Unsere Frau für Tokio: Siebenkämpferin Vanessa Grimm

Der KLV verabschiedet seine Athletin im Rahmen des 2. Königsteiner Burgmeetings: v.l.n.r. Markus Kohlenbach (1. Vorsitzender KLV), Vanessa Grimm (Olympionikin), Philipp Schlesinger (Trainer) und Judith Wagemans (Sportliche Leiterin KLV) Foto: Stemper

Königstein (ms) – Ein dicker Smiley prangte auf der Tasche mit Vanessa Grimms Abschiedsgeschenken. Die Nachricht „Keep Smiling“ wollte der Königsteiner Leichtathletik Verein (KLV) seiner Top-Sportlerin wohl mitgeben, als die Verantwortlichen Vanessa Grimm am 21. Juli Richtung Tokio verabschiedeten. Im Rahmen des zweiten Königsteiner Burgmeetings auf dem Sportplatz Altkönigblick waren 200 Mitglieder zusammengekommen, um der Siebenkämpferin Glück für Olympia zu wünschen, aber auch, um sich sportlich zu messen.

Ein Traum geht in Erfüllung

Im Fokus hatte die 24-jährige Vanessa Grimm eigentlich erst die Olympischen Spiele 2024 in Paris. Aber 2021 ist ihr Jahr. Nach herausragenden Leistungen in Götzis und Ratingen konnte sich die Siebenkämpferin aus Hofgeismar über die Weltrangliste für Tokio qualifizieren. Grimms persönliche Bestleistung: Sie erzielte 6.316 Punkte im Mai beim internationalen Top-Meeting in Götzis. Sowohl in Österreich als auch beim internationalen Mehrkampfmeeting in Ratingen war Grimm die beste deutsche Siebenkämpferin. In ihrer Lieblingsdisziplin, dem Kugelstoßen, gelang ihr in diesem Jahr eine Weite von 15,04 Metern.

Vanessa Grimm zog es 2015 von Hofgeismar in die Rhein-Main-Region, um ein duales Studium bei der Polizei zu beginnen. Wie viele Athleten arbeitet auch sie im Staatsdienst. Seit 2020 ist die sympathische, blonde Sportlerin ausgebildete Polizeikommissarin und Teil einer Sportfördergruppe der hessischen Polizei.

Die Athletin trainiert seit 2018 beim KLV und hatte zuvor bereits enge Anbindung über Trainingslager und gemeinsame Trainingsgruppen mit KLV-Mehrkämpfern am Olympiastützpunkt in Frankfurt. „Ich schätze die Gemeinschaft und die familiäre Atmosphäre des KLV sehr“, freut sich Vanessa Grimm über den herzlichen Abschied. Begleitet wird sie hier in Königstein wie auch in Tokio von Philipp Schlesinger, ihrem Trainer. Große Erwartungen in Bezug auf Platzierungen habe sie noch nicht, vielmehr wolle sie die olympische Atmosphäre genießen – trotz coronabedingter Einschränkungen, sagt sie in der Abschiedsrunde. Mit in Vanessas Gepäck: eine Menge Verpflegung für den Wettkampf und Nahrungsmittel, von denen sie wisse, dass sie damit gut klarkomme. Aber auch im olympischen Dorf erwarte sie eine gute Verpflegung. Zu Staunen im Publikum führte die Ausstattung der Olympionikin: „Ich habe die Einzelteile meines neuen Satzes an Olympiakleidung nicht genau gezählt, vermute aber, dass es so um die 70 Kleidungsstücke sein müssten – die Wettkampftrikots noch nicht mitgezählt.“

Hessen bei Olympia

Insgesamt werden zehn Hessinnen und Hessen bei den Olympischen Sommerspielen in Tokio antreten. Die zweite Siebenkämpferin für Japan, Carolin Schäfer, kommt ebenfalls aus Hessen, ist aber bei Eintracht Frankfurt beheimatet. Wann wird der Siebenkampf denn ausgetragen, wird sich so mancher Königsteiner fragen. Man muss früh aufstehen. Am 4. August um 2.35 Uhr starten planmäßig die 100-Meter-Hürdenläufe, gefolgt von Hochsprung, Kugelstoßen und dem 200-Meter-Lauf. Am 5. August geht es dann weiter, wieder frühmorgens um 2.20 Uhr, mit Weitsprung, Speerwurf und dem 800-Meter-Lauf.

