Eine ganze Stadt in Trauer: Mit Alexander Freiherr von Bethmann verliert Königstein weit mehr als seinen Stadtverordnetenvorsteher

Königstein (hhf) – Auf dem Schreibtisch in der Redaktion lagen schon die ersten Notizen, denn der Bericht zum 80. Geburtstag Ende Juli sollte etwas ganz Besonderes werden. Es würde nicht leicht sein, dies ohne den stets zuverlässigen und hilfsbereiten Ratgeber zu bewerkstelligen, dessen oft gewählte Telefonnummer direkt neben dem Fernsprecher an der Wand hängt, doch war ebenso sicher davon auszugehen, dass viele seiner noch anzusprechenden Freunde und Weggefährten von Herzen gerne ihren Beitrag dazu leisten würden – nicht ohne eine besondere Freude daran, auch einmal hinter seinem Rücken zu agieren. Oder zumindest dieses Gefühl zu haben, denn wirklich verbergen konnte man vor dem gut vernetzten Mann eigentlich nichts.

Im Gegenzug hatte auch er ganz offen darüber gesprochen, dass er sich seit etwa einem halben Jahr nicht recht gesund fühlte und nun mit Hilfe von Fachärzten auf der Suche nach den Ursachen war. Und dennoch traf die Nachricht, Alexander Freiherr von Bethmann sei am Wochenende verstorben, völlig unerwartet ein. Und sie traf schmerzlich und ging tief unter die Haut, bei sehr vielen Mitmenschen.

Hoch angesehen und beliebt

„Wie kaum ein anderer prägte er seit fast zwei Jahrzehnten das Bild der Stadt, die er bei vielen Gelegenheiten, unter anderem im Vereinsleben, repräsentierte. Nicht nur als ‚Erster Bürger der Stadt‘, sondern auch persönlich war er überall hoch angesehen und beliebt“, fasste die Stadtverwaltung treffend zusammen: „Wir danken Herrn von Bethmann für sein langes, herausragendes Engagement seit fast zwei Jahrzehnten. In der Geschichte der Stadt Königstein wird er für immer einen besonderen Platz einnehmen.“

In Erinnerung bleiben wird er vor allem in seiner Funktion als Stadtverordnetenvorsteher, in die er am 24. Juni 2004 zum ersten Mal gewählt worden war. Seine zweite Amtszeit als Erster Bürger der Stadt schloss sich nahtlos bis zum 2. Mai 2011 an. Anschließend war er bis 2016 stellvertretender Stadtverordnetenvorsteher und seit dem 14. April 2016 bis zur letzten Sitzung in diesem Jahr wieder Stadtverordnetenvorsteher.

Im Stadtbild war der Rechtsanwalt und Bankdirektor a.D. bei Wind und Wetter, meist mit einem karierten Tweed-Sakko bekleidet, mit dem Fahrrad unterwegs. Bürgermeister Leonhard Helm: „Er war immer nahe an den Bürgern. Neben seinen Ämtern als Vorsitzender der FDP und Schatzmeister des Burgvereins engagierte er sich in vielen Vereinen und half tatkräftig mit. So stand er selbst im vergangenen Jahr noch in der Bude auf dem Weihnachtsmarkt und verkaufte Weihnachtspunsch für den Burgverein. Sein Engagement ist für uns alle ein großes Vorbild.“

Fest im Glauben verwurzelt

„Ich lebe seit 1989 in Königstein, wo ich Wurzeln geschlagen habe, auch im Vereinsleben, u.a. im Burgverein“, bewarb sich Alexander von Bethmann 2015 um eine Wiederwahl in den evangelischen Kirchenvorstand, dem er schon seit 1990 angehörte. Dazu gab er in einem kurzen Lebenslauf an: „... erst als Jurist, dann als Exportfinanzierer bei der Deutschen Bank tätig. Vor 16 Jahren pensioniert. Seitdem zugelassener Rechtsanwalt, seit 2001 FDP-Stadtverordneter ...“.

Seine juristischen Fähigkeiten, gepaart mit der durch und durch liberalen Grundeinstellung, ließ im Zuge seiner Arbeit für den Freundeskreis Asyl
mitunter bei Pfarrerin Katharina Stoodt-Neuschäfer sogar das Bild
eines Don Quichotte
entstehen, der unverdrossen o
ftmals den Kampf gegen Windmühlenflügel aufn
ehme
, aber währenddessen – und das sei das Besondere an ihm – nie die Erdung verliere
oder
das eigene Ego über die Sache stelle.

