Königstein/Kronberg (pu) – Zur Überraschung der breiten Öffentlichkeit sowie offenkundig auch des Kreises der Stadtverordneten trug der Magistrat der Stadt Kronberg im Taunus jüngst die Bitte an das Parlament heran, per Beschluss den Weg zur Kündigung der seit 2012 geltenden öffentlich-rechtlichen Vereinbarung über den gemeinsamen Standesamtsbezirk Kronberg und Königstein im Taunus zum 31. Dezember 2023 frei zu machen. Um es vorwegzunehmen: Mit 22 Ja-Stimmen bei zehn Gegenstimmen gab eine Stadtverordnetenmehrheit grünes Licht. Rückblende
Es war unbestritten keine Liebesheirat, sondern vielmehr die jeweils drastisch angespannte Haushaltslage, die die beiden Nachbargemeinden Königstein und Kronberg dazu bewog, zwecks interkommunaler Zusammenarbeit zum 1. Januar 2012 eine Vernunftehe im Standesamtwesen zu schließen.
Und damit nicht genug. In einem ersten Schritt erweiterte sich mit Wirkung zum 31. Dezember 2011 der Standesamtsbezirk Kronberg um den Steinbachs, während der Königsteiner Bezirk um den Glashüttens wuchs. Im zweiten Schritt machten dann Kronberg und Königstein in einem weiteren Vertrag „Nägel mit Köpfen“. Die Standorte der Standesämter beider Kommunen blieben mit allen Räumen bestehen. Die Leitung des Standesamtsbezirkes übernahm Königstein. Nach § 10 der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung hat diese eine Laufzeit von drei Jahren, die sich automatisch um weitere drei Jahre verlängert, wenn sie nicht gekündigt wird. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate. Die vereinbarte Zusammenarbeit sollte durch geschaffene Synergien die Effizienz bei der Aufgabenerfüllung – insbesondere durch gegenseitige personelle Unterstützung – steigern, Kosten senken und damit insgesamt den Bürgerservice verbessern. Doch nach den Worten von Bürgermeister Christoph König (SPD) in der jüngsten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses wurde die Etablierung eines gemeinsamen Standesamts in den vergangenen elf Jahren „nicht erreicht“. Vielmehr hätten die beiden Geschäftsstellen in Königstein und Kronberg – wie vor dem Zusammenschluss auch – jeweils für sich gearbeitet. Von einem Austausch oder einer Zusammenarbeit der Beschäftigten der beiden Städte könne nicht die Rede sein; selbst die gegenseitige Vertretung sei problematisch gewesen.
Beabsichtigte Nachjustierung
Diesen negativen Erfahrungen Rechnung tragend, gab es laut König seit 2020 Bemühungen, die Zusammenarbeit inklusive Änderungen in der Arbeitsstruktur infolge personeller Veränderungen auf eine neue vertragliche Grundlage zu stellen. In der Konsequenz wurde die Zusammenlegung der Geschäftsstellen am Standort Königstein ab 1. Januar 2022 bekanntgegeben. Die Geschäftsstelle in Kronberg ist seitdem nur noch in Ehesachen (Trauungen und Vorprüfungen) für die Städte Kronberg und Steinbach tätig. Alle anderen Aufgaben (unter anderem die Beurkundung von Sterbefällen, Namensführung, Registerauskünfte) werden ausschließlich in Königstein bearbeitet.
Hinter den Kulissen
Nicht bekannt war jedoch bisher, dass laut Rathauschef König „dieser Vertrag bis heute nicht unterschrieben ist“. Einzig einen Entwurf habe der Kronberger Magistrat zu Gesicht bekommen, über dessen Inhalt „hin- und her verhandelt“ worden sei, weil er Passagen enthalten habe, die von Seiten Kronbergs nicht akzeptabel gewesen seien. Nach wie vor fehle jedoch eine finale Vertragsfassung. Umso größer die Verwunderung und Verärgerung „über das Vorpreschen Königsteins und Glashüttens, die den Vertrag jeweils durch das Parlament absegnen ließen“. Vor diesem Hintergrund und in der mehrheitlichen Feststellung der mangelnden Bewährung der Zusammenarbeit der vier Kommunen sowie zwischen den Zeilen erkennbar gewordenen weiteren Meinungsverschiedenheiten sah der Magistrat nunmehr die Notwendigkeit, einen Schlussstrich zu ziehen. Nach Aussage Christoph Königs spielten bei dieser Entscheidung mehrere Aspekte hinein.
