Antik- und Trödelmärkte werden schmerzlich vermisst

Privater Trödelmarktstand in der Königsteiner Innenstadt – Wer bezahlen möchte, kann dies tun, ansonsten gibt es die Dinge einfach umsonst! Fotos: Scholl

Königstein (gs) – Ein Blick auf die Homepage des Vereins für Heimatkunde e.V. Königstein offenbart, was viele Fans des überaus beliebten Königsteiner Antik- und Trödelmarktes sicher schon geahnt haben – auch der für Sonntag, 2. Mai geplante Flohmarkttermin in Königstein wird pandemiebedingt ausfallen.

Schweren Herzens haben sich die Vereinsverantwortlichen zu diesem Schritt entschlossen. Nach den bereits ebenfalls abgesagten Märkten im Mai und September vergangenen Jahres wird dies nun der dritte Antik- und Trödelmarkt in Folge sein, der nicht stattfinden kann. Der Vereinsvorstand bittet um Verständnis; wegen der aktuellen noch nicht stabilen Gesundheitslage möchten die Verantwortlichen jedoch noch einmal abwarten und hoffen natürlich, dass der Flohmarkt im September 2021 dann endlich wieder stattfinden kann.

Dabei ist dieser alljährlich zweimal stattfindende Antik- und Trödelmarkt seit Jahren weit über die Grenzen Königsteins hinaus bekannt. Die Tradition des Marktes, nur den Verkauf von Antikem und Trödel (nicht jedoch von Neuwaren) zuzulassen, hat der Veranstaltung ihren sehr eigenen und ursprünglichen Charakter bewahrt, wie man ihn bei anderen Veranstaltungen nur noch sehr selten findet. Darüber hinaus trägt auch der Veranstaltungsort, der sich über den Kurpark, die Fußgängerzone und den Kapuzinerplatz erstreckt, zum einmaligen Flair dieses Marktes bei. Dass nicht nur die kauflustigen Besucher, sondern auch Verkäufer diesen Markt lieben, ist an den oft lange im Voraus vergebenen Standplätzen gut abzulesen.

Aber es hilft nichts – auch in diesem Frühjahr wird kein Besucher in Büchern, altem Geschirr, Schallplatten oder Kinderspielzeug „wühlen“ können, die Schnäppchenjäger werden sich zurückhalten und die Kinder noch etwas länger warten müssen, bis sie ihr ausrangiertes Spielzeug „zu Geld“ machen können.

Allerdings hat das Thema Antik- und Trödelmarkt auch eine andere Seite – die der Händler und privaten Anbieter. Bedingt durch die Pandemie verbringen viele Menschen sehr viel mehr Zeit zu Hause und nutzen diese gerne zu umfangreichen Aufräum- und Sortieraktionen. Die heimischen Dachböden, Kellerräume und Kinderzimmer sind voll, und endlich ist Zeit zum Ausmisten – doch wohin mit all den Dingen, die eigentlich viel zu schade zum Wegwerfen sind und die vielleicht doch noch jemand gebrauchen kann? Bekannte Online-Plattformen sind natürlich eine Option, allerdings ist es nicht jedermanns Sache, die Angebote täglich zu überwachen, „lästige“ Fragen zu beantworten und dann auch noch alles zu verschicken – u.U. für 1 Euro Mindestgebot! Auch „Hof-Flohmärkte“ sind in Pandemiezeiten nicht wirklich angesagt, so dass die Bürger*innen kreativ werden – sie stellen die Dinge, die sie abgeben möchten, einfach vor die Tür!

Vermehrt finden sich in den letzten Monaten vor den Häusern in Königstein, aber auch in den Ortsteilen, kleine „Marktstände“ vor den Häusern, auf welchen die Hausbewohner die Dinge feilbieten, die sie ansonsten gerne auf dem Flohmarkt verkauft hätten. Manchmal finden sich richtige kleine Stände, liebevoll aufgebaut und bestückt, in anderen Fällen ist es einfach ein Pappkarton auf einem Stuhl oder Tisch. Egal, wie der Stand aussieht - er trägt garantiert ein Schild mit der Aufschrift „Zum Mitnehmen“ oder „Zu verschenken“. Wer einmal in den Kisten nachsieht (nur so aus Neugier, versteht sich), der findet allerlei nützliche, aber auch kuriose Dinge darin. Klassiker sind: Bücher, Spielwaren, Haushaltsgegenstände und Dekoartikel. Es finden sich aber auch kleine Elektrogeräte (mit Zettel: funktionstüchtig), brauchbare Werbeartikel (Handtücher Mainova), Schallplatten (50er Jahre), Putzmittel (?) und das Allerneueste: Kleidung!

Auch wenn viele dieser Boxen eher klein und übersichtlich sind, gibt es an manchen Stellen bereits fest etablierte Stände, die halbprofessionell ausgestattet sind. Hier gibt es mittlerweile Plastiktüten zum Verpacken der „Fundstücke“ und kleine Kassetten oder auch Marmeladengläser, die als Kasse dienen, wenn denn ein Interessent gerne etwas bezahlen möchte. Hier lautet der fröhliche Hinweis dann: „Bezahlen Sie einfach, was immer Ihnen die Sachen wert sind“, wobei sich der „Käufer“ vielleicht etwas besser fühlt, weil die Sachen nicht einfach genommen wurden (das hat so etwas von ‚wegnehmen‘), sondern man sie einfach bezahlen konnte – wie auf dem Flohmarkt, nur ohne Verhandlungen. Wer also die Augen offenhält, der kann besonders bei schönem Wetter echte „Schnäppchen“ machen und liebenswerten Trödel günstig ergattern. Das Angebot ist zwar noch etwas eingeschränkt, allerdings könnte es sich mit zunehmend besserem Wetter durchaus erweitern, was zu einer klassischen win-win-Situation führen dürfte: Der Spaziergang wird zum Schnäppchenjäger-Trip und die Standbetreiber werden ihren Trödel los! Der Sommer kann also kommen, und wer sagt eigentlich, dass er in der Pandemie langweilig sein muss?

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