Entwicklungsminister Müller besuchte Childaid Network in Guwahati (Indien)

Entwicklungsminister Dr. Gerd Müller (vorne links) und Dr. Martin Kasper mit dem Childaid-Team vor Ort.Foto: Childaid Network

Königstein/Guwahati (kw/hhf) – In einem Steinbruch im Süden der Millionenstadt Guwahati (Assam, Indien) ist gelungen, was sich Entwicklungsminister Dr. Gerd Müller für die gesamte Region Südasien wünscht: Es gibt keine Kinderarbeit mehr. Für die armen Familien in den Slums der Region ist die schwere Arbeit im Steinbruch mühevolle und gefährliche Lebensgrundlage. Ihre Kinder aber können dank der Projekte von Childaid Network nun zur Schule gehen und sich eine bessere Zukunft aufbauen.

Treffen vor einer Woche

Wie dies erreicht wurde erklärte der Königsteiner Dr. Martin Kasper – ehrenamtlicher Vorstand und Stifter des dort ansässigen Kinderhilfswerks Childaid Network – dem Bundesminister für Entwicklung und wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) nun persönlich vor Ort in Gorschuk, einem Stadtteil von Guwahati (der Hauptstadt Assams) bei seinem Projektbesuch am 27. Februar – dem ersten Besuch eines deutschen Ministers in Assam.

„Durch das Projekt „Child Friendly Guwahati“ ist die Anzahl der Straßenkinder in der Millionenmetropole in den vergangenen zehn Jahren halbiert worden und die Kinderarbeit konnte fast vollständig ausgerottet werden,“ berichtete Dr. Kasper stolz. Das Projekt, bei dem auch viele Organisationen der lokalen Zivilgesellschaft mobilisiert werden konnten, wurde von Childaid Network initiiert und zusammen mit dem lokalen Partner Snehalaya seit 2013 umgesetzt.

Ausbildung statt Kinderarbeit

45 Nachbarschaftszentren wurden eingerichtet, in denen die Kinder aus den Slums betreut und umsorgt werden. Ziel der Initiative ist es, Kinder und Jugendliche aus ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen zu befreien und in die Schule oder eine berufliche Qualifizierung und dann in ein gesundes und gutes Arbeitsverhältnis zu bringen. Dafür ist die Motivation der Eltern, ihren Kindern eine bessere Zukunft zu ermöglichen, entscheidend.

Neben der liebevollen Betreuung, einer täglichen warmen Mahlzeit und regelmäßigen, kostenlosen „Checkups“ der Gesundheit werden die Kinder dort über ihre Rechte aufgeklärt. Mit Hilfe von Brückenkursen werden sie auf den Eintritt in eine staatliche Schule vorbereitet.

Dr. Stephanie Henkel, Pressebeauftragte der Königsteiner Stiftung, bestätigt: „Mehr als 4.300 Kinder konnten auf diesem Weg in den letzten Jahren in eine reguläre staatliche Schule eingeschult werden und werden dort vom Team weiter begleitet und unterstützt, zum Beispiel durch nachmittäglichen Nachhilfeunterricht. Über 4.000 Jugendlichen wurde eine berufliche Qualifizierung ermöglicht. Die meisten von ihnen können nun mit ihrem Einkommen die Familien gut ernähren.“

Großes Lob des Ministers

Dies ist eine Initiative, wie sie sich Entwicklungsminister Dr. Gerd Müller nach eigenem Bekenntnis auch andernorts wünscht. Beim Besuch des Kinderrechtsprojekts von Childaid Network in Guwahati zeigte sich der Minister beeindruckt. „Ich beglückwünsche Sie zu Ihrem Erfolg bei der Bekämpfung von Kinderarbeit und wünsche mir, dass es mehr solche professionellen und wirksamen Initiativen gibt. Das BMZ arbeitet gerne mit Ihnen zusammen.“

Ansporn für weitere Initiative

Der Minister unterhielt sich mit den Kindern, den Eltern und den Sozialarbeitern im Projekt, um sich persönlich einen Eindruck zu verschaffen. Begleitet wurde er von seiner Frau und einigen ausgewählten Journalisten.

„Dieser Besuch ist ein Ansporn für uns“, meint Dr. Martin Kasper. „Wir sind die größte Hilfsorganisation für eine Gegend mit 45 Millionen Einwohnern, von denen etwa die Hälfte zu den Ärmsten der Armen gehört. Doch die Region erscheint selten in den Medien.“ Seit 2007 setzt sich Childaid Network von Königstein aus für bessere Bildungschancen für bedürftige Kinder in Südasien ein. Schwerpunkt der Projektarbeit sind neben Nordostindien Nepal und Nordbangladesch.

Dabei ersetzen die Projekte nicht die staatliche Verpflichtung, den eigenen Kindern eine gute Grundbildung zu ermöglichen, sondern wirken katalytisch für Verbesserung der Strukturen und Mobilisierung der Kräfte in der Zivilgesellschaft vor Ort.

