Königstein (as) – Das geplante Halloween-Spektakel auf Burg Königstein bleibt weiterhin heftig umstritten. So ist das Gesamtbild der Bürgerversammlung am vergangenen Freitag im Haus der Begegnung zu deuten. Denn obwohl die Stadtverwaltung mit Bürgermeister Leonhard Helm und Veranstaltungsmanager Ronald Wolf gemeinsam mit Ralph Eberhardt von der Halloween Veranstaltung GmbH zum ersten Mal auch für die Öffentlichkeit ihr Gesamtkonzept für das Event auf der Burgruine vorstellen und auch auf viele der geäußerten Bedenken eine Antwort geben konnten, herrscht weiterhin bei einer Mehrheit Skepsis bis Ablehnung vor. So ist zumindest das Meinungsbild der rund 250 anwesenden Bürgerinnen und Bürger zu deuten. Unter den rund 15 Wortmeldungen argumentierten zwei Drittel gegen das Halloween-Festival auf Burg Königstein in jenen Dimensionen, die das Spektakel seit 46 Jahren auf Burg Frankenstein im nördlichen Odenwald erreicht hat.
Aber es waren (anders als etwa auch bei den Leserbriefen an die Königsteiner Woche zu diesem Thema) auch erstmals positive Stimmen zu hören. Man könne sich über alles Neue freuen, „Königstein entwickelt sich zu einer Schlafstadt“, war zu hören. Das vernahmen auch Helm und Wolf gerne, die ihr Vorgehen, das Event per Vorvertrag an Land zu ziehen, so begründen, dass sie ein Upgrade der seit 2020 existierenden, stetig gewachsenen und offenbar sehr beliebten Halloween-Veranstaltung wollten, quasi „unser Halloween mit dem auf Burg Frankenstein zu kombinieren“. Dafür sei eine frühzeitige Einbeziehung der städtischen Gremien noch vor dem endgültigen Vertragsabschluss nicht nötig gewesen, verteidigte Helm die häufig vorgebrachte Kritik, der Magistrat sei hier nicht nur eigenmächtig vorgegangen, sondern habe bei einer Veranstaltung in dieser Größenordnung auch schlicht seine Kompetenzen überschritten.
„Freuen Sie sich mal ein bisschen“, sagte denn auch Hans-Peter Trimborn, der in der Altstadt wohnt und das Event schon einige Male auf Burg Frankenstein erlebt hat, aus der Reihe der Befürworter. Die Diskussion der vergangenen Wochen erinnere ihn ein wenig an die Asterix-Comics: „Da versenken die Piraten ihr Schiff lieber selbst, bevor dieGallier kommen.“ Der Vergleich sorgte für Erheiterung am Ende eines Abends, an dem Meinungen kontrovers und mitunter kompromisslos ausgetauscht worden waren. DieArgumente der Gegner waren zwar größtenteils nicht neu, aber wurden deshalb nicht weniger deutlich zum Ausdruck gebracht: Lärm, Verkehrs- und Umweltbelastung, Beschädigung der Burg, fehlendes Gespür, welche Art von Event zu Königstein passt, und gar Gewaltverherrlichung durch die Inszenierung des Horrors sorgten tatsächlich für eine Art „Weltuntergangsszenario“, das zahlreiche Bürgerinnen und Bürger mit einem Halloween-Event in ihrer Stadt, das Gäste aus aller Welt anziehen soll, verbinden.
Entscheidung am 21. März
Die endgültige Entscheidung werden aller Voraussicht nach die Stadtverordneten in ihrer nächsten Versammlung am 21. März treffen. Bis dahin gilt es, die Pro- und Contra-Argumente sowie das Meinungsbild in der Bevölkerung auszuloten – letztlich sollte noch konkreter als bisher der aus einer Kündigung des Vorvertrags abzuleitende Schadensersatzanspruch des Veranstalters bekannt sein. „Das sind Dinge, die wir in den kommenden Wochen verhandeln werden“, kündigte Helm an. Eine Bürgerversammlung sei nicht der richtige Ort, um über Vertragsdetails zu sprechen.
Um einen Überblick über den Sachstand geben zu können, bildet die Königsteiner Woche im Folgenden die im Zusammenhang mit Halloween diskutierten Themenfelder einzeln ab.
Dauer des Spektakels
Halloween auf der Burg ist mit zehn Publikumsveranstaltungen zwischen dem 18. Oktober und dem 3. November geplant: sieben am Abend von 19 bis 23 Uhr (freitags, samstags und am Donnerstag, 31. Oktober) und drei als Kinder-Events sonntagnachmittags von 13 bis 18 Uhr. Tickets soll es ausschließlich im Vorverkauf geben, um einen unkontrollierten Ansturm zu verhindern. Beginnend am Montag, 14. Oktober, ist die Burg zudem an den veranstaltungsfreien Tagen normal geöffnet, sodass sich jeder ein Bild davon machen kann, ob die Installationen das Richtige für einen selbst oder die eigenen Kinder sind, so die Intention von Ralph Eberhardt. Während diese Idee auch Anklang fand, gab es Kritik von Bürgern, dass die Burg immer mehr zu einer Event-Location werde und die Anzahl der Veranstaltungen zunehme. Bürgermeister Helm entgegnete, dass es zuletzt weniger Veranstaltungen gegeben habe, da zum Beispiel „Theater auf der Burg“ und Konzerte abgesehen von „Rock auf der Burg“ nicht mehr stattfinden.