Väterliche Führungspersönlichkeit

Bereitwillig teilte die Familie ihn auch mit der FDP, wo er nach dem Eintritt 1996 bald zu einer Vaterfigur wurde, man redete mitunter auch von einem „Häuptling“, der freilich als vollendeter Gentleman im Wilden Westen eher als Greenhorn angesehen worden wäre. Wie schnell ein solches sich aber durch innere Werte Respekt verschaffen konnte, wusste nicht nur Karl May zu berichten – Ascan Iredi (Vorsitzender der FDP Königstein) und Michael Klaus Otto (Fraktionsvorsitzender der FDP) formulieren das so: „Für die FDP in Königstein war er die zentrale Person, der natürliche Anführer, der großartige Parteikollege und der wunderbare Freund. Ohne je ein lautes Wort vernehmen zu lassen, führte er die durchaus manchmal kontroversen Meinungen sachlich und verständlich zusammen. Er ging mit der FDP durch dick und dünn, bei der alljährlichen Dezemberwanderung zum Fuchstanz unbeirrt durch Gebüsch und Sumpf. Regen, Schnee und Eis konnten ihn nicht abhalten, Wahlplakate aufzuhängen und zu reparieren. Er packte an, wo immer es nötig war. In der Stadt war er überall sichtbar, bei Wind und Wetter zu Veranstaltungen auf seinem Pegasus-Fahrrad reitend, untadelig mit Einstecktuch im karierten Sakko.“

Versöhnender Moderator

„Er konnte zwar auch hart diskutieren, blieb dabei aber immer sachlich und fair. Die Stadtverordnetenversammlungen leitete er mit Überblick und Augenmaß, in einer wirklich staatsmännischen Art. Wurden die politischen Diskussionen zu heftig, schaffte er es regelmäßig, die Beteiligten wieder auf die sachliche Ebene zu rufen“, betont auch Bürgermeister Leonhard Helm die große Gabe der Vermittlungsfähigkeit: „Mit ihm verliert die Stadt Königstein eine große Persönlichkeit und einen wohlwollenden Freund. Er setzte sich mit aller Kraft für Königstein ein und war zu jeder Zeit für das Wohl der Stadt und ihrer Bürger im Einsatz.“

Die FDP schließt sich an: „Wie auch die im vorletzten Jahr verstorbene Königsteiner Ehrenbürgerin Annemarie Ramm verkörperte Herr von Bethmann Bildung, Eigenverantwortung, Mitgefühl für die Mitmenschen und gesunden, von Ideologien unberührten Menschenverstand und damit die besten Tugenden eines freien, liberalen Bürgers. Eine ihm zu großem Dank verpflichtete FDP wird ihn sehr vermissen.

Zupackender Schatzmeister

„Wir verlieren mit ihm nicht nur einen äußerst kompetenten und fleißigen Schatzmeister, sondern auch einen sehr geschätzten und lieben Freund. Es ist unfassbar! Wir sind unendlich traurig“, teilt auch die Präsidentin des Burgverein Königstein e.V., Birgit Becker, mit. Alexander Freiherr von Bethmann ist 2005 dem Burgverein beigetreten und hat dort vielleicht den größten Teil seines Vereins-Engagements geleistet. Seit 2010 gehörte er dem Präsidium des Burgvereins an und hatte dort das Amt des Schatzmeisters inne.

„Er war eine tragende Säule für den Burgverein. Keine Arbeit war ihm zu viel, für keine Aufgabe fühlte er sich zu gut, für ihn stand nur die Sache im Mittelpunkt, nie er selbst. Auf der Burg kannte er jeden Winkel, von der Weihnachtsmarkthütte jede Schraube. Unermüdlich war er für den Burgverein im Einsatz“ – und damit schließlich auch jenen Königsteiner*innen ein Begriff, die mit Politik wenig am Hut haben. Auch sie erlebten, was den Burgverein so sehr förderte: „Seine kompetente und dabei so freundliche, humorvolle und diplomatische Art beeindruckte nicht nur die Mitglieder des Burgvereins. Er traf immer den richtigen Ton, so z. B. bei Gesprächen mit Behörden im Hinblick auf die Organisation des Burgfestes, Verhandlungen mit Vertragspartnern oder auch in Vorstandssitzungen. Für seine freundliche und hilfsbereite Art war er weit über den Burgverein hinaus bekannt, damit öffnete er viele Türen.

Das Präsidium des Burgvereins ist voller Dankbarkeit für seine Freundschaft und für das, was er für den Burgverein in seiner unverwechselbaren Art geleistet hat. Wir werden ihn unendlich und schmerzlich vermissen.“

Trauerfeier und Beisetzung

Es wird in Königstein unter Einhaltung der Regeln der Corona-Pandemie bald eine öffentliche Trauerfeier für Alexander Freiherr von Bethmann geben – die Beisetzung erfolgt im Familiengrab in Freiburg.



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