Hungrige Wildschweine verwüsten den Königsteiner Friedhof

Königstein
(gs) – Es war ein Jammerbild, das sich vielen Besuchern des Königsteiner Friedhofs in den letzten Tagen und Wochen bot: Wildschweine hatten auf der Suche nach Futter nicht nur Rasenflächen umgewühlt, sondern auch vor den Gräbern nicht Halt gemacht. Ergebnis war ein Bild der Verwüstung, wie sie noch nie dagewesen war.

„So schlimm wie in diesem Jahr war es noch nie“, führte Gerd Böhmig, Leiter des Fachbereichs IV–Planung/Umwelt/Bauen und damit zuständig für den Königsteiner Friedhof, konsterniert an. „Was wir in diesem Jahr erleben müssen, ist in diesem Ausmaß noch nicht dagewesen!“.

Hungrige Wildschweine

Grund für den massiven „Einmarsch“ der Wildschweine ist wohl deren Hunger. Im vergangenen Jahr hatten die Waldbäume verhältnismäßig wenig Früchte getragen, so dass die Wildschweine – auf der Suche nach Nahrung – Alternativen suchen und vermehrt den Königsteiner Friedhof als Terrain zur Nahrungssuche auserkoren haben. Zwar handelt es sich beim Schwarzwild um Vegetarier, allerdings brauchen diese, um die pflanzliche Nahrung verdauen zu können, tierisches Eiweiß. Dieses findet sich in Form von Engerlingen gerne unter Rasenflächen, weswegen die Wildschweine besonders gerne den Friedhofsrasen mit ihrer Schnauze umwühlen.

Gräber betroffen

Allerdings sind in diesem Jahr darüber hinaus auch erstmals die Gräber in großer Zahl von den Wühlattacken betroffen, was an sich ungewöhnlich sei, so Böhmig. Es besteht der Verdacht, dass die Wildschweine nach Blumenzwiebeln suchen, denn die blühende Grabbepflanzung, Heidekraut und Efeu an sich werden nicht von ihnen gefressen – unglücklicherweise jedoch vielfach zerstört.

Massive Schäden und Kosten

Die Schäden sind massiv und es stellt sich berechtigterweise nicht nur die Frage, wer diese beseitigt, sondern auch die Frage nach dem Schadenersatz. Die Bepflanzung eines Grabes ist nicht nur mit Arbeit, sondern auch mit Kosten für Pflanzen und teilweise auch für deren Pflege verbunden.

Gerd Böhmig führt an, dass die Schäden an den Rasenflächen saisonal auftreten und von der Stadt beseitigt werden. Anders verhält es sich bei den Schäden, die den Nutzungsberechtigten der Gräber entstanden sind. Hier sieht die Friedhofsordnung zunächst keine Haftung der Stadt für die entstandenen Schäden vor.

Entschädigung der Grabnutzer

Angesichts der massiven Beeinträchtigungen hat sich die Stadt jedoch dazu entschieden, auch die Nutzungsberechtigten der Gräber für ihre Mehrkosten und die Instandsetzung der Gräber zu entschädigen. Je nach Schwere der Verwüstungen ist die Stadt Königstein zu einer anteiligen Kostenübernahme bereit. Die Geschädigten müssen lediglich ihren Anspruch in Form von Fotos oder auch bei einem Vor-Ort-Termin nachweisen, so dass im Rahmen einer Einzelfallprüfung über eine Entschädigung entschieden werden kann.

Schlaue Schwarzkittel

Bleibt noch die Frage, auf welchem Wege die Wildschweine eigentlich auf das Friedhofsgelände gelangen. Gerd Böhmig verwies bei dieser Frage auf die hohe Intelligenz der Tiere, die nicht nur unverschlossene Friedhofstore mit der Schnauze aufstoßen können, sondern auch gezielt nach Lücken im Zaun suchen. Auch intakte Zäune stellen kein wirkliches Hindernis für die Tiere dar, solange sie sich unter dem Zaun durchwühlen können. Letzteres führte bereits dazu, dass die Stadt unterirdische Baustahlmatten unter den Zäunen eingebracht hat, um an verschiedenen Stellen ein „Unterwühlen“ zu verhindern. Darüber hinaus werden Löcher und Lücken im Zaun von der Stadt beständig repariert.

Neue Schließanlage

Dem Problem der unverschlossenen Friedhofstore wird die Stadt in Kürze mit dem Einbau einer neuen automatischen Schließanlage hoffentlich entgegenwirken können. Darüber hinaus wird auf dem Wall entlang der B8 ein neuer Wildschutzzaun errichtet, der die Einwanderung von Wildschweinen eindämmen soll, denn die Wildschweine nehmen den Königsteiner Friedhof aktuell praktisch von allen Seiten „in die Zange“. Darüber hinaus sind die Tiere Wiederholungstäter: Wenn sie einmal Nahrung an einer Stelle gefunden haben, kehren sie in gewissen Abständen an den Ort zurück und richten dabei erneut schwere Verwüstungen an.

Bestandsverminderung

„Wenn alles nichts mehr hilft, muss auch über die Jagd auf die Wildschweine nachgedacht werden“, so Gerd Böhmig. Eigentlich ist die Jagd auf Schwarzwild auf dem abgeschlossenen Friedhofsgelände verboten, allerdings kann bei schweren Beeinträchtigungen über eine Ausnahmegenehmigung zum Abschuss verhandelt werden. Zu diesem Thema sind die Stadt Königstein, die Polizei und das Forstamt mit dem Jagdpächter bereits im Gespräch.

Denn eines ist sicher: Von alleine wird sich dieses Problem nicht lösen. Bedingt durch die immer geringere Belegung des Friedhofes mit großen Gräbern und die damit verbundene Ausweitung der Rasenflächen wird der Friedhof bei der Futtersuche der Wildschweine weiterhin ganz oben auf der Besuchsliste stehen.

Aus tierischer Sicht ist dieses Verhalten durchaus nachvollziehbar, jedoch sind die angerichteten Schäden mittlerweile so umfangreich, dass die Stadt gezielte Maßnahmen ergreifen muss, um dem Treiben der Wildschweine Einhalt zu gebieten.

Auf der Suche nach Blumenzwiebeln durchwühlen die Wildschweine auch Gräber.

Fotos: Privat

Zerwühlte Rasenflächen

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