Beschädigung der Burg
Im Zusammenhang mit der langen Nutzungsdauer im Vergleich zu Ritter- oder Burgfest, die zum Beispiel Bürger Berthold Walter „als neue Dimension“ bezeichnete, besteht die Befürchtung, dass die Bausubstanz der Burg, deren Sanierung in 22 Bauabschnitten für rund 10 Millionen Euro gerade erst begonnen hat, Schaden nimmt. Helm sagte, dass die Wege unabhängig von der Nutzung regelmäßig neu aufgeschüttet werden müssten. Davon abgesehen kämen die Schäden vorwiegend vom Wassereintrag von oben ob der fehlenden Dächer. Selbstverständlich werde es für Halloween keine Bohrungen in das Gemäuer und keine festen Verankerungen geben, darauf habe das Denkmalschutzamt ein sehr waches Auge.
Eine Bürgerin mahnte an, dass beim Burgfest immer mehr Keller nicht mehr öffnen könnten, für Halloween aber alles möglich gemacht würde. Ronald Wolf versprach, dass wegen Halloween „unsere drei großen Feste nicht hinten runterfallen“ würden. Helm ergänzte: „Alle Keller, auch der Museumskeller, sollen wieder dauerhaft zugänglich gemacht werden.“ Die Planungen der Stadt sehen im Übrigen nur 2.000 Besucher auf der Burg pro Tag vor, Rudolph sprach von 2.400 Tickets insgesamt (einschließlich No-Shows), aber nicht mehr als 1.800 Menschen gleichzeitig auf der Burg. Die Zahlen liegen weit unter den maximal zulässigen 4.000 Besuchern, die bei Ritterturnier und Burgfest regelmäßig erreicht werden.
Naturschutz
Das Hauptaugenmerk der Naturschützer gilt den Fledermäusen in ihrem Winterquartier. Die Stadt hatte ein eigenes Gutachten durch den Biologen Volker Erdelen zum Vorkommen der Fledermäuse in Auftrag gegeben. Grundsätzlich sei eine Koexistenz aus Event und Naturschutz möglich, wenn die Fledermäuse vom Neonlicht abgeschirmt würden, während Schall für die Tiere weniger schädlich sei. Ein Problem bleibt, dass man nicht genau weiß, wo sich die geschätzt 80 bis 800 Tiere genau befinden, zumal auch die Ein- und Ausflugswege nicht bekannt sind. Alexander Jacubowsky kritisierte, dass hier noch viele Fragen offen seien. „Wir werden nochmal genau hinschauen“, versprach Helm und deutete an, dass weitere Bereiche geschlossen werden könnten, wenn sich dort Fledermäuse aufhielten. Hier bleibt die Frage, auf wie viele Flächen die Halloween-Veranstalter am Ende verzichten können.
Lärm und Verkehr
Die größten Sorgen der Anwohner, das wurde auf der Bürgerversammlung deutlich, drehen sich um die Belastungen durch Verkehr und Lärm. Ronald Wolf und Ralph Eberhardt hatten ein an sich schlüssiges Konzept präsentiert: Betonung des ÖPNV durch Kombitickets, insgesamt 580 Parkplätze außerhalb am Opel-Zoo (allerdings nicht sonntags), am Kronberger Waldschwimmbad und optional bei Procter & Gamble sowie im Main-Taunus-Zentrum plus eine enge Taktung der Shuttlebusse. „Wir haben sogar mehr Parkplätze, als wie benötigen werden“, rechnete Wolf vor. Und Eberhardt erklärte, dass die Zuschauer vom Helfer- und Security-Personal der Halloween GmbH von der Burg durch den Kurpark und vorbei an der KuSi zum Busbahnhof geleitet würden. „Natürlich können wir es nicht verbieten, wenn Einzelne durch die Hauptstraße laufen.“
Das überzeugte die Anwohner nicht: „Der geneigte Deutsche wird die Königsteiner Burg in sein Navi eingeben und steht vor meiner Haustür“, sagte Anke Engel, die direkt unter der Burg wohnt. Sie sei zwar Fan der Veranstaltung, „aber wir brauchen keine 500 Autos in der Altstadt“. Margarete Lokat, die wegen massiver Beschädigungen an Fahrzeugen und des Urinierens in Gärten beim Burgfest in die Limburger Straße umgezogen sei, forderte eine Parkkarte für Anwohner und eine Sperrung der Kirch- und der Gerichtstraße. Das sei in der Gänze wegen privater Besuche unabhängig vom Event und der Andienung des Krankenhauses nicht möglich, so Helm und Wolf. Sie stellten aber verstärkte Kontrollen durch die Verkehrswacht bzw. das Ordnungsamt in Aussicht. Der Burgweg werde als Feuerwehr- und Rettungsstraße ohnehin für den Verkehr gesperrt sein.
