Hochtaunuskreis ist Risikogebiet! Disziplin und Umsicht Gebot der Stunde

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Königstein (pu) – Es war eine Entwicklung mit Ansage: Seit Wochen hatten die zuständigen Stellen von Bund, Land und Kreis gebetsmühlenartig gewarnt und zur Disziplin im gemeinsamen Kampf gegen einen neuerlichen drastischen Anstieg der Infektionszahlen im Zuge der Covid-19-Pandemie aufgerufen. Doch im Endeffekt trat mittlerweile ein, was angesichts offenkundig wiederholter Missachtung der Regeln Abstand halten, Hygiene beachten, Mund-Nasen-Bedeckung tragen, Verzicht auf unnötige Reisen sowie zu sorglosem Umgang bei Familienfesten und sonstigen Zusammenkünften zu befürchten war – nur ein paar Tage nach dem Main-Taunus-Kreis musste auch der Hochtaunuskreis zum Risikogebiet erklärt werden.

Fallzahlen im Vergleich

In nüchternen Zahlen ausgedrückt waren am 20. Oktober im Hochtaunuskreis 156 bestätigte Fälle in den letzten sieben Tagen gemeldet worden, was zu einem Anstieg der Inzidenz auf 65,8 führte. Die Inzidenz beschreibt die in einem bestimmten Zeitraum neu aufgetretene Anzahl an Krankheitsfällen pro 100.000 Einwohner. Zum Vergleich: Am 25. März, das heißt zwei Tage nach dem Inkrafttreten des ersten bundesweiten Lockdown, waren seit Auftreten des neuen Coronavirus SARS-CoV-2 insgesamt 88 Bürger des Hochtaunuskreises daran erkrankt. Nunmehr schlugen in lediglich sieben Tagen 156 Neuerkrankungen zu Buche.

Auffällig

Sicherlich darf bei dieser Betrachtung keineswegs außer Acht gelassen werden, dass im Gegensatz zum Frühjahr weitaus mehr Menschen getestet werden können. Nichtsdestotrotz ist aufgrund der Meldungen aus den Gesundheitsämtern nicht von der Hand zu weisen, dass der in den letzten Wochen zu beobachtende rasante Anstieg der Fallzahlen zu einem nicht unerheblichen Teil Ergebnis von Disziplinlosigkeit und Egoismus ist. Denn längst ist die Bevölkerung in zwei Lager geteilt. Während die einen die Richtlinien unter Umständen zwar zähneknirschend, jedoch unter der Gewichtung „Schutz der Allgemeinheit“ beachten, machen andere keinen Hehl aus ihrer vollmundig verkündeten Auffassung, sich „den Spaß nicht vermiesen lassen zu wollen“, weshalb sie munter nach wie vor Partys feiern und sämtliche Warnungen in den Wind schlagen.

Schärfere Regeln

Ergo: Die Konsequenzen müssen nunmehr alle tragen; seit 19. Oktober gelten schärfere Regeln! Auf Kreis- und Stadtebene haben sich am 15. Oktober im Verlauf einer Telefonkonferenz die Landkreise Groß-Gerau, Hochtaunus, Main-Taunus, Main-Kinzig, Offenbach und Rheingau-Taunus sowie die Städte Frankfurt, Wiesbaden, Offenbach und Darmstadt unter Moderation des Hessischen Sozial- und Integrationsministers darauf geeinigt. Ziel ist, mit gemeinsamen und weitreichenden Maßnahmen die weitere Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2einzudämmen.

Alle gefordert

„Die Lage ist ernst! Das Virus macht an Stadt- und Kreisgrenzen keinen Halt“, brachte es der hessische Sozial- und Gesundheitsminister Kai Klose auf den Punkt. Deshalb sei einheitliches Vorgehen ein wichtiges Signal. „In unserer eng verflochtenen Metropolregion pendeln viele Menschen täglich über die Stadt- und Landkreise hinweg. Möglichst synchrone Regeln erleichtern die Orientierung.“

Im Detail hat man sich auf folgende Punkte verständigt:

Generelle Maskenpflicht für alle Schüler*innen ab der 5. Klasse für zunächst 14 Tage nach Ende der Herbstferien.

Generelle Empfehlung, den Schulsport für alle Schüler*innen ab der 5. Klasse für zunächst 14 Tage nach Ende der Herbstferien ausschließlich kontaktlos und im Freien stattfinden zu lassen. Für Grundschulen gilt ebenfalls kontaktloser Schulsport.

Ab Inzidenz von 35

Profisportveranstaltungen finden ab einer Inzidenz von 35 entsprechend des Beschlusses von Bundeskanzleramt und Staatskanzleien ohne Zuschauer*innen statt. Im Amateursport wird ab einer Inzidenz von 35 empfohlen, keine Zuschauer*innen zuzulassen. Ausgenommen davon sind jeweils eine erziehungsberechtigte Person pro minderjährigem Teilnehmenden sowie die Trainer*innen und Betreuer*innen.

Bei steigenden Infektionszahlen und ab einer Inzidenz von 35 gilt eine Teilnehmerbegrenzung von 25 Teilnehmern (aus zwei Hausständen) im öffentlichen und 15 Teilnehmern im privaten Raum.

