Königstein (hhf) – „Helmut hat gesagt, wir sollen sparen, sparen/dabei wollt‘ ich so gern nach Portugal fahren/na gut, sind wir mal brav und bleiben diesen Sommer hier...“ Die „Rodgau Monotones“ hatten da in den frühen 1980er-Jahren geradezu etwas prophetisch auf die Möglichkeit verwiesen, St. Tropez an den Baggersee um die Ecke zu verlegen, weil das Staatsoberhaupt es so empfiehlt, sogar beim Open-Air auf der Burg hatten sie diese Botschaft verkündet.
Nun gut, Angie sieht das ähnlich, während die Bildzeitung schon wieder an den Stränden von „Malle“ anstoßen will, bremst sie vorsichtig ein und appelliert dringend an uns alle, Masken- und Abstandsgebote einzuhalten, damit die neuesten Lockerungen in Sachen Corona nicht nach hinten losgehen – die Infektionszahlen steigen vielerorts schon wieder moderat an, also „na gut, sind wir mal brav...“ (siehe oben).
Den artigen Kindern bringt der Nikolaus dann auch Geschenke, während sich die anderen zum Beispiel auf den Straßen in Berlin oder Hamburg mit den Ruten der Bereitschaftspolizei begnügen müssen, freut man sich hierzulande vor allem am Ende des „Locken-Down“: Hurra die Friseure haben wieder geöffnet! Hieß es bis vor Kurzem noch in bestem Galgenhumor „Meine Frau kann bloß nicht zum Barbier, von Se will ja redet sie den ganzen Tag“ und große Teile der Menschheit ergrauten langsam vom Scheitel her, hat das Locken-Lotterleben nun ein Ende. Wer zu spät kommt, muss bis zu zwei Wochen auf einen Termin warten, Bürgermeister Leonhard Helm dagegen war auf Zack und ist auf den aktuellen Bildern in der KöWo schon mit kurzen Haaren zu sehen. Hoffentlich muss er diese samt Kopf nicht allzu bald wieder schütteln – auf manchen frisch geöffneten Spielplätzen geht es zum Beispiel schon sehr überlustig her und das, was freiheitsstrebende Tagestouristen aus dem schönen Taunus am Wochenende machen, ist auch mindestens diskussionswürdig.
Den Kopf geschüttelt hatten auch viele, aber vor Lachen, als Friseur Erhardt im vergangenen Jahr zum verkaufsoffenen Sonntag einen Frisierstuhl auf die Hauptstraße gestellt hatte, um den Besuchern passende Köpfe zum Oktoberfest zu bescheren – nun denkt er wieder darüber nach, zumindest zieren schon einmal zwei Wartestühle die Front seines Salons. „Kaffee servieren wir draußen nicht“, lacht Shierin Juillot aus ihrem „Hair & Beauty“ in Falkenstein, aber nette Kundschaft hat schon mal Kuchen mitgebracht. Der muss natürlich auch draußen gegessen werden, denn drinnen herrscht Mund-Nasenschutz-Pflicht.
Obwohl die Friseurinnen und Friseure unter ihren Gesichtsmasken und Handschuhen schon von selbst ins Schwitzen geraten, bemühen sie sich, auf ihren reduzierten Plätzen im Schichtbetrieb die Wartelisten in den Griff zu bekommen – zwischen einer und zwei Wochen muss man in Königstein und Glashütten schon einkalkulieren, bis man „der Nächste bitte“ zu hören bekommt. Stellvertretend für viele erklärt Ingo Beuth, dass „ausnahmsweise, bis die Listen abgearbeitet sind“, auch Montag und Samstag bis 18.30 Uhr geöffnet ist.
Schräg gegenüber in der Wiesbadener Straße spricht Egon Falk offen ein anderes Thema an, das ebenfalls alle betrifft: „Ich habe viel zu tun, aber wir bekommen das eigentlich so wie bisher gewohnt in den Griff. Allerdings habe ich nach über acht Jahren die Preise etwas aufschlagen müssen...“ Verständlich, bei all den Hygieneartikeln, die nun verwendet werden müssen und dem zusätzlichen Zeitaufwand beim Haarewaschen. Mark Erhardt, der sich volle zwei Wochen auf die Wiedereröffnung vorbereitet hat, setzt noch dazu: „Zum Beispiel die Einweg-Schutzbekleidung für die Kunden ist kaum zu bekommen!“ Aus Umweltgründen hatten viele Friseure seit einiger Zeit auf nachhaltigere Produkte umgestellt, jetzt gibt es bei den Plastik-Umhängen Lieferzeiten bis August oder September und die Preise explodieren natürlich.
