Mammutbau-Fällung wird kein Einzelfall bleiben:Rechtliche Lage schwierig für die Stadtverwaltung

Die jüngste Fällung eines Mammutbaums in Königstein hat deutlich gemacht, wie schwer die Interessen von Bauherren, Nachbarn und Naturschützern auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen sind und wie emotional das Thema „Bäume und Bauen“ besetzt ist. Für Baubehörden und Stadtverwaltung ist das ein Konflikt, der momentan kaum zu lösen ist. Auch die Stadt Königstein bedauert es sehr, wenn große und prächtige Bäume einem Bauvorhaben weichen müssen. Doch die rechtliche Lage liegt häufiger zugunsten der Bauvorhaben, trotz der seit 2010 bestehenden Baumschutzsatzung, die Königstein für sich schon früher als andere Kommunen beschlossen hatte.

Im Fall des Mammutbaums im Ölmühlweg, der durch die städtische Baumschutzsatzung gesichert werden sollte, erteilte die Untere Bauaufsicht des Hochtaunuskreises bereits dem Vorbesitzer eine Baugenehmigung für drei Mehrfamilienhäuser. Der Abstand des mittleren Gebäudes zum Mammutbaum war gegenüber heutigen Planungen deutlich geringer.

Eine Fällgenehmigung wurde von der Stadt Königstein erst erteilt, nachdem die Baugenehmigung ergangen war. Eine andere rechtliche Möglichkeit hatte die Stadt nach derzeitigem Stand nicht.

Gabriela Terhorst, ehrenamtliche Dezernentin für Grünangelegenheiten: „Die rechtliche Situation ist derzeit nicht zufriedenstellend. Bäume verlieren bei Bauvorhaben häufiger, obwohl diese unter heutigen Gesichtspunkten des Klimawandels eigentlich den Mehrwert eines Grundstücks begründen sollten.“

Zwar wird seitens der Stadt Königstein immer versucht, im Vorfeld mit der Bauherrenschaft eine auch für die Bäume verträgliche Lösung zu finden. Steht jedoch ein Baum im Baufenster oder wird eine Genehmigung nach Baugesetzbuch (Bundesgesetz) von der Bauaufsicht erteilt, unterliegt bisher die städtische Baumschutzsatzung.

Terhorst: „Unser Appell geht daher an den Kreis, das Land und den Bund, die Gesetzeslage dahingehend anzupassen, externe Effekte, wie CO2-Senkung, Sauerstoffproduktion, Feuchtigkeitsbindung und den Erhalt des lokalen Kleinklimas in die Beurteilung der Bebaubarkeit sowie den Wert eines Grundstücks positiv aufzunehmen und uns als Kommune damit die Möglichkeit zu bieten, Bäume nachhaltiger zu schützen.“

Im Moment setzt die Stadt auf eine Zusammenarbeit mit den Bauherrinnen und Bauherren. Auch im Fall des Mammutbaums hat es eine aufwendige und fünf Monate andauernde Begleitung gegeben. Die städtische Biologin Birte Sterf: „Ziel war es von beiden Seiten, den Mammutbaum auf jeden Fall zu erhalten.“

Diverse Fachleute wie Architekten, Bauherren, Baumsachverständige und Mitarbeiter der Stadt waren durchgehend involviert.

Sterf: „Bereits im vergangenen Jahr wurden nach Vorgabe einer öffentlich bestellten und vereidigten Baumsachverständigen Schutzmaßnahmen durchgeführt, unter anderem ein Wurzelschutz und die Bewässerung des Baumes. Erst durch das fachlich fundierte und aufwendige Gutachten im Folgejahr, konnte die besondere Situation vor Ort bezüglich des Mammutbaumes festgestellt werden.“

Das Wurzelsystem wurde bis in eine Tiefe von einem Meter geprüft und festgestellt, dass ein großer Teil der Grob- und Starkwurzeln oberflächennah verlaufen und weit in die zukünftige Baugrube des mittleren Gebäudes hineinreichen. In Folge plante der Architekt die Tiefgarage um, so dass ein noch weiterer Abstand zum Mammutbaum entstand. Eine zweite Untersuchung zeigte jedoch eine weit größere Verbreitung des lebenswichtigen Wurzelsystems.

Terhorst: „Die ökologische Baubegleitung war anspruchsvoll, aber auch berechtigt. Jedoch hätte keiner der Beteiligten sich vorstellen können, dass die Wurzeln so zahlreich oberflächennah und derart weit in das Baufeld hineinragen, dass die Standsicherheit des Baumes nicht mehr gewährleistet ist. Bestätigt wurde diese Gefahr zusätzlich durch die kürzlich durchgeführte Ausfräsung der restlichen Wurzel nach dem Fällen. Der Baum hatte keine lange Pfahlwurzel, wie in einer von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) beauftragten Stellungnahme angenommen wurde.

Nach Gesprächen mit der Stadt hat sich die Baugesellschaft schriftlich verpflichtet, eine aufwändig durchzuführende und kostenintensive Großbaumpflanzung durchzuführen. Der Mammutbaum könnte exemplarisch sein, um die Rolle von Bäumen in Baugebieten generell zu hinterfragen und ihnen mehr Bedeutung zuzumessen.

Auch bei allen künftigen Bauvorhaben wird die Stadt Königstein genau schauen, wie Bäume erhalten werden können. Nicht nur in Königstein wird es immer wieder diese Konflikte geben, da in den Städten im „Speckgürtel“ um Frankfurt eine hohe Nachfrage nach Wohnungsraum besteht und eine Nachverdichtung kaum zu verhindern ist. Auch gibt es hier besonders große und mit alten Bäumen bestandene Grundstücke, bei denen Besitzerwechsel anstehen.

Terhorst: „Es würde die Stadt bei ihrem Einsatz für den Baumschutz unterstützen, wenn Bäume auch auf der Ebene der übergeordneten Genehmigungsbehörden, wie dem Kreis, von Anfang an mehr Gewicht erhielten und im Einzelfall Abweichungen vom Bebauungsplan den Schutz von erhaltenswerten Bäumen ermöglichten.“



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