Unter der Leitung von Dirigent Yuri Karavaev rockten das weißrussische Orchester, Chor und Solisten den Burghügel. Fotos: Puck
Königstein (pu) – Im Finale des von Star Entertainment veranstalteten dreitägigen Open-Air-Festivalspektakels (siehe weitere Berichte in dieser Ausgabe) wähnten sich die Besucher eines lauen Sommerabends trotz märchenhafter Burgkulisse quasi in die Traumfabrik Hollywood versetzt.
Im Mittelpunkt stand der in Frankfurt am Main geborene Sohn des Chemieunternehmers Hans J. Zimmer, der in Falkenstein aufwuchs, dort auch erstmals Bekanntschaft mit dem Klavierspiel machte und nach nur einer Woche mangels Disziplin seinen Klavierlehrer zur verzweifelten Aufgabe zwang. Jahre später, als der längst in Hollywood lebende Hans Florian Zimmer, wie er mit vollem Namen heißt, bereits als Filmkomponist, Arrangeur und Musikproduzent die Welt eroberte, berichtete er von diesen mühsamen Anfängen in einer Fernsehshow: „Musikunterricht hatte ich für eine Woche. Das war so, entweder ich hätte den Lehrer umgebracht oder er mich.“ Experimentierfreudig baute er vielmehr das heimische Klavier nach seinen eigenen Bedürfnissen um. Einen ähnlich suboptimalen Eindruck hinterließ er an einigen Schulen im Umkreis, die er sämtlich vorzeitig verlassen musste, bis ihn seine Eltern ins englische Internat Hurtwood House in Dorking schickten, wo er tatsächlich sein Abitur schaffte.
Anfänge
Die Liebe zur Musik ließ ihn jedoch nie los, sei es anfangs als Synthesizer (Musikinstrument) in Gruppen wie Krisma und Helden (mit dem Schlagzeuger von Ultravox, Warren Cann) oder als er erstmals nachhaltig aufhorchen ließ durch seine Mitwirkung im Videoclip der Gruppe „The Buggles“, die mit dem Popsong „Video killed the radio star“ 1979 Berühmtheit erlangte. Dabei lernte er den bekannten englischen Filmmusik-Komponisten Stanley Myers kennen, dessen Assistent er 1980 wurde. Von ihm lernte Zimmer viel über das Komponieren für ein Orchester. Durch diese Zusammenarbeit bekam er erste kleinere Aufträge für Filmmusik. Endgültig ins Rampenlicht schaffte er es Ende der 1980er Jahre durch die Vertonung von Filmen wie „Rain Man“, für den er einen Oscar bekam. Zuvor zeichnete er für die Musik für „World Apart“ (deutscher Titel „Zwei Welten“) verantwortlich.
Mix
Wohl keiner hat mit seinen überwältigenden Kompositionen die Welt des Films in den vergangenen zwei Jahrzehnten so sehr geprägt wie der Oscar-, Globe- und Grammy-Gewinner Hans Zimmer, dennoch hat sicherlich nicht jeder Königsteiner dessen Biografie präsent. Diesem Missstand war mit einem zweieinhalbstündigen Nachhilfeunterricht schnell abgeholfen, denn wer einen Abend ausschließlich mit Soundtrack-Welterfolgen erwartet hatte, wurde schnell eines Besseren belehrt. Ein unterhaltsamer Mix von Filmmusiken, Einblendungen von Filmszenen und Erläuterungen zog das Publikum der ausverkauften Veranstaltung „The Music of Hans Zimmer & Others“ zunehmend in den Bann. Unter der Leitung von Dirigent Yuri Karavaev rockten das weißrussische Orchester, Chor und Solisten letztendlich augenscheinlich den Burghügel. Als Appetithäppchen stand als erstes „Fluch der Karibik“ auf dem Programm, gefolgt von „World Apart“, „Miss Daisy und ihr Chauffeur“, „Sherlock Holmes“ und „Madagascar II“.
Vorbild Morricone
Das reine musikalische Erlebnis ergänzte weiteres bereicherndes Wissen zu einem der ganz Großen der Glamour-Branche, der keinen Geringeren als Ennio Morricone als Vorbild hat. Ganz klar, dass der Italo-Western-Klassiker „Es war einmal in Amerika“ an diesem Abend ebenfalls nicht fehlen durfte. Der mit fünf Oscars prämierte Monumentalfilm „The Gladiator“ aus dem Jahr 2000 sorgte unter anderem auch dank Zimmers Musik für volle Kinos, gleiches gilt für „König der Löwen“. „The Dark Knight“, „Inception“ oder „Interstellar“ nahm die Zuschauer ebenfalls mit in die unterschiedlichsten Welten und ließ sie Zeit und Raum für einen Augenblick vergessen. Mit „Chevaliers De Sangreal“ aus dem Da Vinci Code, „Man of Steel/The Amazing Spider Man“ oder nachdenklich stimmenden Stücken aus „Planet earth II“ oder „Pearl Harbor“ näherte sich der Abend dem Ende, durch langanhaltenden Applaus motivierte Zugaben inklusive.
Zweifellos eine geglückte Wiederkehr der Open-Air-Festivals auf der Burg. Nun liegt die Entscheidung bei den Veranstaltern, ob es sich dabei um eine Ausnahme handelt oder diese Festivals wieder zu einem festen Bestandteil im Königsteiner Veranstaltungskalender werden.
Und das alles hat einmal mit einem Klavierspieler zum Stummfilm im Kino angefangen ... die weißrussischen Musiker boten freilich schon Hollywood-Qualität auf der Burg. Foto: Puck