Ob Angie da auch noch mal ein Machtwort sprechen kann? Den Kliniken und Ärzten ist ja Ähnliches widerfahren... Apropos: Sagt der Chirurg zum maskierten Friseur: „Jetzt sehen Sie mal, unter welchen Bedingungen wir immer arbeiten“, der Friseur (Erhardt) kontert: „Aber Sie föhnen nicht so viel!“ Ja, im Salon geht es deutlich heißer her als im OP, dafür sind die Verletzungen nicht so schwer: „Bisher haben wir keine selbstverursachten Katastrophen-Frisuren retten müssen“, lobt Shierin Juillot die Selbstdisziplin der Falkensteiner im Hausarrest, wie überhaupt alle Haarmeister*innen sich freuen, dass die Kundschaft durchweg freundlich und diszipliniert alle Einschränkungen und Wartezeiten in Kauf nimmt.
Im Vertrauen auf die gleiche Langmut ihrer Klientel geht die Gastronomie derzeit in die Startlöcher, auch in Falkenstein: „Die Restaurants und Terrassen im Falkenstein Grand und der Villa Rothschild sind ab 15. Mai und unter Berücksichtigung der Richtlinien wieder geöffnet“, gibt Lars Leyendecker, Chef für Business Development & Communications, das Ziel bekannt, auf das so viele jetzt hinarbeiten. Im Wirtshaus Reichenbachtal befreit man gerade den Biergarten von den Sturm-Sedimenten und Jorge Patricio markiert schon die Plätze auf der großen Terrasse des „La Vida“ im Bürgerhaus, dank derer er an schönen Tagen recht viele Gäste glücklich machen kann. Ob die Stadt ihm wohl genehmigt, auch noch einige Tische vor das Haus zu stellen? Mit dem Lieferdienst könnte es allerdings personelle Engpässe geben, aber das Angebot zum selbst Abholen bleibt bestehen.
Bei Miro‘s, das nun wieder gemeinsam mit dem Sportpark besucht werden kann, kommt man inklusive Terrasse auf rund 100 mögliche Gäste (wenn nicht Einzelpersonen, sondern Familien an den Tischen sitzen), bei so hohen Zahlen wird es aber auch Regeln wie Maskenpflicht bis zum Sitzplatz geben, wo gewohnte Dinge wie Pfeffer und Salz nun nicht mehr griffbereit stehen dürfen, wie der Chef per Mobiltelefon berichtet, er ist gerade im Großmarkt unterwegs.
Die gemütlich verwinkelten Ratsstuben werden es nur auf rund 20 Gäste gleichzeitig bringen können, dafür liegt schon der Antrag zur Außenbewirtung vor dem Alten Rathaus bei der Stadtverwaltung und im Vereinssaal im Obergeschoss könnte man auch normale Sitzgruppen stellen. Die traditionelle Sommerpause zwecks Heimaturlaub in Griechenland wird 2020 wohl ausfallen, Opfer müssen gebracht werden, erträglich im Vergleich zu größeren Pechvögeln, die noch nicht öffnen. Dazu zählt die Dorfschänke in Schneidhain, die weiterhin ihren pfiffigen Terrassen-Abholservice betreibt oder das „Web“ in der Limburger Straße: Sechs Gäste dürften hier von der Grundfläche her bedient werden, das rechnet sich einfach nicht, zumal dann auch das wenig bewegte Bier in der Zapfanlage Probleme bereiten dürfte, wie Fach-Wirtin Petra erklärt. Gemeinsam mit Achim lässt sie ihre Stammgäste wenigstens auf diesem Weg herzlich grüßen und setzt – startbereit – auf die Zukunft. Für die macht Caterer Stefan Seidel von der Party Company Hoffnung. Mit Kurzarbeit aber ohne Kündigungen konnte er sich bislang dank Verpflegungsverträgen mit Firmen über Wasser halten, hat aber nun die ersten Anfragen für kleine Gesellschaften wieder und weiß: Größere Anlässe wie Konfirmationen oder Firmung und öffentliche Anlässe (Gruß ans Königsteiner Forum) werden wieder kommen, sie sind nur aufgeschoben. Aber, liebe Leser*innen: Nur wenn wir alle weiter geduldig die Schutzmaßnahmen einhalten, wird das bald sein, wenn nicht, sind die Lokale sonst auch schnell wieder zu... Selbstdisziplin und vielleicht auch Courage gegenüber allzu sorglosen Mitmenschen tut not!