Maskenpflicht: Die Verpflichtung zum Tragen des Mund-Nasen-Schutzes wird ausgeweitet auf die Bereiche Vergnügungsstätten (beispielsweise Freizeitparks), überall außerhalb des eigenen Sitzplatzes bei öffentlichen Veranstaltungen, in der Gastronomie, in Kirchen und vergleichbaren Räumen. Patientinnen und Patienten müssen bei einem Transport eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen.

Ab Inzidenz von 50

Ab einer Inzidenz von 50 verbindliche Sperrstunde für Gastronomiebetriebe einschließlich eines generellen Außenabgabeverbots von Alkohol von 23 bis 6 Uhr

Ab einer Inzidenz von 50 wird empfohlen, die Besuchsregelung in Alten- und Pflegeheimen auf maximal drei Besuche pro Woche für jeweils eine Stunde und maximal zwei Personen pro Besuch zu begrenzen.

Maskenpflicht: Bei öffentlichen Veranstaltungen, in öffentlichen Einrichtungen, bei Trauerfeierlichkeiten, in Kirchen und vergleichbaren Räumlichkeiten muss zusätzlich auch am eigenen Sitzplatz eine Mund-Nasen-Bedeckung getragen werden. Für besonders belebte Straßen und Plätze ist das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung mindestens zu empfehlen. In ambulanten Pflegediensten und Werkstätten für Menschen mit Behinderung gilt Maskenpflicht.

Private Feiern in angemieteten oder öffentlichen Räumen: Höchstteilnehmerzahl von 10 Personen (oder 2 Hausständen).

Feiern in privaten Räumen: Höchstteilnehmerzahl von 10 Personen (oder zwei Hausständen) dringend empfohlen.

Ab Inzidenz von 75

Kontaktbeschränkungen: Im öffentlichen Raum dürfen sich maximal fünf Personen oder Angehörige von zwei Hausständen treffen.

Öffentliche Veranstaltungen: Bereits erteilte oder noch zu erteilende Genehmigungen für öffentliche Veranstaltungen sind mit einem strengen Maßstab zu überprüfen und gegebenenfalls zu widerrufen.

Die im Eskalationskonzept beschriebenen Maßnahmen sind für die Landkreise und kreisfreien Städte bindend. Sie müssen durch die zuständigen Gesundheits- und Ordnungsbehörden vor Ort entsprechend umgesetzt werden.

Oberste Priorität

„Wichtig ist es derzeit, Prioritäten zu setzen und das Gesundheitssystem nicht zu überlasten“, unterstreicht Gesundheitsdezernent Thorsten Schorr. Ebenso sei es vorrangig, dass Schulen und Kindergärten geöffnet bleiben und wirtschaftliche Aktivitäten stattfinden können. Er appelliert erneut an die Bürgerinnen und Bürger, abzuwägen und gut zu überlegen, welche Freizeitaktivitäten wirklich nötig sind. „Diese Zeiten verlangen uns allen sehr viel Disziplin und Verantwortungsgefühl ab“, erklärt er mit allem Nachdruck. „Nur gemeinsam kann uns eine Rückkehr zur Normalität gelingen.“

Dem Rechnung tragend gilt außerdem seit 19. Oktober:

• Begrenzung der Teilnehmer*innen bei Feiern im privaten Raum/häuslichen Umfeld auf zehn Personen aus maximal zwei Hausständen.

• Begrenzung der Teilnehmer*innen bei Feiern im öffentlichen Raum auf zehn Personen

• Begrenzung der Teilnehmer*innen auf 100 Personen für Zusammenkünfte und Veranstaltungen kultureller Art wie beispielsweise Kino oder Theater.

Das Kreis-Gesundheitsamt teilt mit, dass derzeit keine örtlich zu begrenzenden Infektionsherde auszumachen sind. Ist ein Hotspot erkennbar, wird das Gesundheitsamt darüber hinaus gezielt reagieren und gegebenenfalls Einrichtungen, Betriebe, Begegnungsstätten und Angebote schließen oder einstellen und Zusammenkünfte untersagen.

In den meisten Kreisen handelt es sich zumeist um ein diffuses Geschehen mit vermehrten Häufungen von Infektionen, die im Zusammenhang mit Feierlichkeiten im Familien- oder Freundeskreis oder auch mit jüngeren Reiserückkehrern stehen. „Uns ist bewusst, dass den Bürger*innen derzeit sehr viel abverlangt wird. Gerade wenn es etwas zu feiern gibt, kommt man gerne mit Familie und Freunden zusammen. Wir bitten jedoch auch um sorgfältige Prüfung und kritisches Abwägen, ob, wie und in welchem Umfang private Feierlichkeiten im Hinblick auf die derzeitige Situation vertretbar sind“, betont Gesundheitsdezernent Thorsten Schorr.

App

Aktuelle Meldungen werden regelmäßig über die App des Hochtaunuskreises versendet und sind auf der Webseite des HMSI unter https://soziales.hessen.de/gesundheit/aktuelle-informationen-corona einsehbar. Informationen und wichtige Kontakte rund um das Coronavirus finden die Bürgerinnen und Bürger auf der Webseite des Hochtaunuskreises unter www.hochtaunuskreis.de.

