Königstein (as) – Es sind diese dunkler werdenden Tage im November, an denen sich uns die Themen Vergänglichkeit und Sterben verstärkt offenbaren. Am Volkstrauertag und am Totensonntag gedenken wir der – unserer – Verstorbenen, ehe mit dem Beginn des Kirchenjahres am 1. Advent das Licht der ersten Kerze hoffnungsvoll die Ankunft Jesu Christi verkündet.
Ansonsten bleibt das Thema ‚Sterben und Tod‘ aber doch oft im Verborgenen, es ist immer noch ein gesellschaftliches Tabu-Thema. Umso wichtiger, dass es eine Hospizbewegung gibt, die sich das ganze Jahr über an dieser Schnittstelle, an diesem Übergang zwischen Leben und Tod, bewegt, die Menschen unterstützt und damit Hoffnung gibt: Hoffnung des Sterbenden und seiner Angehörigen, dass es ein würdevoller, begleiteter Tod in einer schönen Umgebung wird. Dafür setzt sich in Königstein, Glashütten, Schmitten und Umgebung die Hospizgesellschaft Arche Noah Hochtaunus seit bald 25 Jahren ein.
„Die Sterbenden sind wichtig, weil es sie gibt. Sie sind bis zum letzten Augenblick ihres Lebens wichtig, und wir werden alles tun, damit sie nicht nur in Frieden sterben, sondern auch bis zuletzt leben können.“ Dieser Leitsatz von Cicely Saunders, einer Mitbegründerin der Hospizbewegung und Palliativmedizin in England, trägt auch die Arbeit der Arche Noah. Diese teilt sich auf in das stationäre Hospiz in Niederreifenberg mit acht Plätzen und – mit wachsender Bedeutung, aber noch weniger bekannt – in den ambulanten Hospizdienst, der seine Geschäftsstelle in der Herzog-Adolph-Straße 2 in Königstein hat.
Der ambulante Hospizdienst hat seit Februar dieses Jahres eine neue Koordinatorin: Eva-Maria Wagner kommt aus Wetzlar und ist neben Hospizgründer Herbert Gerlowski und dessen Tochter Bettina Gerlowski-Zengeler, die die Geschäftsführung innehat, das neue Gesicht der Hospizgesellschaft nach außen. Eva-Maria Wagner hat Soziale Arbeit studiert, in Seniorenheimen gearbeitet, aber mit ihren dort gemachten Erfahrungen entschieden, dass es sie ins Hospiz zieht. Durch eine Fortbildung „Palliative Care“ für psychosoziale Berufe hat sie die Qualifikation, als Koordinatorin in diesem Bereich arbeiten zu können. Der enge Kontakt zur Arche Noah ist durch ihren Bedarf im engsten Familienkreis entstanden, sie erhielt den gesuchten Hospizplatz in Niederreifenberg. „Ich hätte auch in Wetzlar unterkommen können, aber ich wollte hierher, weil ich hier von der Betreuung her die beste Erfahrung gemacht habe“, sagt sie.
Jetzt ist sie die Ansprechpartnerin und Beraterin für alle Menschen und Angehörigen, die Betreuung, Unterstützung und Entlastung im privaten Umfeld benötigen. Der ambulante Hospizdienst berät bei palliativ-pflegerischen Fragen, bei ethischen Fragestellungen und arbeitet mit Hausärzten, ambulanten Pflegediensten und – wenn es so weit gekommen ist – mit Palliativteams zusammen und begleitet auch Trauernde.
Ganz wichtig im ambulanten Sektor ist die wachsende Zahl von Menschen, die sich als ehrenamtliche Hospizbegleiter engagieren und kostenlos zu den Menschen nach Hause kommen. Die Unterscheidung zu Pflegediensten: Ein Ehrenamtler im Hospizdienst übernimmt keine pflegerische und auch keine hauswirtschaftliche Tätigkeit. „Es ist ein Mensch, der Zeit schenkt“, sagt Eva-Maria Wagner. Und es sind Menschen, die neugierig sind auf andere Menschen, oft selbst von persönlichen Schicksalsschlägen getroffen wurden, Erfahrungen mit dem Thema haben.