„Wir sind die sicherste Veranstaltung im Landkreis Darmstadt-Dieburg ohne jede Polizeipräsenz“, sagte Eberhardt zu weiteren Bedenken, dass es Ausschreitungen durch vom Halloween-Grusel angestachelte Gäste geben würde. Entsprechende Zertifikate des Regierungspräsidiums Darmstadt hatte er mitgebracht. Lärm sei kein Thema und mit „Rock auf der Burg“, das vor allem die Siedlung trifft, überhaupt nicht zu vergleichen. „Wir sind kein Rockkonzert“, sagte Eberhardt. Musik- und Tanz-Acts sind auf der Hauptbühne im Freien (Burgwiese) aber geplant.
Finanzen
Königstein erhält vom Veranstalter pro Jahr 50.000 Euro risikolos als Pachtgebühr, also 250.000 Euro für die angestrebten fünf Jahre. Jean-Paul Vican bezweifelte ob dieser Summe („weniger als ein Promille des Haushalts“), ob das ein gutes Geschäft für die Stadt sei. Es gebe keine Transparenz, welche Erträge aus dem Ticketverkauf und der Versorgung der Halloween-Gäste erwirtschaftet werde. Martin Neubeck vom Verein Handwerk und Gewerbe in Königstein brachte die Perspektive der Gewerbetreibenden ein, die ja angeblich durch Restaurantbesuche, Einkäufe und Übernachtungen erheblich profitieren würden. „Die Meinung ist zweigeteilt“, es gebe Argumente für und gegen das Event. Sein Vorschlag: „Wir probieren es ein bis zwei Jahre, dann entscheiden wir über eine Verlängerungsoption.“
Horror oder Grusel?
Die evangelische Pfarrerin Katharina Stoodt-Neuschäfer hatte bereits zuvor eindringlich gewarnt und ließ eine Erklärung gegen „die abstoßende und profitable Vermarktung des Horrors in Königstein“ verlesen. Auch Vican hatte auf den „ethischen Aspekt“ verwiesen. „Königstein ist eine „Stadt des Lichts. Wir wollen diese Veranstaltung nicht!“ Eine Bürgerin gab sich sogar „ernsthaft besorgt angesichts der wachsenden Kriminalität vor der Haustür“.
Ob Halloween nun Horror oder gar Gewalt verherrlicht, liegt natürlich im Auge jedes Betrachters. Die Intention sei eine ganz andere, viel subtiler, sagte Rudolph. „Es geht darum, ob Sie sich gruseln oder erschrecken lassen“, sagte Rudolph. Sein erfahrenes Team werde sicher niemanden zu etwas nötigen, was dieser nicht wolle. Helm sagte: „Klar geht es nicht um Blümchen und Schmetterlinge, aber wir können den Menschen nicht vorschreiben, was sie sich ansehen wollen. Wenn sie nicht hingehen wollen, dann werden sie von der Veranstaltung kaum etwas merken.“ Und Rudolphs Appell lautete: „Geben Sie uns eine Chance, das zu beweisen“ und „lassen Sie uns zusammen mutig sein.“
Peter Franz aus Eberstadt, Mitglied des Landtags und Vertreter des Wahlkreises Darmstadt-Stadt II, an den Burg Frankenstein angrenzt, war von der Stimmungslage in Königstein ein wenig überrascht, weil er mit dem Event nur Positives verbinde. Die Menschen im Mühltal seien „todunglücklich“, dass sie ihr Halloween-Event nicht mehr ausrichten könnten. Das liege im Übrigen mehr an dem Renovierungsbedarf des Restaurants auf Burg Frankenstein als an der Zerstörung der Bausubstanz. „Wir hätten es irgendwann gerne wieder zurück.“ Im Moment sieht es so aus, als ob das viele Königsteiner gerne schnellstmöglich unterschreiben würden.
Das Sagen haben jetzt die Volksvertreter. Wie sie das Mutigsein interpretieren, wird sich an der Abstimmung am 21. März zeigen.
Bildunterschriften:
Halloween-Veranstalter Ralph Eberhardt stellte im HdB das Konzept des geplanten Events vor. Bei der Bürgerversammlung auf Einladung von Stadtverordnetenvorsteher Dr. Michael Hesse (li.) hatten auch die Stadtverwaltung mit Bürgermeister Leonhard Helm (Mitte) und Veranstaltungsmanager Ronald Wolf für das Spektakel auf der Königsteiner Burgruine geworben.
Rund 250 Bürgerinnen und Bürger interessierten sich für die geplante Halloween-Veranstaltung und lieferten kritische, aber auch zustimmende Wortbeiträge. Fotos: Schramm