Nächtliche Wanderung gipfelte in beeindruckendem Naturschauspiel

Die Nachtwanderer erlebten in ganz besonderer Stimmung einen beeindruckenden Sonnenaufgang auf dem Altkönig. Foto: Stadt Königstein

Königstein (kw) – Die Morgenröte überstrahlt die Ebene östlich des Altkönigs, aber die Sonne ist noch nicht zu sehen. Ein Blick auf die Uhr zeigt: es ist 6.45 Uhr. Nur noch wenige Minuten, dann ist es so weit. Die Temperatur ist angenehm frisch. Es liegt freudige Anspannung in der Luft. Eine Gruppe von 22 Personen hat sich auf den Resten des äußeren Ringwalls in Position gebracht, um ein vermeintlich alltägliches Naturschauspiel an einem außergewöhnlichen Ort zu erleben: den Sonnenaufgang. Schon im Jahre 1783 beschrieb der Schriftsteller Johann Kaspar Riesbeck dieses Schauspiel überschwänglich: „[...] das erste Lächeln der Sonne selbst über den Horizont übertraf noch alle Schönheit der Morgenröte. Die größte Mannigfaltigkeit und Pracht dieses Auftritts übersteiget alle Beschreibungen.“

Ursprünglich für eine tropische Vollmondsommernacht im Juni angedacht, wegen schlechter Wetterprognosen jedoch verschoben, fanden sich am vergangenen Samstag zu früher Stunde die Nachtwanderer am Waldparkplatz Reichenbach ein, um zusammen mit Naturparkführer Wolfgang Baumann vom Naturpark Taunus und Christian Bandy von der Kur- und Stadtinformation der Stadt Königstein eine Wanderung der besonderen Art zu erleben: Durch den nächtlichen Wald im Lichte des Vollmonds über den Fuchstanz zum Altkönig, um dort den Sonnenaufgang zu erleben.

Um kurz nach 4 Uhr waren dann alle da, die sich seinerzeit angemeldet hatten, und das von der Stadt Königstein organisierte Abenteuer konnte beginnen. Der Mond, der im späten Sommer recht flach über dem Land liegt, und weil er zu einer Zeit, als es keine hell leuchtenden Erntemaschinen gab, den Bauern ob seiner Helligkeit die Möglichkeit gewährte, bis tief in die Nacht zu ackern, auch Erntemond genannt wird, sorgte für die richtige Stimmung und den ehrfürchtigen Respekt vor der Natur. Denn Nachts gehört der Wald den Tieren, wie Wolfgang Baumann verkündete und was ein Waldkauz mit seinem Ruf „kommit, kommit“ gerade passend bestätigte. Unterwegs gab es dann auch zu erfahren, dass der Hirsch nun Brunftzeit habe – was die Gruppe schön dicht beisammen hielt, denn niemand wollte einem Hirsch in dieser Stimmung begegnen – und dass Bäume des Nachts CO2 statt Sauerstoff abgeben, die Luft aber immer noch um Längen besser ist, als irgendwo anders und die Südhänge des Hochtaunus, als erster Heilklima-Park Deutschlands, sich ohnehin bestens für die Steigerung der eigenen Fitness eignete.

Mit leicht erhöhtem Puls wurde der Fuchstanz als erstes Etappenziel erreicht. Hier ließ es sich Wolfgang Baumann nicht nehmen, mit seinem Jagdhorn einen nächtlichen Gruß in die Wälder zu senden und eine kleine Jausenpause einzuleiten. Danach ging es weiter in Richtung Altkönig. Die Uhr zeigte 5.09 Uhr und die Dämmerung setzte ein. Das aber schleichend und kaum auszumachen, denn es war dunkel genug, um auf den naturnäheren Trampelpfaden in die Höhen des Altkönigs vorsichtshalber doch einmal die mitgebrachten Taschenlampen einzuschalten. Nach einem Besuch des Altkönig-Plateaus samt Exkurs über die Kelten fand man sich schließlich auf dem äußeren Ringwall ein, von wo aus das Spektakel betrachtet werden sollte. Beeindruckend war es dann auch. In andächtiger Stille genossen die Nachtwanderer, wie die Sonne über den Horizont hinaus kam und sich nach und nach prächtig und gänzlich erhob. Und vielleicht hat der eine oder die andere es mit Riesbeck gehalten: „Ich sah schon oft die Sonne aufgehn, aber nie so prächtig wie auf dem Altkönig, und vielleicht kann man auch so manches große Land durchwandern, ohne einen so vorteilhaften Standpunkt zum Genuss dieses Schauspiels zu finden, wie dieser Berg es ist.“



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