Aber das ist keine Voraussetzung. In einem für alle Interessierten obligatorischen Ehrenamtskurs werden alle Basics der Hospizarbeit, Methoden der Gesprächsführung und Umgang mit Abschied und Trauer vermittelt. Der nächste startet im März 2025 (s.u.). Wer ihn absolviert hat, ist aber nicht verpflichtet, auch tatsächlich als Ehrenamtlicher tätig zu werden. Für Pflichten und Druck ist das Thema auch viel zu sensibel, alles soll mit einem Höchstmaß an Freiwilligkeit ablaufen.
In der Praxis kommen Bedarf und Angebot so zusammen, dass Eva-Maria Wagner zum Erstgespräch allein zu der betroffenen Person und den Angehörigen fährt, diese kennenlernt und die Situation erörtert. „Auf dem Rückweg fällt mir dann immer jemand aus dem Kreis unserer Freiwilligen ein, der der Richtige für diese Stelle sein könnte. Uns bisher hat das immer gepasst“, sagt sie mit einem Strahlen. Denn ein zutiefst zwischenmenschliches Verhältnis, das ausgebaut werden soll, kann man nicht am Reißbrett planen.
Der Zeitaufwand für das Ehrenamt beginnt bei rund drei Stunden und einem Besuch in der Woche. Es kann aber auch sein, insbesondere bei einem erhöhten Bedarf der betreuten Person, dass sich zwei Freiwillige eine Stelle teilen, was natürlich auch in Urlaubszeiten enorm hilft. Es kann aber auch mehr sein. Es gebe auch Freiwillige im Team, die zwei Betreute übernehmen. Mehr lässt die Koordinatorin, auch wegen möglicher emotionaler Überforderung, in aller Regel nicht zu.
Es entstehen durch diese Kontakte durchaus auch neue Freundschaften, wissen die Experten der Hospizarbeit zu berichten. Denn es kommt leider immer wieder vor, dass sich alte Freunde zurückziehen, weil sie mit einer schweren Krankheit und der Perspektive, einen Freund bald zu verlieren, nicht umgehen können. Umso wichtiger ist eine ambulante Unterstützung. „Und es ist unglaublich, wie auch die Angehörigen profitieren“, sagt die Koordinatorin. „Sie kommen wieder aus dem Haus, bekommen ein Stück Privatleben zurück.“
„Jeder kann sich an uns wenden“, sagt Bettina Gerlowski-Zengeler. Es gibt im Hochtaunus mit Kronberg, Bad Homburg und Friedrichsdorf zwar drei weitere ambulante Hospizdienste, aber anders als vielleicht die Diakonie hat die Arche Noah keine regionalen Grenzen im Kopf. „Diakoniearbeit ist Netzwerkarbeit“, sagt Herbert Gerlowski mit der Erfahrung aus 25 Jahren dazu. „Wir haben das gemeinsame Ziel, für die Menschen im Hochtaunuskreis da zu sein.“
Und so hat man bei der Arche Noah auch Menschen aus Kronberg oder auch aus Eppstein, die man betreut. „Wenn der Wunsch uns erreicht und wir gewollt sind, dann machen wir das“, sagt die Geschäftsführerin. Die Freiwilligen kommen grundsätzlich auch in stationäre Altenpflegeeinrichtungen – was aber trotz der Entlastung für das Pflegepersonal nicht überall gewollt sei –, ins Krankenhaus und zur Unterstützung des Teams vor Ort auch in das Hospiz selbst.
Oft bekommen Vater und Tochter Gerlowski sogar aus Ortsteilen Schmittens Sätze wie diese zu hören: „Wir wussten gar nicht, dass es Euch gibt“ oder „Wir haben es erst hinterher erfahren. Hätten wir das nur gewusst …“. Bettina Gerlowski-Zengeler sagt dazu. „Dieses Nicht-Wissen ist schwierig für uns. Wenn die betroffenen Familien sich aus Zeitgründen nicht darum kümmern können oder pflegende Angehörige wegfallen, dann brauchen wir Ärzte und Nachbarn, die von uns wissen und es bekannt machen.“ Palliativteams kämen der eigenen Erfahrung nach eher spät in die Familien. Und Eva-Maria Wagner sagt: „Wir haben genug Freiwillige und stehen in den Startlöchern, um mehr Menschen ambulant zu unterstützen.“ Wann hat man so etwas auf dem weiten Feld der Betreuung und Seelsorge das letzte Mal gehört? Ein Zeichen der Hoffnung allemal!