Seit Gründung konnte die Stiftung 180.000 Kindern und Jugendlichen einen Zugang zu guter Bildung ermöglichen. Aktuell werden mehr als 50.000 Kinder und Jugendliche in den Projekten in Zusammenarbeit mit 37 Partnern gefördert.

Große Pläne für 2020

Mit dem neuen Jahrzehnt tritt auch die Arbeit von Childaid Network in eine neue Phase ein. Die Projekte in Guwahati zeigen sichtbare Effekte. In Kooperation mit lokalen Partnern konnte die Zivilgesellschaft so gut mobilisiert werden, dass nachhaltige lokale Unterstützungsstrukturen entstanden sind, die die Problemsituation von mangelndem Schulbesuch und Kinderarbeit in der Millionenstadt massiv reduziert haben. Dort kann sich Childaid Network nun schrittweise zurückziehen.

Landflucht reduzieren

Doch durch Landflucht wandern ständig neue Familien mit Kindern ein, die Gefahr laufen, Opfer der ausbeuterischen Strukturen zu werden. Mit einem breiten Partnernetzwerk versucht Childaid Network deswegen nun, auch für die Kinder im ländlichen Bereich flächendeckend die Verwirklichung der Kinderrechte zu erreichen und damit den Migrationsdruck zu reduzieren.

Pilotprojekte waren erfolgreich, nun soll die Arbeit in die Breite getragen werden. Es geht um hunderte Dörfer in sieben Distrikten im westlichen Assam mit hunderttausenden Kindern. Tausende werden dort jährlich verschleppt. Zwei Drittel sind kleinwüchsig, weil mangelernährt. Zehntausende leben in Lagern und haben keinen Zugang zu Grundbildung. Jedes zweite Mädchen wird vor dem 15. Geburtstag verheiratet, Hunderttausende leben unter der Armutsgrenze.

Lernerfolg und Perspektive

Ein weiteres Projektkonzept fokussiert sich darauf, staatlichen Schulen zu einer verbesserten Qualität der Lernergebnisse zu verhelfen. Dabei konnten schon in den letzten Jahren beachtliche Erfolge erzielt werden. Sieben lokale Partner implementieren das Konzept derzeit in unterschiedlichen Regionen und haben einen breiten Schatz an Erfahrung, Methoden und Materialien gesammelt.

Auch hierbei ist eine Ausweitung angedacht. 2020 möchte Childaid Network mit diesem Konzept an zumindest 400 Schulen 40.000 Schülerinnen und Schüler erreichen. Ziel ist es, die sieben Partner so miteinander zu vernetzen, dass ein gegenseitiger Austausch und eine gemeinsame Weiterentwicklung der Ansätze stattfinden kann. Schrittweise sollen weitere Partner und weitere Distrikte ergänzt werden.

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) fördert eines dieser Teilprojekte ab April 2020 für 10.000 Schüler.

Unternehmensgründungen

Eine weitere Säule der Arbeit von Childaid Network ist die Berufsbildung. Jährlich werden mehr als 3.500 junge Menschen in einem Ausbildungsberuf qualifiziert. Neben der Einrichtung fester Berufsbildungs-Zentren, in denen Lehrer, Meister und Techniker herangezogen werden, verfolgt Childaid Network seit zwei Jahren erfolgreich auch dezentrale Ansätze.

Ausbilder und Werkzeug werden zu den Interessenten im ländlichen Bereich gebracht. Ohne den Bedarf von Unterkünften, heimatnah und kostengünstig kann so flexibel, nachfragegerecht und bedarfsorientiert ausgebildet werden.

Pilotprojekte in Nepal und Assam waren erfolgreich, nun ist auch für dieses Projekt ein Antrag beim BMZ in Vorbereitung, mit dem in den nächsten vier Jahren 10.000 junge Menschen in Meghalaya und Assam ausgebildet werden sollen. Gleichzeitig erhalten sie Hilfestellung, sich als Kleinunternehmer selbständig zu machen.

Präventive Gesundheitsfürsorge

Mit einem Pilotprojekt in Nepal zur Gesundheitsprävention betritt Childaid Network in diesem Jahr neues Terrain. Ein 2019 entsendetes freiwilliges Ärzteteam lieferte schockierende Analysen zum Gesundheitszustand der Kinder in den entlegenen Bergdörfern. Gemeinsam mit einem sechsköpfigen deutschen Kinderärzteteam wurden präventive Maßnahmen entwickelt, um diese Missstände zu beheben.

Ihre Hilfe kommt an

„Schon 10 Euro pro Schüler und Jahr verändern die Qualität der Bildung eines Grundschülers im indischen Assam nachhaltig,“ sagt Michael Legeland, der ehrenamtliche Finanzvorstand der Stiftung.
Die Arbeit von Childaid Network ist weit überwiegend ehrenamtlich, die Verwaltungskosten mustergültig gering.

Wer die Arbeit von Childaid Network unterstützen möchte, kann dies jederzeit über den Spendenbutton auf der Webseite der Stiftung, www.childaid.net, tun oder direkt an IBAN DE96 5004 0000 0375 5055 00 überweisen. Wenn eine Adresse vorliegt, wird unaufgefordert eine Spendenquittung ausgestellt.

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