuhalten, was die Menschen erfreulicherweise zu Besichtigungstouren in die Natur motiviert. So herrschte an der Burg Falkenstein auch ein reges Kommen und Gehen, als sich an dem sonnigen Oktoberwochenende interessierte Gäste vor dem großen Tor zu einer geschichtlichen Führung zusammenfanden. Hermann Groß, Lokalhistoriker und Stadtführer, nahm sich der gut gelaunten Gruppe an und wusste erfahrungsgemäß viele kleine und große Geschichten zur Burg und seinen Bewohnern zu erzählen.

Organisatorisch war das Ganze aber nicht ohne Fallstricke zu bewerkstelligen, so dass eine Anmeldung notwendig war und leider nicht mehr als zehn Personen teilnehmen durften. Unterstützt wurde Hermann Groß bei seiner Führung von Christian Bandy, der sich sehr charmant um alles Organisatorische und die Einhaltung der Abstandsregeln kümmerte, und von Patrice Schramm, der für die Turmbegehung verantwortlich zeichnete. Hermann Groß, der im Burghof auf seiner „eigenen“ Bank Platz nehmen durfte, erzählte zunächst ein wenig aus der Geschichte der Burg Falkenstein. So weiß man bis heute nicht, wann die Burg, die früher auch als Schloss (von: umschlossen) bezeichnet wurde, erbaut wurde. Urkundlich erwähnt wird sie jedenfalls erstmals in der Mitte des 14. Jahrhunderts, damals hieß sie jedoch „Neu Falkenstein“ und kam in den Besitz der Herren von Nassau. Hermann Groß informierte über die Gründungsgeschichte und wusste auch allerhand aus der Familiengeschichte derer von Münzenberg zu berichten, in deren Besitz sich die Burg ebenfalls befand. Später wurde sie zu einer typischen „Ganerbenburg“, wobei die Burg und das Dorf als Lehen an eine Rittergemeinschaft aus verschiedenen Familien vergeben wurde.

Großes Interesse bestand bei den Gästen, die teilweise aus Hanau angereist waren oder sich über ein Geburtstagsgeschenk freuten, an den Erzählungen aus dem früheren Leben auf der Burg. Hermann Groß wusste zu berichten, dass das Leben, vor allem im Winter, nicht besonders komfortabel war. Die größten Probleme bestanden beim Heizen (Holz-Kamine), bei der Beleuchtung (Kerzen und Wandfackeln aus Tierfett) und der Wasserversorgung. Da es auf dem Burgberg keine Quelle gibt, war der einzige Wasservorrat eine Zisterne, in der Regenwasser gesammelt wurde. Natürlich durften auch die Anekdoten aus der unrühmlichen Zeit des Raubrittertums nicht fehlen. Ende des 14. Jhd./Anfang des 15.Jhd. gehörte die Falkensteiner Burg zu den berüchtigten Raubritterburgen im Taunus. Die (verarmten) Ritter aus den Familien von Hattstein und von Reifenberg generierten ihr Einkommen hauptsächlich durch Wegelagerei, Überfälle und Kidnapping. Sie nahmen den Handelstreibenden nicht nur ihre Barschaft ab, sondern verkauften darüber hinaus auch die erbeuteten Waren. Dass das nicht immer gut ausging, war vorhersehbar, und so wurde der Ritter Bertram von Vilbel nach einer missglückten Entführung und Erpressung eines Handelstreibenden vor den Toren von Frankfurt geköpft. Wahrhaft schaurige Geschichten, die Hermann Groß kurz vor Halloween von den Rittern zu berichten wusste. Nach der der Begehung des Turmes, von dem aus die Gäste den fantastischen Blick in die Mainebene bis zum Odenwald und Spessart genießen durften, zog es die Gruppe weiter zu den Ruinen der benachbarten Turmburg der Grafen von Nürings, die bereits vor der Burg Falkenstein an der höchsten Stelle des Burgbergs stand und deren Mauerreste auch heute noch zu sehen sind.

Der Wettergott meinte es gut mit den Gästen an diesem Tag und schenkte ihnen eine phänomenale Weitsicht, die sie an der letzten Station der Führung – dem Dettweiler Tempel – noch einmal in ganzer Pracht genießen durften. Die einzuhaltenden Abstandsregeln kollidierten hier allerdings etwas mit dem vorhandenen Platzangebot, so dass Christian Bandy seines Amtes walten musste, eine Maskenpflicht einforderte und alle Besucher, die nicht zur Gruppe gehörten, in der Warteschleife zum Aufgang positionierte. Niemanden störte es an diesem schönen Tag, die einen guckten etwas schneller und die anderen warteten eben - alle fügten sich den freundlichen Anweisungen, und ohne Stress kam so jeder zu seinem Recht. Wenn es doch immer so einfach wäre …

An diesem Platz, so wusste Hermann Groß zu berichten, hatte angeblich einmal der Teufel höchstpersönlich gepredigt, weshalb der Platz auch „Teufelskanzel“ genannt wird. Dem Belzebub war bei seinem Treiben auch durchaus Erfolg beschieden, bis die Engel angeblich die Wolken öffneten, hernieder kamen und die gesammelte Gefolgschaft des Teufels vertrieben. Überhaupt wird der Teufel an der Burg oft bemüht, so auch in der von Alexandre Dumas ins Französische übersetzten Geschichte vom Teufelsweg, die allerdings eigentlich eine Liebesgeschichte ist. Wer mehr erfahren möchte, dem sei eine Führung auf der Burg mit Hermann Groß wärmstens empfohlen – Es lohnt sich immer.



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