Elf neue Ehrenamtliche
Der jüngste Qualifizierungskurs für das Ehrenamt im Hospizdienst hat rund sechs Monate gedauert. In dieses anspruchsvolle Ehrenamt starten nun elf Ehrenamtliche, die diesen Kurs voller Engagement und mit großem Interesse absolviert haben. Zur kleinen Entsendungsfeier im Café Waldschmitt in Oberreifenberg kamen die Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer mit Familienangehörigen. Herbert Gerlowski begrüßte die Anwesenden und würdigte das Ehrenamt im Hospizdienst in ausgesprochen wertschätzenden Worten, denn er weiß, dass diese Arbeit ohne Ehrenamtliche nicht denkbar wäre: auf der einen Seite die Fachkräfte im Hospizdienst, die täglich ihre hochprofessionelle Tätigkeit leisten, und parallel dazu die Ehrenamtlichen, die im Hospiz und im ambulanten Bereich Zeit schenken, um Angehörige und Zugehörige zu entlasten. Beides ergänze sich auf wunderbare Weise.
Koordinatorin Eva-Maria Wagner bedankte sich im Anschluss für den spannenden Kurs, die guten Fragen, die interessanten Diskussionen und freut sich auf die weitere Zusammenarbeit. Bettina Gerlowski-Zengeler überreichte die Zertifikate und gratulierte den Teilnehmenden. Auch ein kleines Geschenk und eine Wunderkerze wurden überreicht – die Wunderkerzen als Bild für „Wir bringen im Ehrenamt Zeit, Licht und Liebe in die Welt.“ Musikalisch begleitet wurde dieser Vormittag von Harald Lange, er hatte selbst geschriebene Lieder mit tiefsinnigen Texten mitgebracht und bereicherte diese kleine Feier sehr.
Nächster Kurs
Der nächste Kurs zur Qualifizierung von Ehrenamtlichen im Hospizdienst startet im März 2025. Bei Interesse steht die Koordinatorin im Hospizdienst, Eva-Maria Wagner, gerne für ein persönliches Infogespräch zur Verfügung. Kontaktaufnahme per E-Mail: Koordinatorin[at]Hospizgemeinschaft-Arche-Noah[dot]de
Umbau im Hospiz
Die Hospizgesellschaft Arche Noah sammelt auch über die Königsteiner Woche Spenden für die notwendige Renovierung des stationären Hospizgebäudes in der Brunhildisstraße in Niederreifenberg. 400.000 Euro sind dafür kalkuliert worden, bis zur Jubiläumsfeier im Herbst 2025 sollte alles abgeschlossen werden. Bisher sind gut 45.000 Euro gespendet worden, der Großteil von 33.000 Euro jüngst durch einen Einzelspender aus Schloßborn, der dem Haus eng verbunden ist, aber anonym bleiben möchte. Aktuell gearbeitet wird am „Raum der Stille“ im Erdgeschoss, das ist ein Ort für Gottesdienste, Andachten, aber auch der Spiritualität und für Vorträge. Mit niedrigschwelligen Angeboten sollen auch Externe erreicht werden, um das Thema Hospiz weiter nach außen zu öffnen. Der Raum der Stille wird im besten Falle noch zu Weihnachten fertig. Auch das Angehörigen-Apartment ist im Werden. Dort kann jeweils ein Angehöriger eines Hospizbewohners auf Zeit mit ins Hospiz einziehen, was die Situation gegenüber einem Beistellbett deutlich verbessert.
Das Dach, das neu gedeckt und in diesem Zuge auch gedämmt wird, werde die Arche Noah wohl selbst finanzieren müssen, so der Gründer. „Wir wussten, dass wir 400.000 Euro nicht zusammenbekommen“, sagt Herbert Gerlowski. Man werde sich auf die wesentlichen Umbauten beschränken müssen. Die Arche Noah freut sich aber natürlich weiterhin über jede Spende, vielleicht ist das Thema in der Vorweihnachtszeit auch für Firmen eine Alternative zu Geschenken. Im Hospiz hält man einen silbernen und einen goldenen Backstein für Fotos im Rahmen von Spendenübergaben parat – als Symbolik, dass wieder ein Mosaikstein auf dem Weg zu einem schöneren und zweckmäßigeren Hospiz dazugekommen ist. Wo Menschen zum Sterben hingehen, aber bis zuletzt – gut – leben können.
Spendenkonto:
Nassauische Sparkasse
IBAN Nr. DE70 5105 0015 0270 0520 53 / BIC: NASSDE55XXX
Die Hospizgemeinschaft Arche Noah stellt Spendenbescheinigungen aus.