Übrigens: Am 1. August geht bereits mit Maryse Luzolo die zweite KLV-Athletin im Weitsprung an den Start. Zum Burgmeeting war die zweite Olympionikin Königsteins bereits Richtung Tokio unterwegs. Die 26-jährige Spezialistin für die Sandgrube stellte im Juni 2021 in Leverkusen ihre persönliche Bestleistung mit 6,69 Metern auf. Maryse Luzolo trainiert seit 2014 beim KLV. Die Olympischen Spiele sind, nach der Hallen-EM im März in Torun (PL) und der Team-EM Ende Mai in Chorzów (PL), bereits ihr dritter Auftritt im Nationaltrikot in diesem Jahr.

Tolle Stimmung beim Wettkampf

Neben der Verabschiedung der Olympionikin stand der sportliche Wettkampf von rund 200 angemeldeten Mitgliedern im Fokus des zweiten Königsteiner Burgmeetings. Gestartet wurde in den Disziplinen 100-, 200-, 300-, 400-, 600-, 800- und 1500-Meter sowie in der 4x100- und 4x400-Meter-Staffel.Rund 200 Athleten aus 42 Vereinen sowie insgesamt 19 Staffeln traten an, um hier noch einmal alles für eine Qualifikation für die Deutschen oder Süddeutschen Meisterschaften zu geben. Dementsprechend professionell organisiert war der Ablauf des Sportfestes und dementsprechend ernst blickten die offiziellen Kampfrichter in Weiß.

Besonders hervorzuheben sind folgende Leistungen: Gonzáles Soto José Alnardo (DOM) erzielte auf den 200-Metern mit 20,52 Sekunden seine persönliche Bestleistung. Zum Vergleich: Der schnellste deutsche Sprinter in diesem Jahr war Robin Erewa (TV Wattenscheid) mit 20,56 Sekunden. Einen neuen Kreisrekord stellte der KLV-Sprinter Julian Ruben (U18) über die 100-Meter mit 10,07 Sekunden auf. Mit dieser Zeit konnte er den erst vor wenigen Wochen von Finn Kohlenbach (ebenfalls KLV) aufgestellten Kreisrekord um eine Hundertstelsekunde verbessern. Ebenfalls bemerkenswert: die Einstellung des Hessischen Rekords in der 4x100-Meter-Staffel durch den StG Königstein-Groß-Gerau-Kronberg (U18) mit 42,10 Sekunden. Es starteten Maurice Andrew und Aaron Amenta (beide TV Groß-Gerau) sowie Finn Kohlenbach und Julian Rubel (beide Königsteiner LV). Ein tolles Finale bot sich den letzten Zuschauern – quasi zum Sonnenuntergang: Die 600-Meter absolvierte Marc Reuther von Eintracht Frankfurt im letzten Rennen des Abends mit sagenhaften 1:15,67 Minuten. Eine Zeit, die nur knapp über dem Deutschen Rekord von Edgar Itt aus dem Jahr 1994 (1:15,10 Min.) liegt.

Die Königsteiner Leichtathleten

Leistung lag also in der Luft des Sommerabends. Und Leistungssportler findet man das ganze Jahr über auf der roten Tartanbahn am Altkönigblick: Insgesamt trainieren 18 Bundes- und Landeskaderathleten bei dem im Oktober 2013 gegründeten Leichtathletik Verein, der aktuell rund 230 Mitglieder zählt – davon sind fast 90 Prozent aktiv. Insgesamt gibt es elf Vereinstrainer, dazu kommt die enge Zusammenarbeit mit Landes- und Bundestrainern.

Neben dem Fokus auf Leistung und Pokalen ist der Königsteiner Leichtathletik Verein ein wunderbarer Ort für Breitensport. Und der beginnt früh: Ein gutes Drittel der Vereinsmitglieder wird von der Kinderleichtathletik in der Altersklasse von 8 bis 13 Jahren gestellt. Der Verein bietet neben dem Training auch regelmäßig Sommercamps in der letzten Ferienwoche an. Wer weiß, vielleicht fällt hier der erste Startschuss für die nächste kleine Olympionikin.

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