„Mir ist klar, dass wir all das nur bewältigen können, wenn weiterhin die Bereitschaft der Bürger vorhanden ist, die notwendigen Maßnahmen einzuhalten, um gemeinsam einen Beitrag dazu zu leisten, dass sich die Pandemie in unserem Landkreis nicht weiter ausbreitet“, erklärte Thorsten Schorr. Man habe sich mit allen Beteiligten darauf verständigt, dass es Prioritäten gibt: Wir müssen die Wirtschaft am Laufen halten und wir wollen, dass Kinder und Jugendliche weiterhin in Schulen und Kindergärten gehen können, wenn es möglich ist.“ Der Gesundheitsdezernent des Kreises appelliert weiter an das Durchhaltevermögen und Verantwortungsgefühl aller Bürger*innen: „Wir können gemeinsam die Rückkehr zur Normalität schaffen, wenn wir uns achtsam und verantwortungsvoll verhalten!“

Bund und Land

Auch Bund und Land haben in den letzten Tagen über die besorgniserregende Entwicklung beraten und Entscheidungen über Rahmenbedingungen und Maßnahmen getroffen, um das Ausbruchsgeschehen gemeinsam einzudämmen. In Anbetracht sinkender Temperaturen und der Verlagerung von Gruppenaktivitäten in Innenräume wächst die Gefahr, dass es zu einer schwer kontrollierbaren Entwicklung der Pandemie kommt. Im Juni hatte das Land Hessen ein fünfstufiges Schutz- und Eskalationskonzept zur Eindämmung der weiteren Ausbreitung des Coronavirus erlassen. Das Konzept soll ermöglichen, lokal begrenzte und damit zielgenaue Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Mit Erreichen der vierten Eskalationsstufe, also einem Inzidenzwert ab 50, ist es den örtlichen Behörden möglich, Beschränkungen zu erlassen. Generell fordern Bund und Länder eindringlich alle Bürger*innen auf, nicht erforderliche innerdeutsche Reisen in Gebiete und aus Gebieten heraus, welche die Grenze von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb der letzten sieben Tage übersteigen, zu vermeiden.

Änderung im Ampelsystem

Das Ampelsystem, mit dem man laut Ministerpräsident Volker Bouffier „bislang sehr gut auf lokale Ausbrüche reagieren konnte“, wurde überarbeitet und Maßnahmen wie eine Ausweitung der Maskenpflicht, weitere Zuschauerbeschränkungen bei Veranstaltungen und Sperrstunden in der Gastronomie aufgenommen. „Daran führt derzeit leider kein Weg vorbei“, so der Ministerpräsident.

Wichtigste Änderung: Bislang ist es in Hessen nach der Einreise aus einem Risikogebiet möglich, mit einem Corona-Test beispielsweise am Frankfurter Flughafen die bundesweit gültige Quarantäne-Verpflichtung bereits am Tag der Einreise zu beenden. Diese Möglichkeit entfällt. Eine „Frei-Testung“ mit einem negativen Corona-Test ist erst ab dem fünften Tag möglich. Bis dahin müssen sich Einreisende aus Risikogebieten in Quarantäne begeben.

Schulen

„Die Landesregierung unterstützt die Schulträger mit 10 Millionen Euro zur Anschaffung von Luftreinigungs- und ähnlichen Geräten. Diese sollen insbesondere für Klassenräume angeschafft werden, bei denen es nicht möglich ist, ausreichend zu lüften, weil beispielsweise Fenster nicht geöffnet werden können“, erklärte Hessens Kultusminister Lorz nach der Sitzung des Corona-Kabinetts. Dabei sei das Offenhalten der Bildungseinrichtungen eine „zentrale Priorität unseres Handelns.“

Beherbergungsverbot

Das Beherbergungsverbot in Hessen ist aufgehoben. Damit schließt sich Hessen der überwiegenden Mehrheit der anderen Bundesländer an. Mit der Abschaffung sollen auch die dringend für medizinische Zwecke notwendigen Testkapazitäten geschont werden.

Gebot der Stunde

„Aktuell ist ein beschleunigter Anstieg der Übertragungen in der Bevölkerung in Deutschland zu beobachten“, schrieb das Robert-Koch-Institut (RKI) in seinem Lagebericht vom Dienstag. Diese Aussage und auch die Situation anderer Länder in Europa vor Augen, die ob der explodierenden Zahlen der täglichen Neuinfektionen erneut Ausgangssperren verhängen mussten, um die Versorgung in Krankenhäusern zu gewährleisten, sollte jeder sein eigenes Handeln kritisch hinterfragen. Denn so viel ist aufgrund der bisherigen Erfahrungen bekannt: Jeder kann einen persönlichen Beitrag dazu leisten, dass Neuinfektionen verhindert werden können, die Krankenhäuser nicht überlastet werden und auch der Italiener um die Ecke oder das vertraute Einzelhandelsgeschäft nicht auf



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