So wäre es aufgrund anstehender personeller Veränderungen fraglich gewesen, ob zukünftig die Interessen Kronbergs im Bereich der standesamtlichen Dienstleistungen im Rahmen der bestehenden Zusammenarbeit noch im erforderlichen Maße hätten gewahrt werden können. Mangels geklärter personeller Ausstattung am hiesigen Standort habe daher beim Kronberger Magistrat die Befürchtung einer endgültigen Verlagerung der Bearbeitung und Durchführung von Eheschließungen nach Königstein überwogen. Dieses Szenario durchspielend, war laut König der Gedanke nicht von der Hand zu weisen, dass die örtlichen Traulokalitäten Receptur, Schlosshotel, Burg, Rathaus und Opel-Zoo womöglich weniger zum Zuge gekommen wären. Der Bürgermeister gab ein anschauliches Beispiel: „Warum sollte ein Königsteiner Standesbeamter eine Trauung in Kronberg empfehlen, wenn beispielsweise die Villa Borgnis nur ein paar Meter entfernt ist?“
Damit war der Bogen zu der erheblichen sowohl emotionalen als auch wirtschaftlichen Bedeutung des Trauangebots in Kronberg geschlagen. König weiter: „Heiraten in Kronberg ist beliebt, dies zeigt sich auch daran, dass sich traditionell eine Vielzahl auswärtiger Paare in Kronberg das Ja-Wort gibt. Zudem sind die Hochzeiten von nicht zu unterschätzender wirtschaftlicher Bedeutung für Gastronomie und Hotellerie wie auch für die weiteren lokalen ‚Zulieferer‘.“
Rückkehr zum Bewährten
Dies vor Augen liege die Rückkehr zu einer bewährten Regelung auf der Hand. „Bei einer Auflösung des bisherigen Standesamtsbezirks und einer Fortführung des Standesamtes gemeinsam mit der Stadt Steinbach könnten die standesamtlichen Dienstleistungen – wie in der Vergangenheit (bis 2021) auch – in Kronberg erbracht werden“, erläuterte der Kronberger Rathauschef. Die personellen Kapazitäten (zwei ausgebildete Standesbeamte) stünden zur Verfügung. Eine Auflösung des bisherigen Standesamtsbezirks sei formal und technisch möglich, entsprechende Vorgespräche mit den betreffenden Stellen (Aufsichtsbehörde, Hessisches Statistisches Landesamt, ekom21) geführt. Hinsichtlich der bestehenden digitalisierten Registerdaten werde die Frage der Trennung mit dem Verfahrenshersteller aktuell geklärt.
Nach Aussage des Bürgermeisters entstehen der Stadt Kronberg im Taunus durch die Führung eines eigenständigen Standesamts voraussichtlich keine höheren Kosten als bei Fortdauer der bisherigen IKZ. Für den Betrieb eines eigenen Standesamtes mit zwei Vollzeitstellen sei von 135.000 Euro Personalkosten und circa 20.000 Euro Sachkosten auszugehen. Dem stünden geschätzte Erträge (Gebühren, Kostenbeteiligung Steinbach etcetera) von 80.000 Euro gegenüber. Daher wären von der Stadt Kronberg rund 75.000 Euro pro Jahr als ungedeckte Kosten zu tragen. Die derzeitige Kostenschätzung der Stadt Königstein geht, laut Kronbergs Rathauschef, bei einem Fortbestand des gemeinsamen Standesamtsbezirks von einem Kronberger Kostenanteil von 95.000 Euro pro Jahr aus.
Kritik
Sowohl für die Fraktion der Liberalen als auch die der KfB war diese Argumentation nicht schlüssig genug. Ganz abgesehen davon, dass es sich, wie der stellvertretende FDP-Vorsitzende Stefan Griesser in Erinnerung rief, nach der gekündigten Stadtkassen-Zusammenarbeit mit Königstein „schon um den zweiten Scheidungsfall“ handelt. Der KfB-Abgeordnete Dr. Ralf A. Pampel ging noch einen Schritt weiter und forderte, beide Bürgermeister sollten sich für eine Lösung zusammensetzen.
Weiteres Vorgehen
Nach dem Beschluss über die fristgerechte Auflösung der bestehenden Vereinbarung zum 31. Dezember will der Magistrat mit der Stadt Steinbach, die Bereitschaft signalisiert habe, über eine neue öffentlich-rechtliche Vereinbarung zur Führung eines gemeinsamen Standesamtsbezirks verhandeln.